Das Zimmer der Geschichten
Seit zehn Jahren gibt es die Schulbibliothek der Grundschule an der Implerstraße

Schulleiterin Marion Dieck (zweite von rechts) freut sich über das zehnjährige Bestehen der Schulbibliothek. Biche Fischer (links) und Margarete Moll (rechts) waren von Anfang an dabei. (Foto: tab)
Eine Idee, viel Arbeit und die Erinnerung an ein vergessenes Zimmer – aus diesen Zutaten entstand vor zehn Jahren die Schulbibliothek der Grundschule an der Implerstraße. Ein Grund zum Feiern.
Es geht nach oben in der 1911 eröffneten Schule. Marion Dieck, Schulleiterin, zückt einen Schlüssel und sperrt die Tür auf. "Es ist nicht besonders groß", sagt sie beim Eintreten, "aber es geht schon". Tiefe Regale an der rechten Wand führen bis zu einem Fenster, an dem ein Schreibtisch steht. Auch die linke Seite des Zimmers ist optimal für Bücher genutzt. Es ist sogar noch Platz für ein Sofa.
Zugang zum Buch
Als die Schulbibiliothek 2008 eröffnet wurde, lag schon ziemlich viel Arbeit hinter den Beteiligten. "Wir haben immer wieder beobachtet, dass längst nicht alle Kinder unserer Schule Zugang zum Buch haben", blickt Marion Dieck zurück. Nur wenige Kinder hätten sich in der Stadtbibliothek Bücher ausgeliehen. Und viele Mädchen und Buben hätten erst in der Schule die Erfahrung gemacht, dass es Spaß machen kann, sich etwas vorlesen zu lassen oder selbst in Büchern zu blättern. So sei der Gedanke nach einer eigenen Schulbibliothek gereift – aber auch wieder nach hinten geschoben worden. "Schließlich hat sich die damalige Schulleiterin Frau Stumpf daran erinnert, dass es dieses zusätzliche Religionszimmer gibt, das schon lange nicht mehr benutzt wird", so Marion Dieck, die damals Konrektorin war. Der erste Eindruck des Raumes sei nicht überragend gewesen: klein und eng. Doch man wollte etwas daraus machen. 2006 ging es los. Die alten Möbel wurden rausgeschafft, die Wände frisch gestrichen und zwei Regale gekauft. "Eine Mutter hat uns ein Sofa und ein weiteres Regal gespendet", berichtet die Schulleiterin. Auch ein Computer und ein Drucker seien Geschenke gewesen. Im Kollegium wurde ein Büchereiteam gegründet, und die Eltern erhielten einen Brief mit der Bitte um Buchspenden. Es lief an, die Regale reichten nicht mehr aus, so dass vier weitere gekauft wurden.
Lernen von den anderen
Im November 2006 organisierte der Elternbeirat einen Pressetermin mit dem Sendlinger Anzeiger, der zu weiteren Buchspenden aufrief. Bestand im Dezember 2006: immerhin rund 450 Bücher. Weiter ging es mit Sichten, Aussortieren, Ordnen. "Dann hat uns die Deutsch-Französische Schule zur Besichtigung ihrer Schulbibliothek eingeladen", sagt Marion Dieck. Hier habe man viel über Bestandsaufbau und Systematik der Bücher gelernt. Weitere Infos habe man sich in der Stadtbücherei am Harras geholt.
Einige Hindernisse galt es noch aus dem Weg zu räumen, etwa ein anfangs nicht funktionierender Scanner zum Erfassen der Bücher. In der letzten heißen Phase wurden Barcodes auf die Bücher geklebt und eingegeben. Eine Woche vor den Osterferien 2008 dann endlich: Die Schulbibliothek nahm ihren Betrieb auf. Nun musste noch jemand für die regelmäßige Betreuung der Bücherei gefunden werden. "Über die Lesefüchse und die Freiwilligenagentur Tatendrang sind Frau Moll, Frau Fischer und Frau Ackermann an uns herangetreten. Sie sind seit der ersten Stunde dabei", so Marion Dieck.
Über Asterix zum Lesen
Und die Damen kennen sich bestens aus mit Lesestoff für Kinder. "Gregs Tagebuch geht immer", sind sie sich einig. "Und die Olchis."Jede Klasse der Grundschule habe eine feste Büchereistunde. "Einige Lehrer kommen mit der ganzen Klasse hoch, andere schicken die Kinder gruppenweise zu uns." Damit sich die Schüler besser zurechtfinden, sind die Bücher nach einem bestimmten Punktesystem ausgezeichnet. "Gelb bedeutet Erstleser, blau sind die Sachbücher", sagt Biche Fischer. Wie man Lesemuffel für Bücher begeistert? "Durch Vorlesen und über Comics", ist sie sicher. "Aber nicht irgendwelche Comics, sondern Asterix." Die Asterix-Hefte seien einfach super. "Sie sind witzig, die Zeichnungen sind toll und man lernt etwas dabei", so Biche Fischer. "Wir könnten noch mehr Asterix-Bände gebrauchen."
Inzwischen hat die kleine feine Schulbibliothek einen respektablen Bestand. Margarete Moll schmeißt den Computer an und sieht nach. "3118 Einträge", verkündet sie. "Die Kinder können sich die Bücher für zwei Wochen ausleihen. Eine Fristverlängerung ist auch möglich."
Neue Regale
Damit die Einrichtung auf dem aktuellen Stand bleibt, wird natürlich auch regelmäßig ausgemistet. Ältere Bücher kommen weg. Auch Literatur, die nicht mehr nachgefragt wird. "Wir verkaufen die Bücher auf unserem Bücherflohmarkt und unterstützen mit dem Erlös unsere Patenkinder in Uganda", sagt Marion Dieck. Erst vor einigen Tagen wurde wieder ein Verkauf im Rahmen des Frühlingsfestes durchgeführt. Und weil so ein zehnjähriges Jubiläum ja auch gewürdigt werden muss, drehte sich die diesjährige Projektwoche der Grundschule rund ums Lesen, Bücher und die Bibliothek. In diesem Zusammenhang wird die Schulbibliothek übrigens verschönert. "Wir bekommen neue Regale, die nicht so tief sind, und ein neues Sofa", so Marion Dieck. Und ein paar Kinder würden eine Wand neu gestalten. Es werde sich einiges ändern in dem Zimmer. Hauptsache die Geschichten bleiben.
Copyright: Wochenanzeiger Medien GmbH