Die Gewinner verzichten auf die Führung
Neustart mit „gutem Team“, einem „Wortbruch“ und einem „Alles gut“
Überraschung bei der ersten Sitzung des neuen Sendlinger Bezirksausschusses (BA): Es gab keine Überraschung. Zwar sind die Grünen in Sendling als Wahlgewinner erstmals stärkste BA-Fraktion geworden, dennoch verzichteten sie auf die Position des BA-Vorsitzenden, des „Sendlinger Bürgermeisters“. Sie stellten keinen Kandidaten auf, so dass der bisherige BA-Vorsitzende Markus Lutz (SPD) als einziger Bewerber antrat und (mit 15 von 21 Stimmen) wiedergewählt wurde.
„Wir wollen alle gemeinsam eine gute Politik für Sendling machen“, meinte Lutz. Er wolle die gute Zusammenarbeit aller Fraktionen fortführen. Schließlich könne sich der Bezirksausschuss als lokalste Ebene der Politik für das Viertel, seine Vereine und Einrichtungen Gehör verschaffen. Dazu wolle man ein „gutes Team“ bilden.
Lutz dankte den anderen Fraktionen – neben Grünen, SPD und CSU gibt es jetzt die Fraktion aus FDP und ödp im BA – für die Gespräche, die man im Vorfeld geführt habe. „Alle haben mit allen über die verschiedenen Konstellationen gesprochen“, sagte er, „das war ein guter Anfang“. Natürlich könnten nicht alle Wünsche aller Fraktionen erfüllt werden, räumte er ein.
Vorsitz bleibt bei Markus Lutz
Nahezu ebenso reibungslos und ohne Gegenkandidaten wurden die Stellvertreter des Vorsitzenden gewählt: Erste Stellvertreterin wurde Dagmar Irlinger (Grüne) mit 17 Stimmen, Zweiter Stellvertreter Michael Kaiser (CSU) mit allen 21 Stimmen. Damit ist die CSU anders als zuvor wieder im Sendlinger BA-Vorstand vertreten. Damit auch die FDP / ödp im Vorstand vertreten ist („Als kleine Fraktion würden wir da auch gerne mitmachen“, so Tobias Schönberger von der FDP), wurde dieser auf Vorschlag Dagmar Irlingers erweitert und Michael Schabl (ödp) als Beisitzer gewählt.
Harmonisch ging es an die Besetzung der Unterausschüsse. Diese diskutieren Themen im kleineren Kreis; Entscheidungen trifft aber immer der gesamte Bezirksausschuss. Wie bisher wird es fünf Unterausschüsse geben: Mobilität und öffentlicher Raum, Budget und Satzungsangelegenheiten, Soziale und Bildung, Kultur und Freizeit sowie Planen, Bauen, Wohnen.
Auch auf die Größe der einzelnen Ausschüsse einigte man sich schnell. Andreas Lorenz (CSU) schlug vor, die Unterausschüsse analog der Besetzung des Gesamtgremiums zu gestalten: also mit jeweils 4, 3, 2, 1 Mitgliedern für Grüne, SPD, CSU, FDP/ödp. „Das wäre das Fairste“, so Lorenz.
Eine Nummer kleiner wollte es Michael Schabl (ödp) mit jeweils sieben Mitgliedern und der Aufteilung 3, 2, 1, 1. „Die Unterausschüsse sollen ja nichts beschließen, daher hat die Stimmengewichtung dort nicht das große Gewicht“, erklärte er. Große Unterausschüsse würden nur die Sitzungen in die Länge ziehen.
Umgesetzt wurde ein Kompromissvorschlag von Elisabeth Robles-Salgado (Grüne). Drei Ausschüsse wurden mit 10 Mitgliedern besetzt (4, 3, 2, 1), zwei nur mit acht (3, 2, 2, 1).
"Alles über Bord geworfen"
Als Vorsitzender des Unterausschusses Planen, Bauen, Wohnen wurde – als einziger Kandidat – Ernst Dill (SPD) gewählt. Alle anderen Unterausschussvorsitzenden stellen die Grünen (Budget: Elisabeth Robles-Salgado; Mobilität und öffentlicher Raum: Dagmar Irlinger; Soziales und Bildung: Barbara Lauterbach; Kultur und Freizeit: Korbinian Werner). Hier stellte jeweils nur die CSU Gegenkandidaten auf, die indes keine Chance bekamen (die CSU beanspruchte einen Unterausschuss-Vorsitz für sich, um die Mandatsverteilung fair abzubilden). „Rot-Grün holt sich auf unsere Kosten einen Ausschuss“, zeigte sich Andreas Lorenz (CSU) verbittert.
Im Vorfeld habe man mit allen gesprochen, bestätigte er: „Es waren interessante Gespräche“. Mit den Grünen als Wahlsieger habe die CSU indes nicht zusammenarbeiten können – zu weit liege man inhaltlich auseinander (etwa in der Frage der Parkplätze). Dennoch dankte Lorenz den Grünen, „die kluge und detaillierte Vorschläge vor allem zur Organisation gemacht haben“.
Der SPD und Markus Lutz warf Lorenz hingegen „Wortbruch“ vor: „Alles, was uns die SPD zugesichert hat, wurde über Bord geworfen. So zu tun, als hätten wir keine Vereinbarung, ist nicht in Ordnung!“
„Es gab keine Vereinbarung“
„Es gab keine Vereinbarung“, erwiderte Ernst Dill (SPD). Natürlich habe man miteinander gesprochen. Aber „aus einer Nicht-Vereinbarung einen Wortbruch zu machen, grenzt an Beleidigung“, wies er Lorenz Kritik zurück.
Dagmar Irlinger (Grüne) erklärte dazu: „Wir wollten, dass die CSU wieder im BA-Vorstand vertreten ist“. Das ist sie mit der Wahl Michael Kaisers zum stv. BA-Vorsitzenden. Als Ausgleich habe man seitens der Grünen die Unterausschuss-Positonen haben wollen. Sie sieht die CSU nicht als übergangen an: Kaisers Vorstands-Mitgliedschaft sei höher zu bewerten als ein Unterausschussvorsitz.
Markus Lutz (SPD) ging nicht auf die Vorwürfe der CSU ein. Alle Gespräche vor dem Zusammentritt des BA habe man vertraulich geführt. Diese Vertraulichkeit gelte auch im Nachgang. „Alles gut“, beendete er die Diskussion.
Kein Corona-Extra
Auf die Einsetzung eines „Corona-Ausschusses“ verzichtete der BA. Damit Bezirksauschüsse während der Corona-Zeit in kleinerer Notbesetzung zusammentreten können, dürfen sie Pandemie-Sonderausschüsse bilden. Diese können bis 2. August anstelle des gesamten Gremiums tagen. Als relativ kleines Gremium kann der Sendlinger BA aber auch in Komplettbesetzung unter Wahrung der Distanzregeln z.B. in der Gaißacher Halle tagen.
Die Sprecher
Die Fraktionssprecher im neuen Sendlinger Bezirksausschuss sind:
Grüne: Christina Hesse und Korbinian Werner
SPD: Ernst Dill
CSU: Andreas Lorenz
ödp / FDP: Michael Schabl
Neue Sitzverteilung
Die 21 Mandate im BA Sendling sind so verteilt:
Grüne 8
SPD 6
CSU 4
FDP 1
ödp 1
parteilos 1
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