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Rubrik: Gesamt · Stadtteil: München
"Pfüat di, Lercherl"
Zu Karl Hirschs Beitrag "Ein Stück Wirtshaustradition geht verloren" (Sendlinger Anzeiger vom 5. Juni) zum bevorstehenden Abriss des Wirtshauses Sendlinger schreibt Anselm Rapp:
"Lieber Herr Hirsch, wir haben einen ähnlichen Lebenslauf; Sie sind vor fast 50 Jahren nach Obersendling gezogen, ich vor über 60 Jahren in die damals neu erbaute Siemenssiedlung in der Nähe des Gasthauses, dessen Nachruf Sie verfasst haben. Ich bin also, wie fast alle die dorthin zogen, 'Preiß', was bekanntlich nicht verjährt.
Ich muss Sie aber in einem entscheidenden Punkt korrigieren. Bis zur Umbenennung in 'Sendlinger' stand jahrzehntelang unübersehbar 'Lercherl' am Haus und nicht etwa 'Lerchl', wie man im Foto bei dem Artikel schon an der Wortlänge deutlich erkennen kann. Ich höre auch noch die Schaffner im Stangerlbus laut und deutlich ausrufen: 'Nächste Haltestelle Lercherl'. Nur Preußen, die den Namen nicht aussprechen konnten, verkürzten und verstümmelten ihn in 'Lerchl'. Lesen Sie einfach mal im Sendlinger Anzeiger vom 7. Mai 2012 'Kuriose Parallele', da steht's korrekt.
Für mich verbinden sich etliche, nicht immer ganz nüchterne Jugenderinnerungen mit dem 'Lercherl' und auch solche an leckere 'Pizzapfandl', die der damalige Wirt in den 1990er Jahren auftischte. Dass statt der Traditionsgaststätte mit ihrem wunderbaren Biergarten nun Wohnungen gebaut werden sollen, finde ich wenig tröstlich.
Das 'Lercherl' war einfach das kleine, auch soziale Zentrum der Siedlung ringsum. Jetzt geht man halt einmal mehr zum Chinesen oder lässt sich eine Pizza kommen und trinkt sein Bier aus dem Kühlschrank. Die liebenswerte Münchner Gastronomie bleibt immer mehr auf der Strecke. Inzwischen aus Solln grüße ich zum Abschied: Pfüat di, Lercherl!"
Auf dem Fahrschein aus den 50er Jahren ist ein Netzplan abgedruckt, auf dem die Haltestelle als "Lerch" eingetragen ist.
Das Wirtshaus in der Bannwaldseestraße wurde zwischen 1923 und 1927 von der Familie Lerchenberger gebaut und 60 Jahre als "Gasthaus zum Lercherl" betrieben. Ende 1997 ging der Besitz an eine Brauerei und die Wirtschaft wurde renoviert. Heute heißt die Wirtschaft "Sendlinger" und wird in wenigen Wochen aufgegeben, weil das Areal mit Wohnungen bebaut werden soll.
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