„Keine beschlossenen Alternativen“
Landshuter Allee: Bezirksausschuss fordert Sachstand

Der Bezirksausschuss Neuhausen-Nymphenburg (BA 9) möchte von der Stadt München über den aktuellen Planungsstand zu den Alternativen des Tunnels an der Landshuter Allee informiert werden. (Foto: sb)
Der Bezirksausschuss Neuhausen-Nymphenburg (BA 9) hat die Verwaltung der Landeshauptstadt München aufgefordert, dem Lokalparlament den aktuellen Planungsstand zu den Alternativen des Tunnels an der Landshuter Allee darzustellen. Zudem möchte das Gremium den bisher erbrachten Bearbeitungsstand der Tunnelplanung zur Kenntnis vorgestellt bekommen. Einen entsprechenden Gemeinschaftsantrag von CSU und FDP hatte der BA 9 einstimmig so beschlossen.
„Im Juli 2020 sei mit einem Haushaltsbeschluss des Stadtrats die Planungen für den Landshuter Allee Tunnel eingestellt worden, erklären die beiden Fraktionssprecher Gudrun Piesczek (CSU) und Felix Meyer (FDP). Zeitgleich hätten die Stadtratsfraktionen Grüne/Rosa Liste und SPD/Volt den Antrag „Gesamtkonzept Landshuter Allee – Mehr Ruhe, mehr Grün, mehr Lebensqualität“ eingestellt. In dem Antrag werde auch gefordert, dass die örtlich betroffenen Bezirksausschüsse in die Planungen einbezogen werden. In der Koalitionsvereinbarung habe es folgendes geheißen: „Dies (die Einstellung der Planung) gilt auch für die Landshuter Allee unter der Maßgabe, dass effektive Maßnahmen zum Schutz der AnwohnerInnen (vor Lärm und NO2-Emissionen) umgesetzt werden.“
BA möchte frühzeitig informiert werden
Inzwischen seien die AnwohnerInnen auch ein halbes Jahr später ohne Tunnelplanung, aber auch ohne beschlossene Alternative als „effektive Maßnahme“, heißt es in dem Gemeinschaftsantrag weiter. „Wir möchten daher, dass auch der Bezirksausschuss frühzeitig, wie der Stadtrat, über den aktuellen Stand der Planungen der Alternativen, wie auch den Stand der eingestellten Tunnelplanung, informiert wird.“
„Ein weiteres Jahr und wieder nichts“
Auch die Bürgerinitiative (BI) „Pro Landshuter Allee Tunnel“ begrüßt den Antrag des BA 9. Man erhoffe sich davon, dass Stadtpolitik und Verwaltung „etwas Licht in den aktuellen Sachstand“ bringen, erklärt das BI-Sprecherteam, bestehend aus Oliver Kahl, Nima Lirawi und Felix Meyer. Zudem hat sich die BI in einem Schreiben mit dem Betreff „Ein weiteres Jahr und wieder nichts“ sowohl an Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter als auch an die Bayerischen Staatsministerien für Wohnen, Bau und Verkehr, Umwelt und Verbraucherschutz sowie Gesundheit und Pflege gewandt.
Grenzwert an der Landshuter Allee wird nicht eingehalten
Im gesamten Bundesgebiet habe sich die Belastungssituation an hoch frequentierten Straßen deutlich verbessert, erklärt die BI. Auch in München sei diese Entwicklung als Folge einiger verkehrspolitischer Maßnahmen feststellbar – mit Ausnahme der Landshuter Allee. Der Grenzwert werde hier weiterhin nicht eingehalten.
Die Münchner Stadtverwaltung weist nach Angaben der BI in einem Schreiben an den BA 9 von November vergangenen Jahres auf die Immissionsprognose (NO2-Jahresgrenzwerte) hin, wonach bis 2026 von einer zuverlässigen Einhaltung der Grenzwerte auszugehen sei. Es werde jedoch nicht darauf eingegangen, dass bis 2030 nochmals eine erhebliche Steigerung des Verkehrs auf diesem Straßenabschnitt prognostiziert wurde und mit welchen gesundheitlichen Problemen durch Lärm und Staub sich die Anwohner bis dahin befassen müssen, beziehungsweise innerhalb welchen Zeitraumes die von der Stadtverwaltung in Aussicht gestellten kurzfristigen Maßnahmen zum Einsatz kommen sollen.
Verheerende Auswirkungen durch Corona
Zugleich gebe es deutliche Hinweise darauf, dass Corona in den Industriezentren Norditaliens besonders verheerende Auswirkungen hatte, da die hiesige Bevölkerung durch die Luftverschmutzung schon gesundheitliche Schäden hatte. Schon 2003 sei es diesbezüglich zu signifikanten Auffälligkeiten gekommen, wonach ein enger Verwandter des SARSVirus in chinesischen Regionen mit besonders hohen Schadstoffwerten überdurchschnittlich hohe Opferzahlen forderte (chronische Bronchitis, Schwächung des Immunsystems in den Atemwegen, Herzleiden, Diabetes).
Schadstoffwerte sind weiter hoch
Vor diesem Hintergrund erbitte man die Beantwortung einiger Fragen: Zum einen möchte die BI wissen, woran es liegt, „dass die Schadstoffwerte an der Landshuter Allee im Vergleich zu anderen Straßen trotz bereits eingeleiteter verkehrspolitischer Maßnahmen und trotz der zusätzlich eingeschränkten Mobilität durch Corona weiterhin so exorbitant hoch sind?“ Und welche Faktoren dabei eine positive oder negative Rolle – zum Beispiel Verkehrszahlen, Bebauungsart, verkehrspolitische Maßnahmen oder eine Kombination etc. – spielen?
Außerdem interessiert sich die BI dafür, wieso nur noch kurzfristig wirksame Maßnahmen ins Auge gefasst werden, obwohl die Verkehrsprognose weitere Steigerungen aufzeigt. „Ist ein Leben im Umfeld einer derart stark befahrenen Straße ohne Schutzmaßnahmen für diesen Staat/ diese Stadt tolerabel, selbst wenn die Grenzwerte (knapp) unterschritten werden?“, fragt man sich bei der Bürgerinitiative. Und: „Um wieviel höher ist die Wahrscheinlichkeit für AnwohnerInnen an der Landshuter Allee, aufgrund ihrer Wohnlage an Atemwegserkrankungen zu erkranken?“
Des Weiteren erbittet die BI eine Antwort auf die Frage, ob es in München eine Korrelation zwischen den Wohnorten an stark befahrenen Straßen und Corona-Ausbrüchen gibt, ob die Anwohner besonders stark von Atemwegserkrankungen – insbesondere Covid-19 und Influenza – betroffen sind und ob die Sterblichkeit für Anwohner an der Landshuter Allee höher ist als für Bürger, die nicht an stark befahrenen Straßen leben.
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