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Rubrik: Gesamt · Stadtteil: München
Bohrungen beginnen
Wege werden demnächst für zwei Jahre gesperrt
Hinter dem Isartalbahnhof an der Schäftlarnstraße, in dem die Johanniter ihren Sitz haben, ragt ein schmaler silberner Turm in den Himmel: der Bohrturm der neuen Geothermieanlage in Sendling. Hier auf dem Gelände des Heizkraftwerks Süd sollen im Februar die "richtigen" Bohrungen beginnen. Die ersten Meter hat man nach dem Einebnen des Geländes bereits in die Tiefe gebohrt, berichteten die Stadtwerke (SWM) dem Sendlinger Bezirksausschuss: Bei 60 Meter Tiefe sei man gegenwärtig angelangt - 50 Mal weiter, bis zu 3 Kilometer, soll es nach unten gehen.
Hier ist die Energiewende zu sehen
Bis 2016 standen auf dem Areal vier große Öltanks - nach der Ölkrise der 70er Jahre mussten die Stadtwerke Vorräte für vier Wochen bereithalten, um München versorgen zu können. Längst sind die Vorgaben andere: Bis 2040 will München als erste deutsche Großstadt seine Fernwärme vollständig aus "erneuerbaren" Energien generieren. Die jetzt entstehende Sendlinger Geothermieanlage ist ein wichtiger Baustein dafür. Im Jahr 2020 soll sie in Betrieb gehen und dann Energie in das Fernwärmenetz und das Stromnetz einspeisen. Rund 80.000 Haushalte wollen die Stadtwerke über diese Anlage mit Wärme versorgen.
Wir sitzen auf heißem Wasser
Tief unter der Stadt befindet sich ein großes Heißwasservorkommen, mit dem man umweltfreundlich Wärme erzeugen kann - eine "nahezu unendliche Energiequelle", wie die SWM erläutern. Die geologischen Voraussetzungen für die Nutzung der Erdwärme seien in München und seinem Umland besser als in fast allen anderen Regionen Deutschlands: In den Kalksteinschichten des Malm sammelt sich in 2.000 bis über 3.000 Metern Tiefe Grundwaser - es hat dort unten eine Temperatur von 80 bis über 100 Grad Celsius. Dieses Wasser muss man lediglich an die Oberfläche pumpen, um es zum Heizen nutzen zu können. Auf 60 Grad abgekühlt wird es danach wieder in die Tiefe zurückgeschickt.
Sechs schräge Bohrungen
Sechs Bohrungen sind hinter dem Heizkraftwerk Süd vorgesehen: drei, um das Wasser nach oben zu holen, und drei für den Rückfluss. Die Bohrungen werden dabei nicht senkrecht nach unten gesetzt, sondern wie Spinnenbeine schräg in alle Richtungen geführt und so u.a. bis Giesing, unter den Flaucher und die Wiesn reichen. Bis zu 4,3 Kilometer lang werden diese schrägen Bohrleitungen unter der Stadt verlaufen.
Sperrungen ab Ende Februar
Praktisch unerschöpflich sei der heiße Grundwasservorrat unter der Stadt, sagen die Stadtwerke. Daher werde man die Sendlinger Anlage, wenn sie 2020 die Arbeit aufgenommen habe, "über Jahrhunderte betreiben" können. Vor einem so langen Zeitraum erscheinen die Einschränkungen, die die Sendlinger für die saubere Energie demnächst ertragen müssen, verschwindend kurz: Für etwa zwei Jahre werden die Wege entlang des Isarkanals, die sich im Umkreis des Bohrturms befinden, aus Sicherheitsgründen ganz gesperrt. Diese Sperre wird nach Angaben der SWM Ende Februar / Anfang März eingerichtet. Auch in der Schäftlarnstraße wird gelegentlich eine Fahrbahn gesperrt - dies sei jedoch nur für jeweils einen Tag nötig, wenn er Bohrturm von einem der sechs Bohrlöcher auf das nächste umgesetzt wird.
Damit die Bürger den Fortschritt der Bohrungen verfolgen können, die ihre "Wärme-Zukunft" sichern, wollen die SWM am Bohrplatz eine Aussichtsplattform aufstellen.
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