"Zeugt von wenig Anstand!"
Zum sang- und klanglosen Rückzug des Stadtteilmanagements
Seit 2010 arbeitet das Stadtteilmanagement Pasing als Teil des Städteförderprogramms „Aktive Stadt“. Finanziert ist das Programm von Bund und Ländern. In München hängen gleich mehrere Stadtteile am Fördertopf, neben Pasing werden auch Giesing, Aubing und Neuperlach „aufgepeppt“. Die Verantwortlichkeiten liegen im Referat für Stadtplanung, das wiederum die Münchner Gesellschaft für Stadterneuerung (mgs) mit der praktischen Umsetzung der Förderung betraut hat. Die mgs übertrug die Arbeiten auf weitere Verantwortliche, zuallererst hob sie 2010 Christian Bitter ins Amt des Stadtteilmanagers.
Der fasste damals seine Aufgabenbereiche wie folgt zusammen: „Wir möchten die Grundstücksbesitzer und Hauseigentümer im Pasinger Zentrum für uns gewinnen. Denn auch da muss ein Umdenken pro Pasing einsetzen und das Gemeinschaftsgefühl für den Stadtteil insgesamt entstehen. Dann verbessert sich die Aufenthaltsqualität in Pasing fast automatisch“, meinte er bei Amtsantritt. Außerdem wollte er Mittler sein zwischen Behörden, Bürgern und Gewerbetrieben und stets mit offenem Ohr für alle da sein. Seine Amtsübergabe an Joachim Vossen und dessen Institut für Stadt- und Regionalmanagement (isr) erfolgte so lautlos, dass sich auf Anfrage im Nachhinein keiner mehr so recht daran erinnern kann.
„Mehr als verdrießlich“
Nun hat sich auch Vossen stillschweigend aus den Pasinger Managementgeschäften zurückgezogen. Eine Info an die Lokalpolitiker vom Bezirksausschuss 21 (BA), an die Geschäftsleute im Gewerbeverein Aktives Pasing e.V. oder aber an Bürger erfolgte nicht. Doch laufen seine Beratungstätigkeiten zum Beispiel in Aubing oder auch für das Germeringer Stadtmarketing weiter. „Wir würden schon gern wissen, warum sich Herr Vossen zurückgezogen hat und wie es in Pasing überhaupt weitergeht“, meinte Sven Wackermann vom BA.
„Gerade haben wir der Förderungsverlängerung zugestimmt und uns dabei mit Sondersitzungen und vielen Diskussionen viel Mühe gemacht. Auch Herr Vossen war dabei anwesend, saß aber nur dabei. Nun kommt sein Rückzug sehr unerwartet für uns. Die Situation ist mehr als verdrießlich“, so auch BA-Mitglied Maria Osterhuber-Völkl. Der Umgang mit Leerstand, der Geschäftemix, die weitere Entwicklung der Gewerbeflächen, Verkehrsproblematiken, Hilfe für Vereine oder Umsetzung eines Bürgersaals – „es gibt noch tausend Probleme für Pasing zu lösen. Dafür ist ein Koordinator und Moderator sehr wünschenswert!“
Steuergelder verbrannt?
Vossen und seine Mitarbeiterin Lena Eberl waren für eine Stellungnahme zum Rückzug nicht zu erreichen. Im Planungsreferat hieß es lediglich: „Nach dem Rückzug des bisherigen Teams wird es eine – aus unserer Sicht möglichst kurze – Übergangsphase geben. Die MGS (Münchner Gesellschaft für Stadterneuerung) übernimmt diese Aufgaben“, so Pressesprecher Martin Klamt. Es sei eine personelle Veränderung, „die Städtebauförderung soll wie geplant weiter laufen.“
Stadtrat und BA-Mitglied Christian Müller gab zu bedenken: „Vielleicht waren die Ziele in Pasing einfach zu hoch gesteckt. Denn wir sind leider mit vielen Themen, wie vor allem dem Leerstandsmanagement nicht vorangekommen.“ Klare Worte fand auch Stadtratskollege Johann Sauerer: „Ich bedauere sehr, dass die Stadtförderung in Pasing eingeschlafen ist, von Anfang an wurde einfach zu viel theoretisiert. Nun ist der Charme des alten Pasings völlig verloren gegangen. Die Dinge nur auf die mgs zu schieben, ist zu einfach. Die Stadt darf sich nicht aus der Verantwortung stehlen. Es gibt einfach noch sehr viele ungeklärte Probleme in Pasing.“
„Vieles unter Verschluss gelaufen“
Die sollten auch angegangen werden, forderte Jens Krumpholz von der Parkettbörse Pasing. „Ich hätte einfach gerne mal eine Aufstellung darüber, was alles passiert ist und was uns als Steuerzahler das Stadtteilmanagement gekostet hat. Ich glaube, die Bilanz sieht sehr, sehr traurig aus“, so Krumpholz. „Jetzt ist der Manager auf und davon, das ist unglaublich.“
Und Josef Veith von Krug-Fernsehen meinte: „Die Art ist einfach verletzend. Ich denke, hier in Pasing ist viel kaputtgemacht worden. Wir sollten jetzt die Ärmel aufkrempeln und nach vorne schauen.“ „Vieles ist einfach unter Verschluss gelaufen. Wir Gewerbetreibende haben von vielem überhaupt nichts mitbekommen, weder vom Positiven noch vom Negativen, obwohl wir ja eigentlich die Nutznießer hätten sein sollen. Da fehlte eine offene Infopolitik“, kritisierte auch Martin Dürrfeld vom Gewerbeverein Aktives Pasing e.V. „Die Zusammenarbeit war leider mehr als unbefriedigend. Schade!“
Nach vorne schauen!
Der langjährige Vereinsvorstand der Gewerbetreibenden, Jürgen Kirner, ging in seiner Kritik noch weiter: „All die Jahre fehlte in Pasing einfach alles: Engagement, Ideen, Konzepte, die Kommunikation mit den Leuten. Ich finde es sehr, sehr schade, dass die Möglichkeiten für eine Stadtförderung in Pasing in weiten Teilen ungenutzt blieben. Für mich sieht das aus wie das systematische Verbrennen von Steuergeldern.“
Die Aktionen, wie Pasing-Kalender, Gesundheitstag, Pasing-Samstag oder Nikolausaktionen hätten entweder er oder andere Geschäftsleute angeregt und umgesetzt. „Der Stadtteilmanager hat sich nur als Aushängeschild gesehen und in allen Ebenen schadlos gehalten. Hilfe hatten wir absolut keine. Ich hätte mir in den Jahren wirklich mehr Konsens gewünscht. Sich sang- und klanglos zu verabschieden, zeugt von wenig Anstand!“
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