"Ich nehme das ernst und kümmere mich darum"
MdL Florian von Brunn und OB Dieter Reiter sprechen darüber, wie München lebenswert bleiben kann
"Wir haben eine lebenswerte Stadt, aber wir wollen nicht davon ablenken, dass es auch Probleme gibt", mit diesen Worten eröffnete MdL Florian von Brunn das Bürgergespräch in der Gaststätte Großmarkthalle mit dem Oberbürgermeister, Dieter Reiter. Im Vordergrund standen die dringlichen Fragen von Wohnraum und Mieterschutz sowie Verkehr und Lebensqualität in München.
"Mit dem Wachstum das Richtige anfangen"
"Die Möglichkeiten, hier gezielt zu steuern, sind überschaubar", kommentierte Reiter den stetigen Zuzug, "Klar, kann man das Wachstum ausbremsen. Die Konsequenz daraus kennen wir aber auch alle: Arbeitslosigkeit. Das wollen wir ja nicht. Vernünftiger wäre es, das Wachstum zu verteilen und mit dem Wachstum das Richtige anzufangen." Er verwies dabei auf die Bemühungen der Stadt, eigene Regelungen durchzusetzen, da die Mietpreisbremsen des Bundes nicht ausreichten. "Eine starke bayerische SPD hilft mir dabei, die Interessen der Stadt München gegenüber dem Bund zu vertreten."
"Wir sind froh über jeden, der Radl fährt"
"Das Fahrrad ist mittlerweile eine echte Form der Mobilität", erklärte Dieter Reiter und stieß damit in dasselbe Horn wie der Green City e.V. und die Bürgerinitiative MunichWays. "Wir sind froh über jeden, der Radl fährt", meinte Reiter, äußerte aber den Wunsch: "Es wäre schön, wenn es hier zu einer friedlichen Koexistenz käme. Es ist unglaublich, was man da für Szenen zwischen erwachsenen Menschen sieht." Den privaten Pkw-Verkehr hingegen wolle er möglichst aus der Innenstadt verabschieden. "Ich persönlich möchte wieder mehr Menschen in der Stadt sehen und weniger Autos. Lieber kriegt der Dallmayer von mir eine Freischankfläche, als dass da die Autos rumfahren. Die Menschen sollen sich gerne in der Innenstadt aufhalten".
"Bahn könnte heute schon anfangen"
Der Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs löste Kritik der Bürger an der Stadt aus: Der Baubeschluss des zweiten S-Bahn-Tunnels sei eine "falsche Entscheidung" und die Bahn AG ein "inkompetentes und volksfeindliches Unternehmen", so ein Bürger. Reiter erklärte den Kritikern, dass in dieser Sache "nach 15 Jahren nun endlich eine Entscheidung gefallen" sei, "die in der Demokratie nun einmal die Mehrheit bestimmt". Er ließ aber auch durchblicken, der Freistaat habe keine Alternative zur Wahl gestellt.
Von Brunn fügte hinzu: "Für die S-Bahn — darum heißt sie S-Bahn — ist Herr Söder zuständig." Die Landesregierung stecke "unheimlich viele Mittel in die Straßenbau", anstatt in den Ausbau des Nahverkehrsnetzes. Er wies auch darauf hin, dass die Bahn "heute schon anfangen könnte", den Verkehr zu entzerren, beispielsweise durch den Einsatz "längerer Züge, dann würden da auch viel mehr Leute reinpassen".
"Ein moralisches Problem"
Das vornehmliche Bürgerinteresse galt den städtischen Lösungsansätzen zu den Bereichen Lärm- und Umweltschutz sowie der Luftverschmutzung. Vor allem am Flaucher, aber auch in anderen Erholungsanlagen, sehen Bürger und Politiker hier dringenden Handlungsbedarf. Von Brunn - selbst Sendlinger - stützte diese Feststellung: "Ich habe schon gesehen, wie Jugendliche da mit einem Generator runter gehen. Das sind die Fälle, um die es geht." Er sehe hier "ein moralisches Problem". Überwiegend versuche man aber die Kommunikation mit der Polizei zu verbessern und Alternativen aufzuzeigen, indem man beispielsweise den Gasgrill propagiere. Es gestalte sich schwer, die herrschenden Regeln durchzusetzen, da Platzverweise oder Bußgelder das Privileg der Polizei sind. "Ich nehme das ernst und kümmere mich darum", erklärte von Brunn, "Ich will aber auch, dass die Isar weiter ein Ort der Entspannung bleibt."
"Bürger haben Verantwortung"
Die Zukunft der Großmarkthalle bleibt offen: So konnte auch der Oberbürgermeister nur sagen, "sicher ist, sie wird hierbleiben. Sie soll weiterhin der Mittelpunkt des Viertels sein. Das ist das Sicherste, was ich derzeit sagen kann".
Letztendlich war es eine sehr lebhafte Diskussion, die sich in einigen grundlegenden Feststellungen zusammenfassen ließ: Die Stadt wünscht sich mehr Unterstützung von Freistaat und Bund, man versucht, neue Gesetze zum Boden- und Mietrecht zu schaffen und München soll ein lebensfreundlicher Raum bleiben.
Dann entließ Dieter Reiter das Auditorium mit einer Hausaufgabe. Es gebe immer viele Forderungen, aber auch der Bürger habe eine klare Verantwortung, die er stärker wahrzunehmen könne - gerade im sozialen Bereich. So forderte er die Menschen auf, Lösungsansätze mit zu entwickeln: "Wir brauchen da wirklich dringend Ideen!"
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