Alle in einem Boot
Afrikanische Karikaturisten zeigen Arbeiten zum Klimawandel und zur Flüchtlingspolitik
"Karikaturen haben eine universelle Sprache, die Message ändert sich nicht, das ist das Geniale.“ Nina und Christoph Melchers vom Verein zur Förderung von Bildung und Publizistik zu Umwelt und Entwicklung e.V., der Kurator aus Nairobi Victor Ndula sowie Thomas Linsmayer aus der Pasinger Fabrik (v.l.) bei der Vernissage der Cartoon-Ausstellung. (Foto: us)
Derzeit ist in der Pasinger Fabrik eine ganz außergewöhnliche Ausstellung zu sehen: Afrikanische Cartoon-Künstler zeigen ihre Sicht des Klimawandels und des afrikanischen Flüchtlingschaos. Initiiert wurde die Ausstellung vom Verein zur Förderung von Bildung und Publizistik zu Umwelt und Entwicklung e.V. mit großer Unterstützung der Deutschen Afrika Stiftung.
Zur Vernissage kam der angesagte kenianische Künstler und Kurator der Ausstellung Victor Ndula (41) extra aus Nairobi angereist und erklärte: „Wir haben bei uns wirklich riesige Flüchtlingslager und kämpfen als Gesellschaft mit genau den gleichen Problemen wie ihr in Deutschland. Wir sind uns also viel näher, als man auf den ersten Blick annehmen könnte. Ich freue mich sehr, dass wir die Möglichkeit zur Ausstellung hier haben. Das schafft eine gute Grundlage dazu, dass wir uns besser verstehen.“
Als Chefredakteur der „Star Newspaper“ liefen bei ihm tagtäglich viele Infos zur Flüchtlingskrise zusammen. Sein Anliegen drückte er unmissverständlich aus: „Mehr Verständnis für Flüchtlinge, bitte keine Vorurteile aus den Kulturunterschieden machen!“ Deshalb organisiere er auch oft Cartoon-Workshops mit Flüchtlingen aus dem Südsudan, Somalia oder Eritrea. Während solcher Workshops seien einige aussagekräftige Karikaturen entstanden, „die sind jetzt auch Teil der Ausstellung.“
Von Afrika lernen
Die auf riesigen Bannern gedruckten Cartoons zeigen die Ignoranz der westlichen Welt bezüglich Flüchtlingen aus den Augen Betroffener, stellen Europa und Afrika als Teppiche dar, unter die man die Probleme kehren kann, oder ziehen auch mal Nazi-Vergleiche – „das gehört zur künstlerischen Freiheit, die bei uns in Nairobi sehr offen diskutiert wird“, so Ndula dazu. „Die Leute bewegt das. Auch hier während der Ausstellung, das kann man erkennen. Karikaturen haben eine universelle Sprache, die Message ändert sich nicht, das ist das Geniale.“
Auf Ndulas Einladung bereicherte übrigens auch Amnesty International (AI) die Vernissage. „Wir freuen uns außerordentlich, dass wir hier über unsere Anliegen informieren dürfen“, so Flu Bäurle von AI. „Die Themen der Ausstellung spielen durchweg auch bei uns eine zentrale Rolle, dazu gibt es eine ganze Reihe von Petitionen, die wir alle hier vorstellen können.“
Klima- und Flüchtlingspolitik durch afrikanische Augen
Das Thema Klimawandel haben die afrikanischen Künstler mit ebensolcher Intensität behandelt. „In der täglichen Politik ist davon ständig die Rede. Der Klimafaktor spielt auch in Afrika eine zentrale Rolle“, meinte dazu Christoph Melchers vom Förderverein Bildung-Publizistik. Dies hätte er während seines Besuchs in Kenia erlebt. „Wüste, Überschwemmungen, Missernten sind in Afrika an der Tagesordnung. Der Klimawandel hat überall Auswirkungen. Wir sitzen eben alle in einem Boot.“
Von der Brisanz und der Offenheit der Karikaturen war der Förderverein Bildung-Publizistik sehr beeindruckt. Aber auch der öffentliche Umgang und die Diskussionen, die die Zeichnungen auslösten, seien beachtlich und viel weitreichender als es in Deutschland der Fall sei. „Uns stehen bildungspolitische Themen naturgemäß sehr nahe. Als wir im vergangenen Jahr in Nairobi den Chefredakteur der „Star Newspaper“ und Karikaturisten Victor Ndula trafen und seine Kunst sahen, waren wir gleich begeistert und luden ihn nach Deutschland ein“, so Vereinsvorsitzende Nina Melchers. Für Thomas Linsmayer von der Pasinger Fabrik ist die Ausstellung ein Gewinn für alle. Durch die afrikanische Sichtweise der Probleme sei der wichtige Perspektivwechsel möglich und helfe bei der Verständigung untereinander. „Es ist uns eine Ehre, dass wir die afrikanische Karikaturkunst bei uns zeigen dürfen.“
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