Münchner Wochenanzeiger - Hier werden Sie gelesen
2 x pro Woche mit ca. 2 Millionen Zeitungen
Rubrik: Gesamt · Stadtteil: München
"Wichtig ist eine möglichst frühe Diagnose"
Gedenktag sensibilisiert: Krebs ist bei Kindern die zweithäufigste Todesursache
Alle drei Minuten stirbt nach Angaben von Childhood Cancer International (CCI) weltweit ein Kind an Krebs. Trotz enorm verbesserter Behandlungsmöglichkeiten sind die Heilungschancen dabei sehr unterschiedlich. Während in den hoch entwickelten Ländern mittlerweile mehr als drei Viertel der an Krebs erkrankten Kinder wieder gesund werden, haben in den Entwicklungsländern deutlich weniger Kinder die Chance, die schwere Krankheit zu überleben. Oft fehle es nicht nur an den notwendigen Medikamenten, sondern aufgrund der schlechten Gesundheitssysteme auch an einer fachgerechten zügigen Behandlung und Versorgung, betonte die Internationale Vereinigung der Kinderkrebs-Elternorganisationen anlässlich des Internationalen Kinderkrebstages am 15. Februar.
Möglichst früh erkennen
Auch bei optimaler medizinischer Versorgung sei es wichtig, die Krebserkrankung in einem möglichst frühen Stadium zu diagnostizieren. Dadurch würden die Heilungschancen deutlich verbessert, so CCI. Typische Anzeichen, die auf eine Krebserkrankung bei Kindern hindeuten, können beispielsweise Knoten oder Schwellungen im Bauch und Beckenbereich oder an Hals, Kopf und Extremitäten sein. Auch unerklärliches längeres Fieber, extreme Blässe, Schlappheit, blaue Flecken, häufige Blutungen sowie Schmerzen in Gelenken und im Rücken können ebenso wie Kopfschmerzen, Übelkeit, Erbrechen, Abgeschlagenheit oder Müdigkeit Hinweis auf eine mögliche Krebserkrankung sein. Obwohl viele dieser Symptome auch bei anderen und weitaus harmloseren Krankheiten auftreten, ist es ratsam, wenn sie über einen längeren Zeitraum beobachtet werden, Rat in einem Kinderkrebszentrum zu holen.
Der Internationale Kinderkrebstag wurde 2001 von der CCI (vormals ICCCPO) ausgerufen. Sie ist ein weltweites Netzwerk von Eltern mit krebskranken Kindern. Nach CCI-Angaben erkranken weltweit jedes Jahr etwa 250.000 Kinder an Krebs; in Deutschland sind es rund 2.000. Selbst in den hoch entwickelten Ländern ist Krebs bei Kindern immer noch die zweithäufigste Todesursache.
In Deutschland ist die CCI durch den Dachverband „Deutsche Leukämie-Forschungshilfe – Aktion für krebskranke Kinder“ (DLFH) beziehungsweise durch dessen Stiftung „Deutsche Kinderkrebsstiftung“ vertreten.
"Wichtig ist die frühe Diagnose"
Oberärztin PD Dr. Teichert-von Lüttichau (Kinderonkologie München Schwabing):
In Deutschland erkranken jährlich rund 2.000 Kinder und Jugendliche an Krebs. Die häufigsten Krebserkrankungen sind die Leukämien mit 31 Prozent gefolgt von Tumoren des Zentralen Nervensystems, die ihren Ursprung im Gehirn oder Rückenmark haben, und Lymphomen. Die häufigste Krebsform im Kindesalter ist die Akute Lymphatische Leukämie, die heute sehr gut behandelbar ist und beste Heilungsaussichten hat. Wichtig ist jedoch bei allen Krebserkrankungen eine möglichst frühe Diagnose.
Erheblich bessere Überlebenschancen
Bis Ende der 60er Jahre kam die Diagnose "Ihr Kind hat Krebs" einem Todesurteil gleich, mehr als 80 Prozent der Kinder starben. Im Laufe der letzten Jahrzehnte haben sich die Überlebenschancen aber erheblich verbessert. Die Behandlungen wurden optimiert, es gibt neue Therapien, die zudem weitaus verträglicher sind als noch vor 20 Jahren. Mittlerweile überleben etwa 80 Prozent aller Kinder und Jugendlichen, benötigen aber häufig eine langfristige medizinische und psychosoziale Nachsorge. Obwohl betroffene Eltern heute also sehr viel hoffnungsvoller sein dürfen, bedeutet die Krebserkrankung ihres Kindes immer eine extreme Belastung für die ganze Familie. Immer mehr rückt daher auch die psychosoziale und psychologische Betreuung der Familie in den Fokus.
Krebs bei Kindern und Jugendlichen macht zwar insgesamt nur 1 Prozent aller Erkrankungen beim Menschen aus, ist aber selbst in den hoch entwickelten Ländern bei Kindern immer noch die zweithäufigste Todesursache.
"Die Krankheit hat unser ganzes Leben verändert"
Sophie Hawker, Mutter einer kranken Tochter:
Im August 2017 wurde bei meiner damals vierjährigen Tochter Lola Leukämie festgestellt. Sie hatte Windpocken mit hohem Fieber, dann plötzlich starkes Nasenbluten. Wir gingen zum Arzt, der schickte uns ins Krankenhaus. Dort wurden wir aufgrund von Lolas schlechten Blutwerten und ihrem schlechten Allgemeinzustand gleich aufgenommen. Zwei Tage später kam die Diagnose, völlig überraschend für uns.
Die Krankheit hat unser ganzes Leben verändert, sie beeinträchtigt alle Bereiche unseres Familienlebens. Ich habe meinen Beruf für voraussichtlich ein Jahr aufgegeben und bin jetzt rund um die Uhr für Lolas Betreuung zuständig. Wir sind entweder zuhause oder in der Klinik. Soziale Kontakte sind für Lola über die engste Familie hinaus nur sehr eingeschränkt möglich, da sie durch die Chemotherapie ein suppressives Immunsystem hat. Mein Mann musste vier Wochen ausziehen, da er sich gegen Masern und Röteln impfen lassen musste und der Lebendimpfstoff eine Gefahr für Lola darstellte. Dies war eine sehr schwierige Zeit für uns. Lolas zwei Jahre ältere Schwester hatte anfangs große Probleme, sich auf die neue Situation einzustellen, zumal es die Zeit ihrer Einschulung war. Ihre häufigen Wutausbrüche waren eine echte Herausforderung für uns alle. Inzwischen hat sich die Lage etwas beruhigt, wir haben uns alle so gut es geht an die Situation gewöhnt. Trotz aller Veränderungen und Einschränkungen versuchen wir, der Lage mit so viel Positivität und Normalität wie möglich zu begegnen.
"Wir helfen"
Hans Kiel, Vorsitzender der Initiative krebskranke Kinder München e.V.:
Wir helfen, weil wir als Eltern erfahren haben, wie sich das Leben mit der Diagnose Krebs verändert. Nichts ist mehr wie vorher. Wertschätzungen, Einstellungen und Empfindlichkeiten verändern sich. Der Alltag ist durch die emotionale Belastung und Angst schwer zu bewältigen. Die Familien brauchen während der langen Zeit der Krankheit, aber auch in den Jahren nach Therapie-Ende in den meisten Fällen professionelle Hilfe.
Die 1985 gegründete „Initiative krebskranke Kinder München e.V.“ unterstützt krebskranke Kinder und ihre Familien während der akuten Erkrankung, aber auch in den Jahren danach. Das weite Spektrum der Hilfsangebote reicht von der finanziellen Soforthilfe über die Bezahlung von Personal auf der Kinderkrebsstation, Elternwohnungen in Kliniknähe und Stationsausstattung bis hin zu umfangreichen Nachsorge-Aktivitäten durch die eigene psychosoziale Nachsorge-Einrichtung KONA.
Alle Maßnahmen zielen darauf, die Versorgungsqualität der Patienten zu sichern und die Lebensqualität der Familien in dieser schweren Zeit zu erhöhen. Die Initiative versteht sich als Interessensvertreter und Fürsprecher der betroffenen Familien, kooperiert eng mit den Behandlungsteams der kinderonkologischen Stationen, insbesondere im Klinikum München Schwabing, und finanziert ihre Hilfsmaßnahmen fast ausschließlich aus Spendengeldern.
Mehr Informationen unter www.krebs-bei-kindern.de im Web.
Hier können Sie helfen
Die Initiative krebskranke Kinder München e.V. hilft krebskranken Kindern und ihren Angehörigen. Das Spektrum reicht von der finanziellen Unterstützung über die Bezahlung von Personal, Elternwohnungen und Stationsausstattung bis hin zu den umfangreichen Nachsorge-Angeboten.
Spendenkonto der Initiative krebskranke Kinder München e.V.
HypoVereinsbank München
IBAN: DE 8370 0202 7000 0244 0040.
Copyright: Wochenanzeiger Medien GmbH