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Rubrik: Gesamt · Stadtteil: München
Nein zu Wohnturm
Kritik an 50-Meter-Bauprojekt am Bahnhof Pasing-Nord
Das letzte Eckchen des Weyl-Geländes unmittelbar am Ausgang Pasing Nord ist noch immer unbebaut. Die rund 2.500 Quadratmeter in Form eines Dreiecks beschließen nicht nur die Neubauten entlang der Gottfried-Keller-Straße, sie sind mit dem direkten Anschluss an den Wolkentunnel und das Verkehrsknäuel am Nordausgang wichtiges Element im Verkehrskonzept Pasing-Nord.
In einer Zwangsversteigerung im November erwarb Martin Bucher von Bucher Properties GmbH das Filetgrundstück. „Mit Martin Bucher haben wir jemanden gefunden, der für städtisches Bauen steht und die vielen Belange berücksichtigt, die hier zusammentreffen“, freute sich SPD-Stadträtin und Fraktionssprecherin im Bezirksausschuss 21 (BA). „Insbesondere eine Fahrradgarage hat hier eine Chance. Endlich könnten wir das Fahrradchaos am Bahnhof mindern.“ Pasinger Projekte, die Bucher entwickelte, sind zum Beispiel der Marienplatz-Neubau oder das neue Wohnheim mit 241 studentischen Appartements am Knie.
„Fahrradforum“ plus 16 Etagen
Im Unterausschuss Planung (UA) des BA stellte Bucher sein Nord-Projekt vor und brachte gleich noch die verantwortlichen Architekten und Anwälte mit. „Wir haben ein sehr interessantes Grundstück erworben“, erklärte Bucher. „Wir planen einen Hochpunkt im Pasinger Norden, einen Wohnturm mit zwölf Etagen für studentisches Wohnen, der auf einem Vier-Etagen-Sockel mit Büros, Shops, Café und einem ,Fahrradforum' steht.“
Das Projekt „Fahrradforum“ umfasse 2.700 Fahrradstellplätze, Platz für Ausleihe, Reparatur und E-Bikes-Ladestationen, so Bucher-Schwester und verantwortliche Architektin Birgit Bucher. Nach Vorbild großer internationaler Fahrradgaragen würde auch das Pasinger Fahrradforum professionell betrieben und überwacht werden. „Wir haben außerdem die Möglichkeit, die Rad- und Fußgängerverkehre am Bahnhof zu entzerren und den Tunnelausgang neu zu ordnen“, erklärte Birgit Bucher weiter. Auch die Umgestaltung des Platzes am Bahnhof-Nord und den gesamten Verkehrsraum bis zum Wensauerplatz präsentierte die Abordnung dem UA. Hier stellten sich die Planer einen Shared Space vor – einen Raum, der von allen Verkehrsteilnehmern gleichberechtigt genutzt werden solle.
Vorgezogene Baugenehmigungen?
Die anwesenden Lokalpolitiker im UA reagierten erschrocken über die gewaltigen Ausmaße. „Der bestehende Bebauungsplan sieht eine Geschossflächenzahl von 3,5 vor. Wie hoch ist ihre Geschossflächenzahl?“, fragte BA-Vorsitzender Romanus Scholz, erhielt allerdings keine Antwort. Es sei ein sensibles Gebiet und Eingang zur Exter-Kolonie, so Scholz weiter. „Referenzobjekte dieser Größen im Norden der Gleise beginnen meines Erachtens erst an der Friedenheimer Brücke.“
„Was ist mit dem bestehenden Bebauungsplan?“, fragte auch CSU-Stadtrat und UA-Vorsitzender Sven Wackermann. Er bemängelte, dass die Planer weit über das Grundstück hinaus planten. „Bitte bleiben Sie auf dem Grundstück.“ Die Fahrradgarage und den Café-Bereich schätzte er als „schön und gelungen. Ich denke aber nicht, dass ein Shared Space mit Endhaltestellen und drei Buslinien, die alle fünf Minuten den Bahnhof anfahren, funktioniert.“ Das Gebäude bewertete er als deutlich zu hoch und inakzeptabel.
„Die Hälfte, aber nicht so!“
Zur Frage nach dem bestehenden Bauplan meinte Bucher, dass der sich im Falle einer allgemeinen Einigung als projektbezogenen Bauplan in einem Schnellverfahren durchaus ändern lasse. „Bitte nehmen Sie Rücksicht auf das, was da ist“, kritisierte ihn Evelyn Lang aus dem BA. Die Baumasse sei viel zu groß für das erworbene Grundstück, die Bauplan-Forderungen überzogen und die Höhenentwicklung „absolut unangemessen“. Das Wohnviertel dahinter würde nicht nur von Verschattung betroffen sein, es würde mit einem Baukörper dieser Art verschandelt.
„Hier handelt es sich um die denkmalgeschützte Exter-Kolonie. Ihre Pläne passen gar nicht dazu. Sie machen mit einem beliebigen Hochbau alles kaputt, was wir an Atmosphäre in diesem besonderen Viertel haben.“ Die „08/15-Bebauung“ mit ihrer Beliebigkeit entlang der Bahnstrecke müsse Pasing nicht mitmachen, so Lang. „Die Hälfte des Bauvolumens ginge, aber nicht so! Das akzeptieren wir nicht!"
Dementsprechend ablehnend formulierten die UA-Mitglieder ihre Stellungnahme zum Bauprojekt und forderten die Landeshauptstadt auf, einen Kompromiss zur vorgestellten Fahrradgarage sowie die Ausarbeitung des längst überfälligen Verkehrskonzepts vorzulegen.
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