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Rubrik: Gesamt · Stadtteil: München
Hineingreifen und mitnehmen
Bücherschrank am Partnachplatz: Bilanz nach einem knappen Jahr
Es ist so praktisch: Schrank auf, Buch raus und am besten gleich anfangen zu lesen. Oder umgekehrt: Schrank auf, Buch rein. Und zuhause ist wieder Platz. Im Juli vergangenen Jahres wurde der Bücherschrank am Partnachplatz eingeweiht. "Der Bücherschrank ist eine kulturelle Aufwertung des Partnachplatzes", freute sich Günther Sinapius, Vorsitzender des eigens für das Projekt gegründeten Trägervereins, damals. Nach einem knappen Jahr zieht er eine erste Bilanz.
Wie wird der Bücherschrank angenommen?
Günther Sinapius: Bisher haben wir bis auf wenige Ausnahmen nur positive Rückmeldungen bekommen, beispielsweise "toll, dass es hier so etwas gibt". Die Menschen, die hier nach Büchern Ausschau halten, sind von der Idee begeistert, dass der Bücherschrank jedem die Möglichkeit bietet, nur hineinzugreifen und ohne Formalitäten Bücher mit nach Hause nehmen zu können. In der Regel besuchen tagsüber mehr als zehn Personen in der Stunde unseren Bücherschrank.
Wer kümmert sich um die Pflege des Schrankes und wie oft geschieht das?
Günther Sinapius: Ursprünglich hatten wir eine doodle-Liste erstellt, in die Freiwillige sich eingetragen haben. Mit der Zeit hat sich herausgestellt, dass das nicht notwendig ist, weil sich auch so immer genug Freiwillige finden. Glücklicherweise wohnt ein Mitglied des Vorstandes unseres Trägervereins direkt um die Ecke. Als Patin räumt sie ungefähr einmal täglich auf. Wir bitten auch die Nutzer, selber nach dem Rechten zu schauen, was einige auch schon machen. Insgesamt wird der Schrank also etwa einmal pro Tag aufgeräumt. Jeder ist herzlich eingeladen als Patin oder Pate mitzuhelfen, dass der Bücherschrank in einem ansprechenden Zustand bleibt.
Wie viele Bücher haben schätzungsweise in den vergangenen fast zwölf Monaten ihre Besitzer gewechselt?
Günther Sinapius: Da kann ich nur grob abschätzen. In den elf Monaten seit der Eröffnung im letzten Juli dürften das etwa 5000 bis 6000 Bücher gewesen sein, ausgehend von täglich etwa 80 Besuchern und unter der Annahme, dass jeder Fünfte ein Buch herausnimmt. Das ist mehr als zehnmal der gesamte Schrankinhalt – der Schrank bietet Platz für bis zu etwa 400 Bücher.
Muss viel aussortiert werden?
Günther Sinapius: Leider ja – auch wenn an dem Schrank steht, was nicht hineingehört, zum Beispiel Firmenprospekte, Bücher von religiösen oder anderen Sekten, veraltete Reiseführer, also älter als zehn Jahre, Readers Digest Sammelbände, stark verschmutzte Bücher sowie Zeitschriften. Ein weiteres Problem ergibt sich manchmal, wenn jemand auf dem Weg zur U-Bahn eine Tüte voller Bücher mitbringt, um sie in den Schrank zu stellen, der Schrank aber schon voll ist. Daher unsere Bitte an die Nutzer, nie mehr Bücher zum Schrank zu bringen, als sie bereit sind, notfalls wieder mitzunehmen.
So ein Schrank kann auch zu interessanten Begegnungen führen...
Günther Sinapius: Ja, beim Aufräumen des Bücherschranks ergeben sich fast immer interessante Gespräche mit den Besuchern. Sie reichen von Diskussionen über einzelne Bücher, über Fragen zu unserem Stadtteil bis zu allgemeineren Themen. Manchmal denke ich, dass dies ein idealer Ort für eine Bürgersprechstunde mit Mitgliedern des Bezirksausschusses wäre. An dieser Stelle möchte ich gerne noch einmal auf die Kunstvitrine an der Seite der Bücherschranks hinweisen. Sie steht allen Künstlern aus unserem Stadtteil zur Verfügung.
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