Ergebnisse der Zufallsauswahl sollen in Planungen einfließen
Stadt setzt auf "Bürger*innengutachten" für Paket-Post-Areal

Besichtigung der Halle im Rahmen des Gutachtens. (Foto: Michael Nagy / LHM)
In der ersten Oktoberhälfte haben sich 106 Münchner beim "Bürger*innengutachten" mit den Planungen für das Paket-Post-Areal in Neuhausen auseinandergesetzt. Die Arbeitsgruppen im Backstage direkt neben der denkmalgeschützten Halle haben sich den wichtigsten Fragen gestellt und gemeinsam Lösungen erarbeitet: Sollen in der Paketposthalle künftig Konzerte stattfinden? Wie kann der Verkehr auf dem Areal abgewickelt werden? Wird es zu laut oder werden die Wohnungen zu teuer? Wie stellt man sich die Stadt der Zukunft vor? Und welche Sorgen treiben die Anwohner um?
"Es spielt eine wichtige Rolle"
Die Debatten liefen nach einem festen Fahrplan ab: Erst haben Experten ausführliche und auch kontroverse Vorträge gehalten (unter anderem die frühere Berliner Senatsbaudirektorin Regula Lüscher sowie Vertreter des Münchner Forums, der Universitäten, des Landesamts für Denkmalpflege, der Münchner Stadtverwaltung, diverse Ingenieurbüros und Planungs- und Architekturbüros aus Deutschland und der Schweiz). Dann wurden Fragen ans Podium gestellt und in Kleingruppen debattiert. Anschließend wurden Thesen und Forderungen vorgestellt und dabei bewertet. Sämtliche Ergebnisse werden in den kommenden Wochen zusammengefasst und voraussichtlich Anfang 2022 an Oberbürgermeister Dieter Reiter übergeben. Eine erste Fassung soll aber bereits Anfang Dezember vorliegen und einigen Teilnehmern zur Korrektur vorgelegt werden.
Das "Bürger*innengutachten" fließe in die weiteren Planungen für das Paket-Post-Areal mit ein und spiele dort eine wichtige Rolle, versicherte die Stadt.
„Ich danke allen Bürgergutachter*innen ganz herzlich für ihr Engagement, das ja keineswegs selbstverständlich ist“, erklärt Stadtbaurätin Elisabeth Merk. „Und ich bin schon unheimlich gespannt auf die Ergebnisse. Fundierte Debatten führen zu fundierten Ergebnissen, das ist die besondere Qualität eines Bürger*innengutachtens.“
Teilnehmer wurden zufällig bestimmt
Das auf mehrere Tage angesetzte Gutachten, das im Auftrag des städt. Referats für Stadtplanung von einem neutralen Ausrichter organisiert wurde, zählt zu den vielversprechendsten, aber auch aufwändigsten Varianten der Öffentlichkeitsbeteiligung. Da die Teilnehmer per Zufallsauswahl aus dem Melderegister ausgewählt wurden, ist in den sogenannten Planungszellen ein breiter Querschnitt der Stadtbevölkerung vertreten – wichtig bei einer Planung, die für ganz München von großer Bedeutung ist.
Chance auf neue Ideen?
Die intensive Auseinandersetzung mit dem Thema gewährleiste eine fundierte Meinungsbildung und eine entsprechend hochkarätige Debatte mit vielen wertvollen Vorschlägen, so die Stadtplaner. Im Fokus der Teilnehmer standen vor allem das Angebot an Freiräumen im Areal, die nachhaltige Gestaltung der Hochhäuser und die möglichen Nutzungen sowie der Betrieb der Paketposthalle. Besonders wichtig am Bürgergutachten sei die Möglichkeit zur Differenzierung: Es gehe nicht um den Versuch, „Schablonen“ für ganz München zu fixieren, sondern um die Suche nach passgenauen Lösungen für eben diesen Standort. Dazu gehört auch die Chance, zielführende Kompromisse und völlig neue Ideen in die Diskussion einzubringen.
„Das Besondere an den Planungszellen ist, dass wir die Bürgerinnen und Bürger sozusagen als Bürgergutachter schlau machen und ihnen dann die Möglichkeit geben, sich wirklich eine Meinung zu bilden. Sie kommen vier Tage lang hierher, erhalten Input von richtig guten Experten, damit sie sich ein Bild machen können, und dann reden sie in Kleingruppen von fünf bis sechs Personen und entwickeln so ein Bürgergutachten", erläuterte Professorin Christiane Dienel, vom mitorganisierenden Institut Nexus.
"... wenn es denn klappt"
„Ich habe das Gefühl, wir erreichen hier etwas", meinte Bürgergutachter Maximilian Hambeck. "Inhaltlich kann ich dazu sagen, dass die Expertinnen und Experten eine tolle inhaltliche Einführung gegeben haben in die Theorie des ganzen Konstrukts. Ich finde, das ist ein tolles Projekt, welches vor allem den Fokus auf die Paket-Post-Halle legt und im Prinzip das Viertel beziehungsweise ganz München aufwerten kann, wenn es denn klappt.“
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