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„Zeit schenken“

Stiftung „Ambulantes Kinderhospiz München“ baut auf das Ehrenamt

Katharina Müller (links), Leiterin des Krisendienstes RUF24 der "Stiftung Ambulantes Kinderhospiz München", zusammen mit Michaela Cosenza, die seit Mai 2019 als ehrenamtliche Mitarbeiterin tätig ist. (Bild: sb)

Die Stiftung „Ambulantes Kinderhospiz München“ (AKM) betreut seit 2004 Familien mit unheilbaren und lebensbedrohlich schwersterkrankten Ungeborenen, Neugeborenen, Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen. „Eine Arbeit, die wir ohne ehrenamtliche Mitarbeiter nicht leisten könnten“, betont Christine Schoeller, im AKM zuständig für PR und Öffentlichkeitsarbeit. „Uns geht es vor allem darum, dass wir den Familien, die wir betreuen, Zeit schenken – und genau das tun die Ehrenamtlichen.“

Insgesamt arbeiten im AKM über 300 Ehrenamtliche in drei Bereichen: in der Familienbegleitung, der Öffentlichkeitsarbeit sowie im Krisendienst RUF 24. Für jeden Bereich gibt es im Vorfeld eigene Schulungen. „Wer sich für eine ehrenamtliche Tätigkeit bei uns interessiert, sollte psychisch und körperlich stabil sein. Das ist wichtig, denn man begegnet Menschen in Extremsituationen und mit schweren Schicksalen. Da ist man nicht davor gefeit, selbst betroffen zu sein“, erzählt Katharina Müller, die den Krisendienst RUF24 leitet. „Hospizarbeit an sich ist ein Ehrenamt, weil die Menschen Zeit schenken“, so die Psychologin weiter. „Und auch die Arbeit in der Krisenintervention ist Laienarbeit.“ Und Christiane Schoeller ergänzt: „Kinderhospizarbeit ist eine Lebensbegleitung – ab der Diagnose bis zum Tod oder der Wiedergenesung.“

In der Familienbegleitung, bei der die ehrenamtlichen Mitarbeiter meist dauerhaft in den Familien sind, ist es Ziel, den betroffenen Familien Momente der Normalität zu schenken. „In der Öffentlichkeitsarbeit geht es darum, dass unsere Arbeit gesehen und gehört wird“, erklärt Christiane Schoeller. Und Ziel des RUF24 ist es, Familien in schweren Krisen zu unterstützen. „Ehrenamtliche übernehmen hier meist alle 10 bis 14 Tage nachts, am Wochenende oder an Feiertagen eine Rufbereitschaft“, sagt Katharina Müller.

Im Notfall präsent

Seit Mai vergangenen Jahres ist Michaela Cosenza eine der ehrenamtlichen Mitarbeiter des Krisendienstes. „Ich übernehme im Monat ein bis zwei Dienste, meist nachts und manchmal auch am Wochenende. Dann bin ich von 18 bis 9 Uhr immer in Bereitschaft“, erzählt sie. „Oft kommt es vor, dass kein Anruf kommt. Wenn aber doch, geht es darum, erstmal zu schauen, was man selbst leisten kann.“ Gegebenenfalls gebe es eine Rücksprache mit dem Hintergrunddienst, also einer Fachkraft. „Grundsätzlich übernehme aber ich als Ehrenamtliche die Betreuung der Familie in diesem Moment.“

Anrufe kämen oft von Kreissälen oder von Notaufnahmen der Krankenhäuser. „Hier gibt es eine enge Zusammenarbeit“, sagt Katharina Müller. „Die Fälle sind dabei ganz unterschiedlich: es kann sein, dass ein Paar Unterstützung braucht, weil das Kind auf die Intensivstation muss oder es gibt ein Unfallszenario. Dann sind meist die Notaufnahmen im Spiel.“ Beim Krisendienst RUF24 gehe es erstmal um eine kurze Stabilisierung am Telefon. „Wichtig ist es präsent zu sein. Der Moment der Diagnose ist ein traumatisierendes Ereignis.“

„Viel über mich gelernt“

Für Michaela Cosenza war es spätestens nach der Schulung im AKM klar, dass diese ehrenamtliche Tätigkeit die richtige für sie ist. „Ich hatte mich mit dem Thema Sterben und Tod aus familiären Gründen beschäftigt und wollte mich ehrenamtlich engagieren. Bei meiner Recherche bin ich auf das AKM gestoßen. Das Thema generell ist wichtig, aber auch tabubehaftet. Die Familien haben es sehr schwer und da ist es oft hilfreich, wenn jemand von außen kommt“, erzählt sie. „Durch die Schulung habe ich zudem viel über mich selbst gelernt. Das hat mir wahnsinnig viel gebracht, denn ich musste mich selbst reflektieren. Das macht man ja im Alltag eigentlich nicht.“

„Bewusste Entscheidung“

Im AKM arbeiten die ehrenamtlichen immer eng mit den hauptamtlichen Mitarbeitern zusammen. So sind etwa die ehrenamtlichen Familienbegleiter in der Regel vier Stunden pro Woche im Einsatz. „Es geht dabei nicht nur um das erkrankte Kind, sondern auch um die Geschwisterkinder oder darum, den Eltern einen Freiraum zu schaffen“, sagt Christiane Scholler. Als Familienbegleiter sind die ehrenamtlichen Mitarbeiter meist dauerhaft in einer Familien. „Menschen, die sich bei uns engagieren, machen dies oft mit sehr viel Herzblut. Das ist immer eine ganz bewusste Entscheidung.“

Neue Schulung im April

Das AKM betreut bayernweit rund 400 Familien ab der Diagnosestellung. Die Ehrenamtlichen unterstützen dabei das Team aus hauptamtlichen Ärzten, Psychologen, Krankenschwestern und Sozialarbeitern. Ziel des AKM ist es, den Familien in dieser schwierigen Zeit eine feste Stütze zu sein und ihnen Momente der Sicherheit, Geborgenheit und Normalität zu schenken.

Das AKM startet Ende April wieder eine neue Schulung für den Krisendienst RUF24, Ende Oktober dann eine Schulung zur Familienbegleitung. Die genauen Termine und weitere Informationen können im Internet unter www.kinderhospiz-muenchen.de abgerufen werden.


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