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Rubrik: Gesamt · Stadtteil: München
"Wir müssen weg von einer medizinlastigen Gesundheitspolitik"
SWM-Generaloberin Edith Dürr im Interview
Wochenanzeiger: Sehr geehrte Frau Dürr, der Bayerische Landespflegerat (BLPR) fordert von den Parteien, die morgen zur Landtagswahl antreten, eine „zukunftsorientierte und nachhaltige Pflegepolitik in Bayern“. Sie unterstützen die Forderungen des BLPR. Warum braucht es diese überhaupt?
Edith Dürr: Das Gesundheitssystem unterliegt schon seit vielen Jahren einem Veränderungsdruck. Die Gründe hierfür sind vielfältig. Unter anderem wird unsere Gesellschaft immer älter. Damit steigt der Bedarf an pflegerischer Versorgung rasant an. Gleichzeitig sind Pflegefachkräfte Mangelware, der deutsche Markt ist wie leergefegt. Akute Probleme bei der Personalgewinnung sind die Folge. Vor allem ist damit aber auch die Qualität der pflegerischen Versorgung gefährdet. Der BLPR fordert daher die Parteien auf, die Entwicklung der Profession Pflege als politische Aufgabe endlich ernst zu nehmen. Es braucht Maßnahmen zur Imageverbesserung und zur Attraktivitätssteigerung der Pflegeberufe.
WA: Wie können solche Maßnahmen konkret aussehen?
Dürr: Nehmen wir zum Beispiel das Pflegeberufereformgesetz, das bereits im Sommer 2017 beschlossen wurde. Der BLPR fordert die Parteien auf, sich für die erfolgreiche Umsetzung der Pflegeberufereform einzusetzen. Außerdem muss die hochschulische Pflegeausbildung auf Landesebene verbindlich geregelt werden.
WA : Was meinen Sie mit „ Attraktivitätssteigerung der Pflegeberufe“?
Dürr : Die Arbeits- und Rahmenbedingungen sind in der Pflege anhaltend schlecht. Das ist die größte Herausforderung. Wir müssen weg von einer medizinlastigen Gesundheitspolitik – hin zu einer Politik, die die professionelle Pflege gleichberechtigt im Blick hat. Beispielsweise steigert man die Attraktivität der Pflegeberufe dadurch, dass man eine leistungsgerechte Bezahlung gewährleistet.
WA : Wie kann man Ihrer Meinung nach noch für mehr Qualität in der Pflege sorgen?
Dürr : Durch mehr qualifizierte Pflegepersonen! Um diese zu gewinnen, muss bei den Ursachen für die gravierenden Fachkräfteengpässe in den Pflegeberufen angesetzt werden. Die „NEXT Studie“ hat bereits 2005 die Gründe für den vorzeitigen Ausstieg aus dem Berufsleben aufgedeckt. Das hat beispielsweise mit dem zu gering bemessenen Personalschlüssel zu tun, settingübergreifend. Die Politik muss erkennen, dass es eine am tatsächlichen Pflegebedarf orientierte Personalbesetzung braucht. Überhaupt spricht sich der BLPR insgesamt für die Sicherstellung einer qualitativ hochwertigen, zukunftssicheren und evidenzbasierten pflegerischen Versorgung für alle Bürgerinnen und Bürger Bayerns aus.
WA : Frau Dürr, wir danken Ihnen für dieses Gespräch!
Die Forderungen des Bayerischen Landespflegerats zur Landtagswahl am 14. Oktober 2018 findet man unter:
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