Erinnern auf Augenhöhe
Feierliche Enthüllung des ersten Pasinger Erinnerungszeichens
München will seiner jüdischen Mitbürger, die während der Naziherrschaft ermordet wurden, auf besondere Weise gedenken. Dafür beschloss der Stadtrat im Frühjahr, „Erinnerungszeichen“ an für die Ermordeten wichtigen Lebensplätzen aufzustellen. Die Erinnerungszeichen sind schmale, rund zwei Meter hohe Stelen aus Edelstahl mit einer bronzenen Banderole. Auf der Banderole stehen die Lebensdaten des jeweiligen jüdischen Menschen, zusätzlich sind Fotos eingeschnitten.
„Wir wollen uns erinnern und die jüdischen Opfer in unseren Alltag zurückholen“, erklärte Stadträtin Constanze Söllner-Schaar. „Das Erinnern soll auf Augenhöhe geschehen. Das ist das Mindeste, was wir für sie tun können, und das Höchste, was uns möglich ist“, meinte sie zur Einweihung des allerersten Erinnerungszeichens in Pasing.
Neue Form des Gedenkens
Seit Juli stehen schon sieben Erinnerungszeichen in der Münchner Innenstadt. Das erste Pasinger Zeichen befindet sich nun in der Varnhagenstraße und erinnert an den jüdischen Kaufmann, Ehemann, Vater Bernhard Haas. Er zog 1933 mit seiner Familie in die Pasinger Sandstraße (heute Varnhagenstraße), an den damals äußersten Rand Pasings. Am 10. November 1938 wurde er verhaftet und ins Konzentrationslager Dachau gebracht. Dort kam Haas am 28. November, drei Tage nach seinem 67. Geburtstag, ums Leben.
Genau 80 Jahre nach seinem Tod weihte die Stadt München gemeinsam mit Charlotte Knobloch, Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern, mit Gemeinderabbiner Shmuel Aharon Brodman, mit dem Vorsitzenden der Liberalen Jüdischen Gemeinde Beth Schalom, Jan Mühlstein, Stadträten, Vertretern der lokalen Politik und der Kirchen sowie mit Vertretern des Instituts für Zukunftsträchtige Geschichte e.V. das Erinnerungszeichen ein.
In den Alltag holen
Die ehrenamtlichen Ortshistoriker vom Institut hatten das Erinnerungszeichen bei der zuständigen Koordinierungsstelle der Stadt angeregt, nachdem sie sich schon seit 2005 intensiv mit den Pasinger Juden in der Zeit bis 1945 beschäftigt und eine Dokumentation über das jüdische Leben im Münchner Westen herausgebracht hatten.
Bei der Einweihungsfeier sprach auch Charlotte Knobloch. „Die Erinnerungszeichen sind eine neue Form des Gedenkens. Wir gedenken der Menschen, die vor 80 Jahren ein ganz selbstverständlicher Teil unserer Gesellschaft waren“, sagte sie. „Wir geben den Opfern ihre Würde zurück und holen sie mitten in unseren Alltag. Die Erinnerungszeichen sollen uns alle auch an unsere besondere Verantwortung erinnern und verhindern, dass sich die Gräueltaten wiederholen. Diese große Verantwortung tragen wir für unsere Zukunft.“
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