"Man nimmt Geschichte nicht zur Kenntnis"
An welche Leistung Resi Hubers darf erinnert werden? An welche nicht?
Franziska Reindl, Max Hirschberg, Albert Roßhaupter und Fritz Endres wurden von den Nationalsozialisten verfolgt (die beiden Letztgenannten stimmten im Landtag 1933 gegen das Ermächtigungsgesetz und waren danach mehrmals im KZ Dachau inhaftiert); Resi Huber half im KZ Dachau Häftlingen und setzte dabei ihr eigenes Leben aufs Spiel. Nach allen vier sind Straßen, Wege und Plätze in Sendling benannt. Erklärende Hinweistafeln an den Straßenschildern sollen Aufschluss über das geben, was die Verfolgten und Widerstandskämpfer während des nationalsozialistischen Regimes geleistet haben.
Bei Resi Huber lautet die knappe Erklärung: "Resi Huber (1920-2000) half Häftlingen im KZ Dachau und riskierte dabei ihr Leben." Damit sei Hubers Lebensleistung erfasst, heißt es seitens des städt. Kommunalreferats.
An das Erlebte erinnern
Bereits seit Oktober 2012 heißt der zuvor namenlose Platz am Sendlinger Obelisken (über der U-Bahn-Station Brudermühlstraße) "Resi-Huber-Platz". Ein Jahr später wurden dort zwei Straßenschilder mit dem neuen Namen angebracht. Schon damals wünschten sich die Sendlinger erklärende Tafeln, die aber noch immer fehlen. Der Sendlinger Bezirksausschuss (BA) hat sich längst eingehend mit einem Text dafür beschäftigt und sich darauf geeinigt, neben dem Satz "Resi Huber half Häftlingen im KZ Dachau" die Namensgeberin als "Kommunistin-Antifaschistin" und "Friedensaktivistin" zu bezeichnen. Der Grund: Nach dem Krieg trat Resi Huber der KPD bzw. der DKP bei und engagierte sich gewerkschaftlich. Vor allem aber wollte sie die Erinnerung an das während der Naziherrschaft Erlebte - wie Max Mannheimer - weitergeben und sich für den Frieden einsetzen.
Weiter Streit um Hinweis
Mit dem vom Bezirksausschuss gewünschten Hinweis "Kommunistin-Antifaschistin" tun sich die städtischen Stellen indes schwer. Das Kommunalreferat bestätigte nun erneut, dass es bei der ursprünglichen knappen Erläuterung bleiben solle, die den Entschluss des BA nicht berücksichtigt.
Dass auf die jahrzehntelange mahnende Aufklärungsarbeit Resi Hubers auf den Erklärtafeln ebenso wenig eingegangen wird wie auf deren Parteizugehörigkeit, stößt im Bezirksausschuss auf massiven Widerstand. "Man sollte darüber diskutieren dürfen, ob ihre Parteizugehörigkeit genannt wird oder nicht", meinte Jan Erdmann (Grüne). Außerdem hätte sich der Ältestenrat, der für die Straßenbenennung zuständig ist, über die Tätigkeit Hubers in den 50er Jahren erkundigen sollen. Dass ihre Lebensleistung auf ihre mutige Hilfe im KZ reduziert werde, sei "relativ unverschämt".
"Ahistorisch" nannte Ernst Dill (SPD) die eingeschränkte Erläuterung. "Damit nimmt man Geschichte nicht zur Kenntnis", sagte er, "dabei ist es wesentlich für Resi Hubers Leben, dass sie Antifaschistin war." Viele Opfer der Nationalsozialisten wurden ja gerade deswegen verfolgt, weil sie Kommunisten oder Antifaschisten waren.
Oberbürgermeister soll entscheiden
Nun soll der Oberbürgermeister zwischen den unterschiedlichen Positionen entscheiden. Zeit dafür hat er: Um Beschädigungen an den neuen Erklärtafeln zu vermeiden, will das Baureferat diese erst dann am Resi-Huber-Platz anbringen, wenn dort das im Bau befindliche Studentenwohnheim fertig ist.
Nächste Sitzung
Die nächste Sitzung des BA Sendling findet am Montag, 6.Februar, um 18.30 Uhr, im Sitzungssaal des Sozialbürgerhauses in der Meindlstraße 14 statt.
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