Neue Runde, neue Reise
Mit dem Weißblauen Bumerang auf die Wiesn
Das Grau des Himmels wird nur von schreiend bunter Leuchtreklame unterbrochen. Die junge Dame im Dirndl hält auf dem Weg in das nächste Festzelt tapfer ihren Schirm umklammert. Lebkuchenherzen an Ständen links und rechts sind längst in durchsichtige Plastikfolie eingetütet – es regnet in Strömen auf dem Münchner Oktoberfest, der September hat entschieden: Zum Wiesnauftakt ist der Sommer vorbei.
Einer Besuchergruppe sind Regen, Wind und Wetter allerdings völlig egal: Zirka 30 Kids haben sich vor Feldl's Teufelsrad versammelt, große Augen kommen aus dem Staunen über bunte Fassaden und noch buntere Trachtenoutfits gar nicht mehr heraus, es wird gekichert und geratscht, Finger zeigen auf Luftballons und Aktionsstände. Der freiwillige Helferkreis Weißblauer Bumerang hat die Kinder zum alljährlichen Wiesnbesuch eingeladen. Vor 13 Jahren hat das Ehepaar Luise und Erwin Ritthaler den Bumerang ins Leben gerufen; unter dem Motto "Wir helfen Kids!" organisieren die Eheleute seitdem mit Gleichgesinnten ehrenamtliche und direkte Hilfe für sozial benachteiligte oder geflüchtete Kinder. Der Besuch auf dem Oktoberfest ist schon lange liebgewonnene Tradition und einer der Höhepunkte des Jahres.
Große Augen, große Aufregung
In diesem Jahr sind die LOK Freimann, die LOK Arrival und das Caritas-Projekt Freudentanz mit ihren Schützlingen der Einladung des Helferkreises gefolgt. Eva-Maria Weigert von Freudentanz ist mit Kids aus fünf Nationen gekommen: Syrien, Irak, Afghanistan, Albanien, Kosovo. Für die meisten ist es der erste Ausflug auf ein Volksfest – und dann gleich auf das größte der Welt, da ist die Aufregung natürlich riesig. "Auf geht's, wir können schon rein", ruft Ritthaler den Kindern zu. Diese lassen sich das nicht zweimal sagen und stürmen das Teufelsrad. Elisabeth Polaczy, Chefin des Fahrgeschäfts, unterstützt den Weißblauen Bumerang seit der Gründung und spendiert kostenlose Runden für die Kleinen: "Seit so vielen Jahren sind wir jetzt dabei und freuen uns jedes Mal wieder, den Kindern ein Abenteuer zu ermöglichen."
Teuflisches Vergnügen
Und abenteuerlich wird es tatsächlich: Es geht rund auf dem Rad – im wahrsten Sinne des Wortes. Zuerst ganz langsam, dann immer schneller dreht sich die Scheibe, auf der die Kinder Platz genommen haben. Die ersten landen bereits in der weich gepolsterten Bande. Andere sitzen noch felsenfest in der Mitte und werden lautstark angefeuert. Immer tückischer wird das Rad, ein großer Stoffball fällt von der Decke herab, Seile ziehen auch die letzten Kämpfer herunter – wahrlich ein teuflisches Vergnügen. Und die Kids lernen schnell dazu: Obwohl sie sich untereinander nicht alle kennen, sind sie bei der nächsten Runde bereits so eng aneinander gerückt, als wären sie beste Freunde, gegenseitig wird sich gehalten und gezogen, so widerstehen alle dem Sog der Scheibe viel länger.
"Das ist Integration"
"Nochmal, nochmal", ertönen die Rufe und mit jeder weiteren Fahrt werden die Kids mutiger und haben einen Riesenspaß. "Das ist gelungene Integration", erklärt Erwin Ritthaler stolz und weist mit der Hand auf die Scheibe, wo Kinder aus unterschiedlichen Ländern, mit unterschiedlichen Geschichten, Kulturen und Sprachen in heller Begeisterung miteinander lachen, kreischen und Freundschaft schließen.
Inzwischen haben die Ritthalers neben dem Teufelsrad zahlreiche weitere Wiesngeschäfte als Sponsoren gewinnen können: Michael Menzel und seine Münchner Zugspitzbahn, die Simulationsanlage Omni und gleich zwei Auto-Scooter geben den Kindern vom Weißblauen Bumerang eine oder auch einmal mehrere Fahrten aus. Bei Geier's Mandelküche darf sich die Gruppe gebrannte Mandeln oder süße Zuckerwatte schmecken lassen und die Firma Fesey steuert das Andenken an den Wiesnbesuch bei: ein schönes Lebkuchenherzerl. Die Schausteller helfen gerne – direkt und unbürokratisch. Dafür bekommen sie ein kräftiges, im Chor vorgetragenes Dankeschön von den Kindern, bevor es weitergeht: auf zur nächsten rasanten Fahrt, in das nächste Abenteuer.
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