Münchner Wochenanzeiger - Hier werden Sie gelesen
2 x pro Woche mit ca. 2 Millionen Zeitungen
Rubrik: Gesamt · Stadtteil: München
„Jeder Mensch braucht ein Zuhause“
Alexandra Hüller, neue Leiterin der Caritas München Süd, über Wohnungsnot, Altersarmut und geeignete Maßnahmen der Hilfe
München befindet sich im Wachstum. Allerdings sorgt ein stetiger Zuzug von Menschen in die Landeshauptstadt auch für Knappheit auf dem Wohnungsmarkt. Steigende Mietpreise und wenig Bauflächen erschweren zudem die Suche nach einem geeigneten Heim. Sozial- und Wohlfahrtsverbände versuchen Politik und Gesellschaft für das Thema Wohnungsnot zu sensibilisieren. Eine Herausforderung stellt auch die steigende Altersarmut bei Senioren dar, mit denen die Sozialeinrichtungen in München immer mehr konfrontiert werden. Florian Ladurner vom Münchner Wochenanzeiger hat mit Alexandra Hüller, seit Juli neue Leiterin der Caritas München Süd, über den Wohnungsmangel in der Isarmetropole, die Risiken der Altersarmut und über geeignete Maßnahmen, die helfen sollen, die angesprochenen Probleme in den Griff zu bekommen, gesprochen.
Für die Betroffenen Hilfestellungen leisten
Frau Hüller, seit Anfang Juli haben Sie die Leitung der Caritas München Süd inne. Welche Probleme sind aus Ihrer Sicht im Moment die gravierendsten und in welchen speziellen Bereichen möchten Sie in nächster Zeit ihre Schwerpunkte setzen?
Alexandra Hüller: Das Caritas-Gebiet Süd ist seit Anfang des Jahres in einem Organisationsprozess neu definiert worden, neue Einrichtungen kamen dazu. Intern steht zunächst die Förderung der Zusammenarbeit an. Gravierender sind jedoch die vielen sozialen Probleme: Zum einen die wachsende Armut, besonders auch bei älteren Menschen. Zum anderen die Zunahme von Menschen mit psychischen Problemen aufgrund der allgemeinen Lebensbedingungen und darüber hinaus Probleme bei der Erziehung. Für diese Probleme wollen wir mit unseren bereits vorhandenen Beratungs – und Betreuungsangeboten bei den Betroffenen Hilfestellung leisten. Und es gilt diese Bereiche mit entsprechenden Angeboten zu stabilisieren, zu stärken und auszubauen.
"Von Wohnungsnot sind auch wir betroffen"
München ist eine Großstadt mit vielen Herausforderungen. In der Stadt herrscht ein akuter Wohnungsmangel. Viele Leute ziehen aus beruflichen oder anderweitigen Gründen in die bayerische Landeshauptstadt. Leider finden Familien oder Berufstätige oftmals keinen geeigneten und günstigen Wohnraum mehr im Stadtgebiet. Wie lässt sich, aus Ihrer Sichtweise, das Problem der hohen Mietpreise und Wohnungsnot bekämpfen und welche Angebote bietet die Caritas München Süd an, die Betroffene in Anspruch nehmen können?
Alexandra Hüller: Leider können wir als Wohlfahrtsverband keine Wohnungen bauen, aber auf der politischen Ebene zeigen wir unsere Haltung und fordern, beziehungsweise versuchen an Lösungen mitzuwirken. Aktuell beteiligt sich der Diözesan-Caritasverband mit einer „Roadshow“ an der bundesweiten Caritas-Kampagne 2018 „Jeder Mensch braucht ein Zuhause“. Caritas-Einrichtungen in München und ganz Oberbayern werden auf öffentlichen Plätzen und Veranstaltungen mit einem aufgebauten Wohnzimmer oder einem symbolischen Badezimmer mit Badewanne auf die zunehmende Problematik des Wohnraummangels hinweisen.
Von der Wohnungsnot in München sind auch wir als Arbeitgeber betroffen, weil es immer schwieriger wird Mitarbeiter für unsere Dienste zu finden. Besonders die Berufsgruppen Krankenschwester, Pfleger und Erzieher können es sich nicht mehr leisten in München zu wohnen. Immer wieder wenden sich Menschen an unsere Einrichtungen, die Gefahr laufen ihre Wohnung zu verlieren. Hier können wir nur mit unseren Beratungsangeboten unterstützen, um den Wohnungserhalt zu sichern.
"Angebote weiter ausbauen"
Neben der Wohnraumproblematik sind immer mehr ältere Menschen von Altersarmut bedroht. Viele Senioren müssen im Alter ihren Lebensunterhalt mit einer kleinen Rente bestreiten. Was möchten Sie als neue Leiterin der Caritas München Süd ändern, um speziell älteren Menschen, die von Altersarmut betroffen sind, zu helfen?
Alexandra Hüller: Am Wichtigsten finde ich, die vorhandenen Formen der Unterstützung bekannt zu machen. Unsere Beratungsangebote sind kostenlos und für alle zugänglich. Mit den zusätzlichen Stellen an den Alten- und Service-Zentren (ASZ) für die präventiven Hausbesuche ist unser Angebot nun noch gewachsen. In der Beratung oder im aufsuchenden Hausbesuch kann überprüft werden, ob alle Hilfen beantragt wurden. Aber auch hier gilt es unsere Angebote weiter auszubauen.
"Sich selbst ein Bild machen"
München ist eine Großstadt, die weiter wächst. Allerdings vereinsamen auch immer mehr Senioren, da sie keine direkten Bezugspersonen in ihrer Nähe haben. Welche Ansätze verfolgen Sie, um das Problem der Vereinsamung zu beheben?
Alexandra Hüller: Es gibt zahlreiche Angebote der Alten- und Service-Zentren (ASZ), die spezielle Maßnahmen gegen Vereinsamung anbieten. Hier gibt es informative Veranstaltungen zu verschiedensten Themen, Freizeit- und Gruppenangebote für jeden Geschmack. Feste werden im Jahreszeitenzirkel gefeiert und die Geburtstagskinder dürfen sich über fröhliche Feiern freuen. Und natürlich kann man auch in aller Ruhe eine Tasse Kaffee in der Caféteria trinken und ungestört seine Zeitung lesen. Ich lade alle Senioren im Gebiet München Süd ein sich selbst ein Bild von uns zu machen.
Copyright: Wochenanzeiger Medien GmbH