Fluss abwärts
Mikroplastik in der Isar

Laut einer Zählung des Planungsreferats fahren innerhalb von 24 Stunden zirka 118.000 Fahrzeuge über die Brudermühlbrücke. (Foto: lsc)
Klar, München ist eine saubere Stadt. Mülleimer an zahlreichen Ecken, die Mitarbeiter der Straßenreinigung, die bereits in den frühen Morgenstunden tatkräftig im Einsatz sind, die Möglichkeit für die Münchener ihren Hausrat an vielen Wertstoffhöfen kostenfrei abzugeben und eine gut organisierte Müllabfuhr – das alles und natürlich auch die Münchner selbst tragen zum sauberen Bild der Landeshauptstadt bei. Doch was ist mit dem Schmutz, der nicht sichtbar ist?
Auf der letzten Sitzung des Bezirksausschusses Sendling (BA 6) zeigte sich eine Anwohnerin besorgt über die Problematik des Mikroplastiks in heimischen Gewässern. Anlass ihrer Sorge: Die wöchentliche Reinigung der Brudermühlbrücke, die in ihren Augen häufiger stattfinden sollte. Denn auf der vielbefahrenen Brücke sei davon auszugehen, dass sich eine große Menge Reifenabrieb absetzt, so die Sorge. Laut einer Zählung im Jahr 2018 fahren innerhalb von 24 Stunden zirka 118.000 Fahrzeuge über die Brudermühlbrücke, wie das Planungsreferat mitteilt. Bei Regen fließe dieser dann ungehindert in die Isar, denn aus einer Anfrage der Grünen im Stadtrat an das Baureferat geht hervor, dass in München "mit Ausnahme der Luitpoldbrücke und der Thalkirchener Brücke die Oberflächenwässer der Isarbrücken in die Isar geleitet werden".
Nachträgliche Filtersysteme
Nachträglich angebrachte Filtersysteme, die den Reifenabrieb bereits in den Gullys vom Schmutzwasser trennen, seien baulich aus Platzgründen nicht möglich. Das Baureferat untersucht derzeit mögliche Abläufe und Filtersysteme des Abwassers an den Enden der Ludwigsbrücken im Zusammenhang mit der Instandsetzung. Ob dies möglich sei, ohne denkmalschutzrechtliche Probleme zu erzeugen, werde derzeit untersucht.
Satzung der Straßenreinigung
Die Isarbrücken, so wie auch die Straßen Münchens werden nach einem festgelegten Plan – der Satzung über die Straßenreinigung der Landeshauptstadt München – gereinigt. Danach liegt die Bestimmung der erforderlichen Reinigungs- und Sicherungsmaßnahmen und des Zeitpunktes ihrer Durchführung ausschließlich im Ermessen des Baureferates. Dieses teilt die Straßen mit Blick auf die Verkehrsbedeutung und den erforderlichen Reinigungsarbeiten in Reinigungsklassen ein.
Die fünf verschiedenen Klassen unterscheiden sich teilweise erheblich. So werden Straßen, die der Reinigungsklasse S unterliegen, siebenmal wöchentlich gereinigt und sechsmal wöchentlich (jeweils zweimal) grob gereinigt, wie die Dienerstraße und die Kaufingerstraße. Die Reinigungsklassen 3 bis 1 werden fünfmal in zwei Wochen (Klasse 3) bis hin zu fünfmal wöchentlich und zweimal wöchentlich grob gereinigt (Klasse 1). In der Reinigungsklasse F, zu denen auch die Brudermühlbrücke zählt, wird hingegen einmal in der Woche gereinigt.
Das Problem mit den Reifen
Einer Studie des Fraunhofer Institutes zufolge liegt die durchschnittliche Menge an Reifenabrieb bei etwa 1,2 Kilogramm pro Kopf im Jahr. Zudem zähle der Reifenabrieb laut dem Fraunhofer Institut zu den primären Mikroplastiken Typ B, die während der Nutzung entstehen. Mithilfe von Kläranlagen könne das Wasser fast zu 100 Prozent vom Mikroplastik gereinigt werden. Hierzu müsse es aber der städtischen Kanalisation zugeführt werden.
In ihrer Anfrage an das Baureferat weisen die Grünen auch auf die Messungen in einer Studie der Universität Bayreuth hin. Diese kamen zu dem Ergebnis, dass die Plastikkonzentration von 8,3 Partikeln pro Kubikmeter bei der Messstelle Baierbrunn vor München auf 87,9 Partikel pro Kubikmeter bei der Messstelle Moosburg ansteige (Entfernung zirka 65 Kilometer flussabwärts).
Für die Zukunft
Sowohl das Baureferat als auch die Mitglieder der Grünen im Stadtrat warten nun auf die Ergebnisse einer Studie der Technischen Universität (TU) Berlin. Die für 2020 geplante Veröffentlichung soll weitere Erkenntnisse zum Straßenabfluss und über den Reifenabrieb und seine Folgen für die Umwelt gewinnen. Erst dann können weitere Schritte eingeleitet werden.
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