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Rubrik: Gesamt · Stadtteil: München
Mit Modellcharakter
Jugendhilfezentrum der Diakonie in der Scapinellistraße
Informationen aus erster Hand: Prof. Gunter Adams (r.) und die Leitung Wolfgang Eißen (3.v.l.) und Jennifer Finzel (5.v.l.) erklärten das Konzept des Jugendhilfezentrums den BA-Mitgliedern Stephanie Schmeißer, Karl-Heinz Wittmann, Christa Stock, Maria Osterhuber-Völkl, Katrin Högn, Romanus Scholz und Georg Angermeier (v.l.). (Foto: us)
Der Bezirksausschuss 21 (BA) hält Verbindung zu wichtigen Einrichtungen in Pasing und Obermenzing. Eine davon ist die Jugendhilfeeinrichtung in der Scapinellistraße. BA-Mitglied Katrin Högn ist Ansprechpartnerin und vermittelte ein Informationsnachmittag in dieser besonderen Institution.
„Wir haben hier im Stadtbezirk ein bemerkenswertes Jugendhilfezentrum“, so Högn und erläuterte dessen Entwicklung: gebaut 2009 für 5,1 Millionen Euro Baukosten zur Unterbringung sehr aggressiver und verhaltensauffälliger Jugendlicher, zunächst ein erfolgloser Träger mit Sicherheitsproblemen, seit 2019 nun erfolgreich vom Diakonischen Werk Bayern betrieben.
Delinquente Jugendliche zwischen 12 und 17
Die Einrichtungsleitung Jennifer Finzel und Wolfgang Eißen sowie Prof. Gunter Adams als Berater informierten über die Einrichtung. „Unser Konzept wirkt über die Einrichtung hinaus und bekommt Modellcharakter“, freute sich Adams über den Erfolg. Zwei Gruppen zu sieben Jugendlichen zwischen zwölf und 17 Jahren könnten betreut werden. Darin enthalten seien auch zwei Plätze für kurzfristige Inobhutnahme.
Die Jugendlichen blieben in der Regel sechs Monate und würden durch ein Team von multiprofessionellem Fachdienst, Therapeuten, Psychologen und Lehrer betreut. Dreimal pro Woche kämen psychiatrische Experten aus der Heckscher-Klinik. „Zurzeit sind gleich viele Mädchen und Jungen im Haus“, so Finzel. „Unsere Zielgruppe sind Jugendliche mit massiv antisozialem und delinquentem Verhalten, mit denen die Jugendhilfe überfordert ist“, erklärte Finzel. „Unser Ziel ist es, die negative Entwicklung zu stoppen und Perspektiven aufzuzeigen.“
Balance zwischen Beziehung und Grenzensetzen
Klären der Situation, Gespräche, Konfrontationen, Reflexionen, therapeutische Hilfen – das gehöre dazu, damit die Kinder am Ende der sechs Monate zurück nach Hause, in eine Wohngemeinschaft oder in stationäre Unterbringungen könnten. „Ohne uns würde ihr Weg direkt in die Strafvollzugsanstalt führen“, so Prof. Adams. „Das möchten wir verhindern. Unser Konzept beruht im Wesentlichen darauf, eine Beziehung aufzubauen und Grenzen zu setzen.“
Es seien eben keine Strafmündigen, die kämen. „Sie müssen erzogen werden!“Vom ersten Tag an kommt ein Lehrer. „Schule strukturiert den Alltag. Es soll auf keinen Fall Schule ausfallen“, so Adams weiter und betonte: „Ich sage immer, es gibt keine Systemsprenger, sondern nur ein fehlendes System.“
BA unterstützt Freizeitprojekte
Die Arbeit der Einrichtung sei wichtig für die Gesellschaft, neben der Pasinger Einrichtung gebe es noch eine in Würzburg und eine in Regensburg. „Und wir könnten gleich noch an fünf weiteren Standorten bayernweit öffnen, so hoch ist der Bedarf.“ Wertschätzung und Unterstützung kommen nicht nur aus Land und Stadt. Auch der BA steht hinter dem Konzept, zumal es seit Jahren keine Beschwerden aus der Nachbarschaft mehr gibt. Beim neuen Boulderraum gab der BA einiges an finanzieller Hilfe hinzu.
„Lassen Sie uns wissen, wenn wir uns im Rahmen unseres Budgets an weiteren Projekten beteiligen können“, so Maria Osterhuber-Völkl, Vorsitzende des Unterausschusses Planung im BA. „Ideen gibt es viele“, dankte Adams im Namen des Teams. „Wir sind zwar eine geschlossene Einrichtung. Aber die Kinder sollten doch möglichst viele Freizeitaktivitäten geboten bekommen, so wie draußen.“
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