Wann braucht ein Igel wirklich Hilfe?
Tierschutzverein München gibt Verhaltenstipps
Igeln sind possierliche Kerlchen, die man gerne beobachtet. Gerade jetzt im Herbst hat man gegen Abend mitunter die Gelegenheit dazu, denn jetzt gilt es für die Stacheltiere, sich auf die kalte Jahreszeit vorzubereiten und sich möglichst viel Gewicht anzufuttern, um den Winterschlaf gut zu überstehen. Tagsüber sind die nachtaktiven Tiere selten zu sehen und wenn doch, so stellt sich für den Betrachter unwillkürlich die Frage, ob der Igel vielleicht verletzt oder krank ist und Hilfe braucht.
Nur in Notfällen
"Igel gehören zu den ältesten wild lebenden Säugetieren und zu den bei uns besonders geschützten Arten", erläutert die Sprecherin des Tierschutzvereins München, Judith Brettmeister. Sie wolle dies vorausschicken, um klar zu machen, dass es verboten ist, diese Wildtiere aus der Natur zu entnehmen. "Das Gesetz macht jedoch eine Ausnahme. Es erlaubt hilfsbedürftige kleine Igel sachgemäß aufzuziehen und kranke Igel gesund zu pflegen – immer vorausgesetzt, dass die Tiere anschließend wieder ausgewildert werden."
Findet man untertags ein Igelbaby mit noch geschlossenen Augen außerhalb des Nestes, so sei dieses wahrscheinlich verwaist, erklärt die Tierschützerin. "Besonders wenn es sich kühl anfühlt, braucht das Junge dringend Hilfe." Kranke und verletzte Igel könne man daran erkennen, dass sie am Tage herumliefen, oft sogar torkelten oder ohne Deckung im Gras oder auf dem Weg lägen. Viele seien apathisch. "Die großen schwarzen Knopfaugen liegen dann meist tief in den Höhlen und sind nur schlitzförmig geöffnet."
Auch Igel, die nach Wintereinbruch im Dauerfrost herumlaufen, benötigen oft Hilfe. Meist sind es spätgeborene Jungtiere, die sich im Herbst kein Fettpolster zulegen konnten. Igel, die im November noch deutlich unter 500 Gramm wiegen, haben ohne Bereitstellung von zusätzlichem Futter kaum eine Überlebenschance.
Fachmännische Hilfe
"Wenn man einen hilfebedürftigen Igel findet, sollte man auf jeden Fall fachmännische Hilfe hinzuziehen", rät Judith Brettmeister. "Krankheiten können nur von einem Tierarzt festgestellt werden. Er kann auch etwaige Verletzungen versorgen und Parasiten entfernen. Unterkunft und Nahrung allein helfen da nicht."
Hat man sich dazu entschlossen, einem aufgefundenen Igel vorübergehend ein Quartier zu bieten, so sollte man ein Pflegeprotokoll anlegen. In dieses werden Funddatum, Uhrzeit, Gewicht und die genaue Fundstelle notiert und die jeweilige Gewichtzunahme, Tierarztbesuche, und verabreichte Medikamente eingetragen. Füttern kann man Katzentrockenfutter, Katzen- und Hundetrockenfutter, hartgekochte Eier, gekochtes Geflügelfeisch und gegartes Hackfleisch. Daruntergemischt werden Haferflocken oder Weizenkleie für die Verdauung. Zum Trinken sollte man ein Schüsselchen Wasser bereitstellen. Milch ist für Igel nicht geeignet. Sie bekommen davon Durchfall. Auch rohe Eier vertragen sie nicht. Als Unterkunft benötigen Igel ein eigenes, etwa zwei Quadratmer großes Gehege mit einem Schlafhäuschen.
Gründlich waschen
"Wenn man ein krankes Tier anfasst, muss man auf besonders gründliche Handhygiene achten, denn Krankheitserreger sind auf Menschen übertragbar", betont Judith Brettmeister abschließend. "Wer am Telefon Rat einholen möchte, wenn er einen Igel findet, der erreicht unsere Tierschutzinspektoren unter Tel. (089) 921000-33."
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