„Wie eine Familie“
„Wohnen für Hilfe“ ist ein generationsübergreifendes Angebot
„Wohnen für Hilfe“ ist eine alternative Wohnform für Jung und Alt. Das Prinzip dahinter ist ganz einfach: ältere Menschen, die ein freies Zimmer zur Verfügung haben, sich statt Mieteinnahmen lieber Gesellschaft und Unterstützung im Alltag wünschen und offen und neugierig auf Menschen anderer Generationen und anderer Kulturen sind, können den Wohnraum einem Studenten oder Auszubildenden zur Verfügung stellen. „Wohnen für Hilfe“ gibt es mittlerweile seit 20 Jahren und wird vom Seniorentreff Neuhausen betreut und organisiert. Das 1996 initiierte generationsübergreifende Angebot basiert auf der Idee der nachbarschaftlichen Hilfe und der Solidarität zwischen den Generationen.
Nicht alleine leben müssen
„Nach dem Tod meiner Frau vor zwei Jahren hat mir eine Nachbarin von dem Angebot erzählt“, sagt Klaus Fuckerieder, der seit über einem Jahr an dem Programm teilnimmt. Für den 68-Jährigen war der entscheidende Punkt, sich für „Wohnen für Hilfe“ zu entscheiden, nach dem Tod seiner Frau Gerda nicht alleine im Haus leben zu müssen. Seit einigen Monaten lebt Daniel Caballero bei Klaus Fuckerieder. „Mir gefällt es gut. Für mich läuft es hier perfekt“, erzählt der 23-jährige Mexikaner. „Wir verstehen uns gut. Im Grunde habe ich hier wieder eine Art Familie. Das ist sehr schön, zumal ich so weit weg bin von zu Hause. Ich fühle mich jetzt nicht mehr fremd und alleine.“
Auch für Klaus Fuckerieder ist das Ganze mit Vorteilen verbunden. „Ich habe immer eine Anlaufstation – bei Problemen oder einfach auch nur, wenn mir langweilig ist. Es kann ja auch immer etwas passieren, zum Beispiel dass man in der Dusche ausrutscht und hinfällt. Dann wäre einfach jemand hier“, so der Rentner. „Ich finde, das Ganze ist für beide Seiten eine Win-Win-Situation, zumal es für die Studenten auch finanziell attraktiv ist. Es müssten noch viel mehr ältere Menschen mitmachen.“ Grundsätzlich sei es bei dieser Art des Zusammenlebens wichtig, Vertrauen zu haben.
"Das ist leicht für mich"
Daniel Caballero ist schon der zweite Student, der im Rahmen von „Wohnen für Hilfe“ bei Klaus Fuckerieder lebt. Zuvor wohnte ein Jahr lang ein Brasilianer bei ihm. „Er ist aber mittlerweile in Karlsruhe, deshalb ist jetzt Daniel hier.“ Zuvor gab es Vorstellungsgespräche mit drei Bewerbern. „Zusammen mit meinen beiden Töchtern habe ich mich für ihn entschieden. Und ich muss sagen, es klappt sehr gut. Wir sind wirklich auf der gleichen Wellenlänge“, erzählt der 68-Jährige. Das bestätigt auch sein Mitbewohner: „Das Zusammenleben klappt wirklich gut. Wir sind beide auch Pflanzensammler und haben eine schöne Kakteensammlung“, sagt Daniel Caballero, der in München Industrielle Biotechnologie studiert. „Mir gefällt es auch sehr gut in der Stadt. Ich bin zum Beispiel auch viel mit dem Fahrrad unterwegs – das würde ich in meiner Heimatstadt Mexico-City nie machen“, erzählt er lachend, „viel zu gefährlich.“
Das Prinzip von „Wohnen für Hilfe“ ist im Übrigen ganz einfach: pro Quadratmeter Wohnfläche, die dem Studenten zur Verfügung gestellt werden, muss er dieselbe Anzahl an Stunden helfen. „Mein Zimmer hat 20 Quadratmeter, also muss ich 20 Stunden arbeiten, zum Beispiel im Garten Rasen mähen oder Blätter rächen. Das ist leicht für mich, denn ich bin sehr gerne draußen. Ich helfe aber auch beim Einkaufen und koche sehr gerne. Oft plaudern wir aber auch nur gemeinsam oder schauen fern.“ Daniel Caballero, der vor knapp einem Vierteljahr nach München kam, ist bei der Wohnungssuche auf „Wohnen für Hilfe“ aufmerksam geworden. „Es ist in München nicht einfach eine bezahlbare Wohnung zu finden. Ich habe mich dann beim Seniorentreff Neuhausen beworben und wurde zum Vorstellungsgespräch zu Herrn Fuckerieder eingeladen. So ging dann alles seinen Weg.“
Interessierte können nähere Informationen zu „Wohnen für Hilfe“ im Internet unter www.seniorentreff-neuhausen.de abrufen.
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