"An uns wird es nicht scheitern"
Stadtrat entscheidet über Gasteig in Sendling / Vor Ort bleibt Skepsis
Der Gasteig muss saniert werden. Während dieser Zeit soll ein Großteil seiner Einrichtungen an die Hans-Preißinger-Straße (HP8) verlagert werden, was mit der bisherigen Nutzung des Areals durch Handwerksbetriebe und Kreative nicht gut vereinbar ist.
Entscheidung am Dienstag
Am Dienstag will der Stadtrat über das Vorhaben entscheiden und knapp über 90 Millionen Euro dafür bereitstellen. Zudem kann der Rat die Planer verpflichten, bei ihren weiteren Planungen zur Belegung des Geländes möglichst viele bisherige Mieter weiterhin dort unterzubringen. Auch mit den vielen Empfehlungen aus der Bürgerversammlung vom Herbst, in der sich die Bürger unterschiedlich zu dem Vorhaben äußerten, wird sich der Stadtrat befassen.
Sendling will Verantwortung tragen
Der Sendlinger Bezirksausschuss (BA) will die Zwischenlösung für den Gasteig, also dessen auf einige Jahre begrenzten Umzug auf das Gelände an der Hans-Preißinger-Straße mittragen. "Es leuchtet doch ein, dass eine komplette Schließung des Gasteig massiv schaden würde", erklärte Andreas Lorenz (CSU), "es ist sinnvoll, dass unser Stadtviertel den Ersatzstandort für den Gasteig sichern will." Das HP8-Areal sei zudem der einzige verfügbare Ersatzstandort. Auch Ernst Dill (SPD) unterstrich, dass sich der Bezirksausschuss in der gesamtstädtischen Verantwortung sehe, das Gasteig-Interimsquarteier zu organisieren.
Neue Parkplätze wichtiger als alte Mieter?
Allerdings kritisiert der BA die Papiere, über die der Stadtrat entscheidet, als lückenhaft. Die bisherigen Stellungnahmen der Sendlinger zu dem Vorhaben seien nur am Rande berücksichtigt.
Die Bestandsgarantie für die bisherigen HP8-Mieter stehe auf sehr wackeligen Füßen: Vorrang vor ihrem Verbleib haben in dem Stadtratspapier die für den Gasteig nötigen Kfz-Stellplätze. Auch Vorschläge, wie die befürchteten Verkehrsprobleme vermieden werden können, fehlen den Sendlingern.
"Probleme sind lösbar"
Es sei schade, dass in den Papieren für den Stadtrat wenige der vom BA gewünschten Aussagen enthalten seien, meinte Andreas Lorenz, aber: "Die Verkehrsprobleme sind grundsätzlich lösbar, alles ist machbar." Er verwies auf Synergieeffekte mit dem Großmarkt, etwa bei der Doppelnutzung von Parkhäusern. Diese sei möglich, weil Angestellte am Großmarkt und Gasteig-Besucher zu ganz unterschiedlichen Tageszeiten Parkplätze bräuchten.
Man habe viel erreicht - für München und für die örtlichen Gewerbetreibenden, fasste er den aktuellen Sachstand zusammen. Wesentliche Änderungen am ursprünglichen Konzept kämen den HP8-Mietern zugute (Lorenz verwies darauf, dass die Stadtbibliothek wohl nicht mehr nach Sendling umziehen werde). Im ursprünglichen Plan, auf dem Gelände Wohnungen zu bauen, sei von einem Verbleib der Handwerker und Künstler keine Rede gewesen; dank der Gasteig-Diskussion haben diese nun möglicherweise Perspektiven für ein langfristiges Verbleiben auf dem HP8-Areal, erklärte Lorenz. "An uns wird es nicht scheitern", stellte er sich hinter das Gasteig-Projekt.
"Zu wenig Substanz"
"Wir haben viel erreicht", sagte auch BA-Vorsitzender Markus Lutz (SPD), "wir müssen aber den Druck auf die Stadträte hochhalten." Die Vorlage für den Stadtrat habe "zu wenig Substanz". Der Stadtrat müsse zum Beispiel dem städt. Planungsreferat den Auftrag geben, ein Verkehrskonzept zu erstellen. Derart Konkretes fehle aber in den zur Entscheidung vorgelegten Papieren.
Dass der Verbleib der Mieter an die Stellplätze gekoppelt sei, sei die falsche Reihenfolge, kritisierte Ernst Dill. Denn dieser Vorbehalt bedeute: "Wenn der Gasteig weitere Stellplätze braucht, müssen die Handwerker und Kreativen weg." Der SPD sei wichtig, "dass die Leute dort bleiben können und dass das Verkehrskonzept funktioniert", betonte Dill. Beides sei bislang nicht gewährleistet.
Darauf wiesen auch Vertreter der HP8-Mieter hin. Sie gehen davon aus, dass selbst im für sie günstigsten Fall nur die Hälfte der bisherigen Mieter auf dem Gelände bleiben können.
Holger Glaeske (FDP) schlug vor, der Stadtrat solle seinen Gasteig-Beschluss um einen Monat aufschieben, um die fehlenden Fakten nachreichen lassen zu können. "Das sollte doch möglich sein", so Glaeske.
Vorerst kein "Ja" aus Sendling
Mit Mehrheit beschloss der BA, kein grundsätzliches "Ja" zum Gasteig-Umzug auszusprechen. Dazu sei das Gremium nicht imstande, solange es für die erwarteten Verkehrsprobleme in Sendling weder Analysen noch realistische Lösungsvorschläge gebe. Mit diesem Beschluss setzte die SPD ihre Position durch.
Andreas Lorenz (CSU) hatte vergeblich angeregt, dem Projekt vor der Stadtratsentscheidung grundsätzlich zuzustimmen. Er befürchtet, die Vorbehalte der Sendlinger könnten als grundsätzliche Ablehnung des Gasteig-Umzugs verstanden werden. SPD und Grüne teilten diese Befürchtung nicht und wiesen sie harsch zurück. Der Hinweis von Lorenz sei "Klauberei", sagte Elisabeth Robles-Salgado (Grüne).
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