"Die Situation ist heikel"
Einwohnerversammlung zur Bebauung am Marienplatz verlangt
Tote Hose? Vom Kaufmagneten mit einer lebendigen Geschäftsszene und Lokalen am Marienplatz als Gegenpol zu den Arcaden hat man sich längst verabschiedet. Die Lokalpolitiker fürchten eine Verödung und sind entsetzt über das Parkplatzchaos, was sich am Horizont abzeichnet. In einer Bürgerversammlung soll nun informiert werden. Die Zeichnung zeigt den Sieger-Entwurf des Architektenwettbewerbs. (Foto: Graphik: Auer Weber)
Mit einem grün-schwarzen Antrag und der Unterstützung durch die FDP und die ÖDP fordert der Bezirksausschuss Pasing – Obermenzing (BA) eine außerplanmäßige Einwohnerversammlung: Thema wird die Information über die geplante Bebauung am Marienplatz sein. Dort entsteht ein Hotel mit 101 Zimmern, 19 am Hotel angeschlossenen Appartements und fünf Geschäften. In der Tiefgarage sind allerdings gerade einmal 50 Parkplätze eingeplant, die nur mit einem Lift für je ein Auto zu erreichen sind. Die Versammlung soll im November stattfinden.
„Solch eine Planung ist die absolute Katastrophe“, empört sich Stadtrat Johann Sauerer. Das wichtigste und ortsprägende Grundstück in Pasing verkomme damit zu einer Farce. „Es ist einfach eine Frechheit, solch ein Gebäude ohne Parkplätze zu bauen. Hier in der Umgebung findet man einfach keine Plätze. Schon der Architektenwettbewerb hätte niemals ohne eine ausreichenden Tiefgarage ausgeschrieben werden dürfen. Da liegt schon der Fehler.“
"Schweigen im Walde"
Die Antwort der Stadt darauf sei gewesen, dass Pasing gut an den öffentlichen Nahverkehr angeschlossen sei und man ohnehin eher weg vom Auto und hin zum ÖPNV tendieren solle. „Das ist eine unglaubliche Dummheit, die hier passiert!“ Schließlich müsse zumindest ein Hotel mit 101 Zimmern schon mal bequem angefahren werden können. Seine Befürchtungen habe Sauerer schon vor der Sommerpause vertreten; er hatte damals viel Rückenwind von seinen Stadtratskollegen und vor allem von der Verwaltung erhalten.
„Genau in der Sommerpause hat der Investor Martin Bucher den Bauantrag gestellt und der ist teilgenehmigt worden. Ich bin entsetzt über das Vorgehen“, kritisiert er weiter und vermutet, dass irgendwas „gelaufen“ sein müsse. „Denn jetzt haben wir Schweigen im Walde in der Stadtverwaltung. Das ist sehr eigenartig.“ Der Investor habe sowieso mit einem einstelligen Millionenbetrag einen "unglaublichen Sonderpreis" erhalten, jetzt könne er noch an der Bauausführung und den Auflagen sparen. „Es ist einfach unverschämt, was da läuft.“
Der BA fordert von der Stadt als sofortige Maßnahmen: keine Baugenehmigung vor einer Einwohnerversammlung, Nachbesserung der Parkplatzsituation und Antworten auf die Fragen, warum der Investor eine derartige Sonderbehandlung für sein Grundstück bekommt. „Jeder private Bauherr muss ausreichend Stellplätze vorweisen“, erklärt dazu Winfried Kaum, Vorsitzender der örtlichen CSU und Mitglied im BA.
Wo bleibt der Magnet für die Pasinger Mitte?
Von der ursprünglichen Idee von einem lebendigen Geschäftszentrum mit Restaurants und Wohnungen habe man sich sowieso Stück für Stück verabschieden müssen, bedauert Sven Wackermann, Vorsitzender des Unterausschusses Planung im BA. „Das neue Gebäude ist ein Jahrhundertbauwerk, so hat das 2008 schon das Bulwien-Gutachten ausgedrückt“, ergänzt Maria Osterhuber-Völkl, stellvertretende Vorsitzende im BA. „Das Haus wird unseren Marienplatz prägen wie der Kaufhof den Münchner Marienplatz. Man sollte hier einfach genau schauen.“
Zwar heiße es, dass die Teilbaugenehmigung immer noch Freiheiten für den Investor lasse. Aber das beruhigt die Lokalpolitiker nicht. „Die Situation ist heikel“, bestätigt auch BA-Vorsitzender Romanus Scholz. „Hier läuft beileibe nicht alles so, wie wir uns das gedacht hatten. Von Attraktivität für unseren Marienplatz kann ich nichts spüren.“
Die SPD im BA habe zwar nichts gegen eine Infoveranstaltung, heißt es in einer Presseerklärung. "Man kann nichts fordern, für das man keine anderen Lösungen hat“, meint Stadtrat und BA-Mitglied Christian Müller erklärend.
Einwohnerversammlung noch im November
Und seine Kollegin im Stadtrat und BA Constanze Söllner-Schaar ergänzt: „Es geht nicht an, dass auf der einen Seite der Verkehr verringert werden soll und möglichst viele Menschen durch den neuen Magneten mit dem ÖPNV, zu Fuß oder mit dem Rad das Zentrum nutzen sollen, auf der anderen Seite viele Stellplätze gefordert werden. Hier bin ich erstaunt über die Grünen, die wortreich eine 'Citymaut' fordern, aber in Pasing nicht offen sind für eine Lösung, die Verkehr reduzieren soll.”
Die Einwohnerversammlung ist nun im November geplant. Der BA will dafür auch den Investor sowie die Stadtverantwortlichen einladen. Einen genauen Termin gibt es noch nicht, „der wird aber so schnell wie möglich kommuniziert“, verspricht Scholz. „Das Infobedürfnis ist hoch und die Bevölkerung muss im Vorfeld über die Pläne der Stadt aufgeklärt werden.“
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