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"Ich mache alles mit Herz"

Oussama Boulezaz aus Algerien findet in München eine zweite Heimat

v.l.: Christian Maier, Pflegedienstleiter, Auszubildender Oussama Boulezaz und Einrichtungsleiter Frank Rasenat vor dem Fritz-Kistler-Haus. (Bild: tab)

Er mag Menschen und Fußball. "Und Kartoffelsalat", sagt Oussama Boulezaz. Der junge Mann kommt aus Algerien und seine Geschichte hat zu tun mit Arbeit, Deutsch lernen, Freunden und Essen.

Gertrud Alberts Augen strahlen, wenn sie Oussama Boulezaz sieht. Die Seniorin wohnt im Fritz-Kistler-Haus, einem Seniorenheim der AWO. "Ich freue mich so, wenn er kommt", sagt sie. "Er macht seine Sache wirklich gut und nimmt sich immer Zeit." Dass der 21-jährige Algerier hier arbeitet, war zunächst gar nicht geplant. "Ich habe in meiner Heimat ein Semester Medizin studiert", berichtet er. "Weil das Medizinstudium in Deutschland eine bessere Qualifikation hat, habe ich mich an der Ludwig-Maximilians-Universität um einen Studienplatz beworben."

Anzeiger ausgetragen

Im Juni 2015 kommt Oussama nach München. Nun gilt es, Deutsch zu lernen. Und Oussama lernt. Er paukt, um diese Sprache zu beherrschen und nicht umgekehrt. "Ich hatte ein bisschen Zeit zwischen den Kursen und dem Lernen und ich wollte etwas Geld verdienen. Dann habe ich in einer Anzeige gelesen, dass die Münchner Wochenanzeiger Austräger suchen. Ich habe eine Mail geschickt und alles hat geklappt", sagt Oussama Boulezaz. Fast ein Jahr trägt er fortan in Karlsfeld und Pasing den Anzeiger aus und lernt weiterhin Deutsch. "Am besten lernt man durch Üben. Ich habe nur deutsches Fernsehen geschaut, deutsches Radio gehört und Grammatik gelernt. Die Wörter kommen, wenn man viel spricht, aber die Grammatik muss man lernen", sagt er. "Ich hätte hier sicher mit den Leuten auch Englisch sprechen können. Aber für mich hat das etwas mit Respekt zu tun, dass man die Sprache des Landes lernt, in dem man lebt." Geholfen habe ihm dabei außerdem sein regelmäßiges Fußballtraining. "Ich spiele beim TUS Geretesried. Da habe ich schnell deutsche Freunde gefunden."

Traumstudium knapp verfehlt

Die Ludwig-Maximilians-Universität lädt Oussama zum Aufnahmetest ans Studienkolleg ein. Er möchte den so genannten M-Kurs für Mediziner besuchen, doch Oussama trennen ein paar Punkte vom Traumstudium. "Es gab 96 Punkte zu erreichen. Ich hatte 90", sagt er. "Ich habe es ganz knapp verfehlt." Entmutigen lässt sich der junge Mann aber nicht. Er weiß: "Ich will auf diesem Gebiet weitermachen und mit Menschen zusammenarbeiten." Also bewirbt er sich bei der AWO um einen Ausbildungsplatz zum Altenpfleger - und wird genommen. Drei Jahre dauert die Lehrzeit, Oussama ist mit Herzblut dabei. "Die erste wichtige Sache ist nicht das Geld, sondern die Beziehung zu den Menschen", sagt er. "Ich mache alles mit Herz und wenn ein Bewohner einfach danke zu mir sagt, ist das wichtiger als alles andere."

"Wir sind froh, wenn wir so freundliche und motivierte Schüler haben", sagt Frank Rasenat, Einrichtungsleiter im Fritz-Kistler-Haus. Nach seiner Ausbildung habe Oussama sehr gute Chancen im Haus bzw. AWO-Verband übernommen zu werden. Neben dem Kontakt mit den Menschen schätzt Oussama Boulezaz vor allem, dass seine Ausbildung auch viel mit medizinischen Fachbereichen zu tun hat. "Ich lerne zum Beispiel über Anatomie und kann nach der Ausbildung weiterstudieren", sagt er. Pflegedienstleiter Christian Maier bestätigt das. "Er hat die Möglichkeit, Pflegemanagement zu studieren. Nach diesem Studium könnte er eine Pflegedienst- oder Hausleitung übernehmen."

"Ich mag Kartoffelsalat und Brezen"

Oussama Boulezaz fühlt sich wohl in München. Anfangs sei es schon schwierig gewesen für ihn, aber auch für seine Eltern. "Besonders für die Mama", sagt er. "Aber wir telefonieren und skypen regelmäßig." Anfangs habe er sich mit einem Urkainer ein Zimmer geteilt, nun habe er eine eigene Wohnung im Haus einer Familie. "Wir haben einen guten Kontakt", sagt Oussama Boulezaz. An einige Sachen habe er sich in Deutschland gewöhnen müssen. Der junge Algerier lacht. "Zum Beispiel an das Essen. Kartoffelsalat kannte ich nicht. In Algerien gibt es Kartoffeln und Salat, aber nicht zusammen, sondern in getrennten Schüsseln. Aber ich mag Kartoffelsalat sehr gerne. Mit Brezen."

Im Dezember steht für den 21-Jährigen Urlaub an. Dann geht es nach Algerien. "Einer meiner Brüder heiratet", freut er sich. "Ich bin froh, dass ich für diese Zeit Urlaub bekommen habe", sagt er. "Zum Glück habe ich solche Chefs."


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