"Fehlplanungen verhindern"
Beim Bau von E-Ladesäulen treffen verschiedene Interessen aufeinander
„Wir wollen angehört werden und hier mitreden“, erklärt der Vorsitzende des Bezirksausschusses Sendling (BA), Markus Lutz und meint damit das Recht auf Mitsprache bei der Standortbestimmung von E-Ladesäulen der Stadtwerke (SWM) im Stadtbezirk. „Damit werden absolute Fehlplanungen, wie sie derzeit geschehen, verhindert. Dies ist auch die Intention der beiden Anträge“. Grund für die Forderung sind vier Ladesäulen für Elektroautos im Viertel, die ohne Beteiligung des Bezirksausschusses gebaut und seiner Meinung nach falsch geplant worden sind. Die Mehrheit im BA fordert deswegen, dass die Ladestationen rückgebaut werden.
Anlass sind unter anderem die neuen Ladesäulen in der Lindenschmitstraße Ecke Aberlestraße sowie in der Bavariastraße (Richtung Lindwurmstraße). Der BA fordert für diese Standorte den Rückbau von vier auf jeweils zwei Stellplätze. „Beide Standorte sind überdimensioniert und in der bestehenden Größe an einer Falschen Stelle“, argumentiert der BA. Ebenfalls gelte dies laut dem Bezirksausschuss an der Ladestation in der Daiserstraße. „Der Bau der SWM Ladestation vor dem Sozialbürgerhaus in der Meindlstraße 14 wird sofort gestoppt und die Station auf Kosten der SWM wird sofort zurückgebaut. Dieser Standort ist aus verkehrsplanerischer Sicht sinnlos und an einem ungünstigen Platz, da es sich um eine `unechte Einbahnstraße´ handelt“, erklärt der BA in seinen Anträgen weiter.
Mehr E-Autos
„Beim Ausbau der Ladeinfrastruktur sind Interessenkollisionen mit Anwohnern und Nutzern von konventionellen Kraftfahrzeugen leider nicht vermeidbar“, teilen die Stadtwerke mit. Für die SWM stehe jedoch fest, dass „die Elektromobilität ohne Frage ein wichtiger Baustein zum Erreichen der Klimaziele“ sei, „sowie zur nachhaltigen Luftreinhaltung, insbesondere im urbanen Umfeld. Neben wirtschaftlich attraktiven Fahrzeugen schafft eine gut ausgebaute Ladeinfrastruktur die Grundlage für mehr elektrischen Straßenverkehr und damit auch für eine höhere Lebensqualität in München“. Die SWM würden noch bis Ende des kommenden Jahres insgesamt 550 Ladesäulen mit jeweils zwei Ladepunkten errichten, wie sie mitteilten. Aktuell betreiben die Stadtwerke 250 Ladesäulen mit 500 Lademöglichkeiten.
Wenig Parkplätze
Der Vorsitzende des Bezirksausschusses, Markus Lutz, mahnte auch die geringen Stellplatzmöglichkeiten an. „Wir haben sowieso kaum öffentliche Parkplätze in Sendling. Bei E-Ladestationen werden Parkplätze auf einmal von heute auf Morgen aufgelöst“, bedauert Lutz. „Das ist nicht das richtige Verfahren, das führt zu Bürgerbeschwerden. Die E-Ladestationen stehen auch 24 Stunden leer, sie werden einfach nicht genutzt (Auslastung unter zehn Prozent)“, erklärt er weiter. Wegen dem Stellplatzmangel seien vielerorts die Ladesäulenplätze vor allem nachts von konventionellen PKWs (Personenkraftwagen) beparkt. Zudem seien die Ladeplätze nicht nur überdimensioniert, sie befänden sich auch an falscher Stelle. „Statt zwei Stellplätze zu belegen sind es oft vier. Sinnvoller wäre es, die E-Ladestationen mehr zu verteilen und die Standorte zu verkleinern“, so Lutz, denn hier gäbe es viel besser geeignete Standorte direkt an den Hauptstraßen.
Verkehrswende
Der Ausbau der E-Ladesäulen in München ist beschlossene Sache und wird von der Stadt im Rahmen ihres „Integrierten Handlungsprogramm zur Förderung der Elektromobilität in München“ (IHFEM) vorangetrieben. „Ziel ist es, den Ausbau der Ladeinfrastruktur in München in dem Maße fortzusetzen, dass Ende 2020 500 öffentlich zugängliche Normalladesäulen im Stadtgebiet einsatzbereit sind“, teilt die Stadt mit. An der Planung seien verschiedene Referate wie das für Arbeit und Wirtschaft und das Kreisverwaltungsreferat beteiligt. Ebenfalls ist die SWM für die Standortbestimmung zuständig. Die Festlegung der Standorte laufe dabei nach einem im IHFEM festgelegten Muster.
Bau von Ladesäulen
Im Handlungsprogramm ist hierzu folgendes zu lesen: „Jedem Standort werden bereits heute existierende Kfz-Stellplätze zugeordnet. Die Planung der Ladesäulenstandorte erfolgt unverändert auf Basis von Begehungen und unter Berücksichtigung des vom Stadtrat beschlossenen Kriterienkatalogs. Die gute Zugänglichkeit und Wahrnehmbarkeit der Ladeinfrastruktur für alle Nutzergruppen sind wichtige Kriterien. Daher sollen die Standorte zunächst vorrangig an Hauptverkehrs- und Erschließungsstraßen situiert werden. Dies bedeutet auch, dass die Standorte in bewirtschafteten Gebieten in der Regel in Zonen mit Mischparken einzurichten sind. In Zonen mit reinem Anwohnerparken sollen keine Ladesäulen errichtet werden, um zusätzlichen Verkehr in diese Bereiche zu vermeiden. Die Fußwege zu den Haltestellen des ÖPNV werden möglichst gering gehalten, damit eine bestmögliche Vernetzung mit öffentlichen Verkehrsmitteln gewährleistet ist“.
Eine Beteiligung der Bezirksausschüsse sei nicht vorgesehen, ist im IHFEM zu lesen, da "die zügige Genehmigug der Standorte wesentlich für die Umsetzungsgeschwindigkeit ist". Auf Anfrage teilte das Referat für Stadtplanung und Bauordnung mit, dass ein Rückbau der vorhandenen Ladesäulen nicht geplant sei.
Knapp 3.000 E-Fahrzeuge
In München sind derzeit 2.925 Fahrzeuge mit reinem Elektroantrieb angemeldet. Davon sind 2.759 Personenkraftwagen (PKW). Damit in der Bayerischen Landeshauptstadt mehr Fahrer auf Elektroautos umsteigen, hat die Stadt einen weiteren Anreiz geschaffen. Ab jetzt dürfen Elektroautos zwei Stunden kostenfrei im Stadtgebiet parken. Lediglich eine Parkscheibe, um die Ankunftszeit anzugeben, sei nötig.
Auch der Bezirksausschuss wünscht sich die Verkehrswende in München. Lutz betont, dass der BA nicht grundsätzlich gegen E-Ladestationen in Sendling sei, „schließlich läuft bei uns auch das Projekt City2Share im Stadtviertel. Aber im Gegensatz zu diesem Verkehrsprojekt, bei dem wir beim Bau neuer Ladestationen vorher angehört werden und bei Standorten mitreden können ist dies bei den E-Ladestationen der Stadtwerke München nicht der Fall.“
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