Ein Prachtkerl ist gegangen
Heinz Gmelch verstarb am Montag
Einen seiner ganz großen Wünsche hat sich Heinz Gmelch erfüllen können: Er wolle einmal durch den Luise-Kiesselbach-Tunnel fahren, hatte er in einem Beitrag für den Sendlinger Anzeiger zu seinem 75. Geburtstag vor fast drei Jahren gesagt. Als der Tunnel wenig später eröffnet wurde und viele Ehrengäste ihre eigenen Beiträge dazu würdigten, feierte Gmelch gelassen im Hintergrund mit und dankte allein seinen Mitbürgern: "Unser Tunnel wird eröffnet. Das ist euer Verdienst. Danke, danke."
Dabei war der Tunnel tatsächlich so etwas wie sein "Lebenswerk": Gmelch hatte 1989 die „Bürgerinitiative Langer Tunnel Südwest“ gegründet und fortan 26 Jahre lang mit allen ihm zur Verfügung stehenden Mitteln für die Untertunnelung gekämpft.
Seit seiner Geburt lebte Heinz Gmelch in der Breitbrunner Straße in dem Haus, das sein Großvater 1927 gebaut hatte. Deshalb sei er mit dem Grund besonders innig verbunden und pflege Haus und Garten mit großer Sorgfalt, erzählte er einmal. Genauso sehr lagen ihm sein Viertel und seine Mitbürger am Herzen. Schützen wollte er sie: vor Schadstoffen, vor Benachteiligungen, vor Ungerechtigkeiten.
Der bodenständige Elektro- und Kraftwerksmeister, der fast 45 Jahre bei den Stadtwerken arbeitete, bewies dabei die Ausdauer eines Marathonläufers. Er war hartnäckig und furchtlos, streitbar und eigenwillig. Für die Verhinderung der dritten Startbahn am Flughafen focht er ebenso wie für die Einführung von mit Wasserstoff-Brennzellen betriebenen Autos. Mancher Kommunalpolitiker fürchtete die Begegnungen mit ihm, bei denen Gmelch sich nie scheute, überaus deutliche Vorwürfe zu erheben.
Heinz Gmelch glaubte an die Macht der Bürger und setzte alle Hebel demokratischer Mitwirkungsmöglichkeiten in Bewegung, um eine Idee, von der überzeugt war, voranzutreiben. "Nur wir Bürger schaffen es, unsere Welt vor dem Klimakollaps für unsere Kinder und Enkel zu retten", sagte er. Trotz seiner unaufhaltsamen Krankheit setzte er unbeirrt seinen Weg fort und besuchte bis kurz vor seinem Tod Bezirksausschusssitzungen, um über innovative Techniken zur Energiewende wie die Umwandlung von Wasser und CO2 mit Strom zu Gas oder das Konzept des schadstofffreien Wasserstoffautos zu sprechen. Als Seniorenvertreter kümmerte er sich um die Belange der Älteren im Viertel und stritt für sie, wo er Mitmenschen hilflos oder Behörden versagen sah.
Nicht immer stieß Gmelch bei seinen Zuhörern auf Gehör. Nicht jeder mochte im Alltagsgeschäft und dem eingespielten politischen Prozedere seiner Beharrlichkeit folgen. Nicht immer war es leicht, mit ihm zu diskutieren und seinen Blick auf die Welt zu teilen. Ihn selbst störte das wenig: "Sie wissen ja, so bin ich halt", sagte er am Telefon oft.
Heinz Gmelch ist am Montag im Alter von 77 Jahren verstorben. "Hier ruht in Frieden ein Prachtkerl" hat er an seinem 75. Geburtstag auf die Frage geantwortet, was einmal auf seinem Grabstein stehen solle. Manchmal schoss er über das Ziel hinaus - mit seinem langen Atem, seiner zugewandten Bescheidenheit und seinem unbändigen Gestaltungswillen hat er indes mehr erreicht, als die meisten anderen auch nur versuchen. Dafür werden ihm viele Menschen noch lange dankbar sein. Heinz Gmelch hat für die Bürger seiner Stadt nicht wenig erreicht. Genau das macht ihn wirklich zu einem Prachtkerl. Danke!
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