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„Medizin mit Seele“ statt „Durchökonomisierung“

Krankenhaus Neuwittelsbach feierte 40-jähriges Bestehen

Mit einem Dankgottesdienst in der benachbarten Herz-Jesu-Kirche und einem Festakt im Krankenhaus Neuwittelsbach feierte die Internistische Fachklinik der Barmherzigen Schwestern vom heiligen Vinzenz von Paul ihr 40-jähriges Bestehen.

Der Mensch ist keine Fallpauschale

Reinhard Kardinal Marx lehnt einen Rückzug der Kirche aus dem Krankenhaussektor ab. Entsprechenden aktuellen Forderungen, die auch mit der Personalsituation begründet worden waren, erteilte der Erzbischof von München und Freising eine Absage.
Die Kirche sei gerade heute gerufen, in die Evangelisierung neu einzutreten. Daher sei ein Rückzug aus der Fürsorge für die Kranken das „falsche Signal“, sagte der Kardinal: „Ich halte genauso wenig davon, Kirchen aufzugeben.“ Der Münchner Erzbischof beklagte, dass die vor allem seit den 1990er Jahren zu beobachtende „Durchökonomisierung“ des Gesundheitswesens zu einer Schieflage führe. „Es gibt die Versuchung, jeden Handschlag, jede Minute abzurechnen. Es ist ein Irrweg, das Leben mit einem Kostenfaktor zu versehen und zu fragen: Was kosten die zehn Minuten, die ich bei einem Sterbenden verbringe?“, kritisierte Marx. Der Mensch sei nicht mit einer Fallpauschale abzuhandeln. Kardinal Marx würdigte den großen Einsatz der Barmherzigen Schwestern und dankte ihnen , dass sie sich auch mit der Gründung des Krankenhauses Neuwittelsbach dafür entschieden hätten, zu den Kranken zu gehen. „Eine Kirche, in der die Trostlosen, die Kranken nicht mehr zu Hause sind, könnte nicht mehr die Kirche Jesu Christi sein.“

Guter Geist in christlicher Tradition

Generaloberin Schwester M. Theodolinde Mehltretter begrüßte zahlreiche Gäste zu dem Festakt unter der Schirmherrschaft Herzog Franz von Bayern. Als Oberhaupt des Hauses Wittelsbach war er der Repräsentant des Namensgebers; denn die früher auf dem Grundstück bestehende Kuranstalt Neuwittelsbach hatte – wie das ab 1880 südlich des Nymphenburger Kanals entstandene Viertel – ihren Namen in Erinnerung an das 700-jährige Jubiläum der Herrschaft des Hauses Wittelsbach erhalten.
„Hier im Haus spürt man einen guten Geist aus einer christlichen Tradition heraus,“ sagte Michael Höhenberger, Ministerialdirektor für den Bereich Gesundheit im Bayerischen Staatsministeriums für Umwelt und Gesundheit. Im Laufe von vier Jahrzehnten seien in Neuwittelsbach über 100.000 Patienten versorgt worden, über 4.000 allein im vergangenen Jahr.

Auch Siegfried Hasenbein, Vorsitzender der Bayerischen Krankenhausgesellschaft, gratulierte zum Jubiläum. Die Klinik sei medizinisch gut aufgestellt und bestens mit anderen Häusern vernetzt. In einem System, das sich hauptsächlich an Kosten und Effizienz orientiere, fragten Patienten immer stärker nach Krankenhäusern, in denen ganz andere Werte hochgehalten werden.

Interessante Erkenntnisse der Geschichtswerkstatt Neuhausen brachte Ingeborg Staudenmeyer, Vorsitzende des Bezirksausschusses Neuhausen-Nymphenburg, mit. Die Barmherzigen Schwestern seien nicht erst seit 40 Jahren im Stadtteil, sagte sie. Ihren ersten Einsatzort hatten sie hier schon 1874 im St.-Georgiritter-Krankenhaus und im Altenheim am Dom-Pedro-Platz. Sie wusste auch zu berichten, dass die Mutter des emeritierten Papstes Benedikt XVI. in der Kuranstalt Neuwittelsbach als Süßspeisenköchin gearbeitet hatte.

Von der Kuranstalt zur Fachklinik

Der Name des heutigen Krankenhauses Neuwittelsbach stammt von der früheren Kuranstalt Neuwittelsbach. 1882 fertig gestellt, hat sie Geheimrat von Hößlin 1885 übernommen und danach jahrzehntelang geleitet. Das Haus wurde 1914 in eine Stiftung umgewandelt und ab 1932 als „Klinik für innere Krankheiten“ geführt. Im Zweiten Weltkrieg wurden große Teile des Hauses zerstört, so dass der Betrieb gänzlich eingestellt wurde. In der Nachkriegszeit kaufte die Kongregation der Barmherzigen Schwestern das Ruinengrundstück an der Renatastraße. Die ersten Pläne für einen Krankenhausbau ließen sich nicht realisieren. den 1960er Jahren entschloss sich die Ordensgemeinschaft endgültig, an alter Stelle und in eigener Trägerschaft wieder eine Fachklinik für Innere Medizin zu errichten. Nach dreijähriger Bauzeit konnte das Krankenhaus am 19. Mai 1973 unter dem alten Namen „Neuwittelsbach“ eröffnet werden. Mitte der 1990er Jahre wurde es notwendig, den baulichen Standard und die funktionelle Gliederung des Hauses den heutigen Anforderungen anzupassen. Deshalb fand von 1997 bis 1999 eine grundlegende Sanierung statt. Der dringend benötigte zusätzliche Raumbedarf ließ sich decken, indem das Krankenhaus um ein Terrassengeschoss aufgestockt wurde. Außerdem erhielt die Klinik eine komplett neue Intensivstation und erstmals eine teilstationäre Einrichtung: die Rheuma-Tagklinik.


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