"Der GWG-Bau hat Vorrang"
Können die Fraunberg-Künstler noch etwas länger bleiben?
Die im Herbst 2019 eröffneten Fraunberg-Ateliers sind ein Kulturprojekt mit absehbarer Lebensdauer: Die beiden von den Künstlern genutzten Gebäude an der Fraunbergstraße 4 und der Schäftlarnstraße 178 werden abgerissen, sobald die städt. Wohnungsbaugesellschaft GWG hier u.a. Wohnungen und eine Kita errichtet.
Weil den Künstlern bislang nur die Nutzung bis Ende Juni bzw. Dezember zugesagt war, hielt sich der Bezirksausschuss im Münchner Süden zuletzt mit großen finanziellen Förderungen zurück. Gleichwohl hat das Bürgergremium die kulturelle Belebung der vorher lange leerstehenden Gebäude stets begrüßt.
"Wir sind gerne für Thalkirchen da und bringen Kultur ins Viertel", erklärte Tobias Sehr, der hinter den Fraunberg-Ateliers steht, bei der jüngsten Sitzung des Bürgergremiums. Er drückte seine Hoffnung aus, die Räume doch noch länger als zunächst geplant nutzen zu können. Bei jenen in der Fraunbergstraße (die eigentlich schon Ende Juli geräumt werden sollten) sei dies bereits gelungen. Hier wurde der Mietvertrag für die Künstler bis Ende Februar 2021 verlängert. Im Herbst habe die GWG weitere Gespräche in Aussicht gestellt, so Sehr gegenüber dem Sendlinger Anzeiger.
Das städt. Kommunalreferat bestätigte, man habe die Zwischennutzung für die Künstler über den ursprünglich vereinbarten Zeitraum hinaus verlängert. Die den Künstlern zur Verfügung stehende Mietzeit wurde damit aber "maximal" verlängert, so das Kommunalreferat.
Ist der Spielraum doch länger?
Tobias Sehr hofft, noch mehr zeitlichen Spielraum nutzen zu können. Für das GWG-Bauvorhaben in der Schäftlarnstraße gebe es wohl noch keine Baugenehmigung, für das in der Fraunbergstraße noch nicht einmal eine Bauvoranfrage, meinte Sehr in der Bezirksausschusssitzung; das Gebäude an der Fraunbergstraße 4 werde wohl frühestens 2022 abgerissen. "Es vergeht also wohl noch etwas Zeit", so sein Eindruck, "kann man unser Kulturprojekt daher eventuell länger halten?" Für die Künstler, die wie viele andere spürbar von den Corona-Folgen betroffen sind, wäre jede längere Nutzung des Fraunberg-Gebäudes hilfreich.
Aichwalder weist "Halbfakten" zurück
Alexander Aichwalder (Grüne) widersprach im Bezirksausschuss Sehrs Einschätzungen zum Verfahrensstand. "Es gibt diese Bauanträge", erklärte er zum Stand des GWG-Vorhabens. "Bitte verbreiten Sie keine Halbfakten!" Der Bezirksausschuss unterstütze zwar das Projekt, es dürfe aber nicht den geplanten Bau der Wohnungen und der sozialen Einrichtungen verzögern.
"Sobald die GWG dort Baurecht hat, sprechen wir uns für die GWG aus", stellte auch Bezirksausschussvorsitzender Ludwig Weidinger klar. "Der GWG-Bau hat Vorrang." Es sei keineswegs so, dass die GWG ihre Thalkirchner Projekte nicht weiter betreibe.
"Wir verlangen ja gar nicht, dass sich der Bezirksausschuss gegen das Bauprojekt der GWG stellt", stellte Sehr gegenüber dem Sendlinger Anzeiger klar. Die Künstler wünschen sich indes Unterstützung durch das Bürgergremium, um die Fraunbergräume bis zum Abriss möglichst lange nutzen zu können. Schließlich sei niemanden gedient, wenn die Künstler das Gebäude räumen und es danach wieder längere Zeit leerstünde, falls die GWG erst spät mit ihrem Folgeprojekt beginne.
Baugenehmigung für Herbst erwartet
Die GWG wies auf Anfrage des Sendlinger Anzeigers darauf hin, dass sie zur Fraunbergstraße bereits ihre Bauvoranfrage eingereicht habe. Diese sei schon positiv beschieden und die Baugenehmigung bereits für Herbst 2020 in Aussicht gestellt worden.
"Wir sind vertragstreu"
An der Schäftlarnstraße werden gegenwärtig bauvorbereitende Untersuchungen durchgeführt, teilte die GWG mit, die an dieser Stelle in einem ersten Bauabschnitt 49 Wohnungen bauen wird. Der Abbruch des bestehenden Gebäudes werde zeitnah erfolgen, da der Baubeginn schon für Ende des Jahres 2020 vorgesehen sei (und ein Jahr später abgeschlossen sein soll). Die Künstler haben das zuvor von ihnen bespielte Schäftlarngebäude bereits Ende Juni geräumt. Das sei eine Selbstverständlichkeit, so Sehr, denn so hatte es der Mietvertrag vorgesehen. "Wir sind dem Vertrag treu geblieben", unterstrich er.
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