Josef Schmid, CSU
- geboren am 27. September 1969 in München
- verheiratet, Vater von zwei Kindern
- 1987 Eintritt in die CSU
- seit 2004 Vorsitzender des Kreisverbandes CSU München-West
- seit 2007 Vorsitzender der CSU Stadtratsfraktion im Münchner Rathaus
- seit 2011 stellvertretender Bezirksvorsitzender der CSU München
"Die Weltstadt München zieht Menschen aus Bayern, Deutschland, Europa und der ganzen Welt an. München wächst, doch die Attraktivität unserer Stadt macht sich schon heute auf dem Wohnungsmarkt negativ bemerkbar. Für mich gilt: Mieten in München müssen für alle Bevölkerungsschichten bezahlbar bleiben. Deswegen ist es mein Ziel, möglichst schnell mehr Wohnraum zu schaffen, ohne die gewachsenen Strukturen Münchens zu gefährden."
Der Werbe-Spiegel, der Sendlinger Anzeiger und das SamstagsBlatt haben eine Politiker-Reihe, genannt „Aug' in Aug' mit der Politik“, ins Lebens gerufen, bei der sich Entscheidungsträger mit einem kurzen Statement zu einem bestimmten Thema äußern können.
Sind Senioren überrepräsentiert?
"Nein! 23,1 % von über 60-Jährigen in München mit zunehmender Tendenz sprechen für sich. Ihre Lebensweisheit nutzt uns allen. Senioren wissen aber auch, wie wichtig die Jugend und ein Generationen übergreifendes Miteinander ist, deshalb müssen auch Jüngere gefördert werden."
Teure Ehrenrunde: Soll das Sitzenbleiben in Bayern abgeschafft werden?
"Ich bin gegen die Abschaffung, da mit der Flexibilisierung der Grundschulzeit von 3-5 Jahren und der Einführung des Intensivierungsjahres beim Gymnasium das Notwendige getan wurde, damit man Entwicklungsverzögerungen von einzelnen Kindern gerecht wird."
Welche Veränderungen streben Sie auf dem Münchner Mietmarkt an?
"An den Einfallstraßen und in bestehenden urbanen Lagen könnten wir auf die vier- und fünfgeschossigen Gebäude zwei Stockwerke aufsetzen für 100.000 zusätzliche Wohnungen. Die Umwandlung von Gewerbe- in Wohnraum würde neuen Wohnraum schaffen. Durch die Untertunnelung von Verkehrsadern könnten wir Flächenpotenziale für den Wohnungsbau heben. Baugenossenschaften müssen wir fördern ebenso wie die Menschen durch ein kommunales Wohngeld."
Gewalt gegen Frauen: Sollte der Staat mehr Geld in Präventionsmaßnahmen investieren?
"Sicherheit einerseits durch Prävention, andererseits durch Repression. In den Schulen muss die Sensibilisierung dahingehend verstärkt werden, dass gerade jungen Frauen für sie gefährliche Situationen erkennen und meiden. Zudem muss aus meiner Sicht eine wirksame Selbstverteidigung für eine effektive Notwehr geschult werden. Es steht zu erwarten, dass das Gesetz zur Stärkung der Rechte von Opfern sexuellen Missbrauchs verabschiedet wird. Dieses und die Strafgesetze müssen konsequente Anwendung finden."
Was erwarten Sie von Papst Franziskus?
"Ich war freudig überrascht, dass sich das Konklave unerwartet schnell und dann auch noch auf den Erzbischof von Buenos Aires geeinigt hat. Mit einem Argentinier verbinde ich Lebensfreude, Emotionen und Offenheit. Ich gehe davon aus, dass Papst Franziskus sein Amt mehr als Arbeitsauftrag sieht denn als intellektuelle Herausforderung. Und ich hoffe, dass sein Pontifikat den Beginn einer neuen, hoffnungsvollen, den Menschen zugewandten, weltoffenen Periode in der Kirchengeschichte markiert."
Alkoholverbot an öffentlichen Plätzen?
„Ich bin der Ansicht, dass es auch ohne Alkoholverbot ausreichend Instrumente gibt, auf diese Problemlage zu reagieren. Zum Beispiel verstärkte Polizeipräsenz oder das Aussprechen von Platzverweisen. Ein Verbot bringt schließlich nur etwas, wenn es auch kontrolliert werden kann. Ich appelliere stattdessen an die Menschen in München: Nehmt einfach (mehr) Rücksicht aufeinander!"
Soll die Wasserversorgung in Deutschland privatisiert werden?
"Trinkwasser ist ein öffentliches, lebensnotwendiges Gut. Eine Privatisierung der Wasserversorgung lehne ich daher strikt ab. Wir haben im Stadtrat wiederholt, zuletzt Ende März beantragt, alle Wassergewinnungs- und Wasserversorgungseinrichtungen einschließlich der Grundstücke und Leitungen in den städtischen Hoheitshaushalt zu übertragen. Das bedeutet, dass die Gemeinde wieder Eigentümerin aller zur Wasserversorgung erforderlichen Dinge wird und nicht mehr die Stadtwerke Eigentümer sind, die als privatrechtliche GmbH agieren. So könnte unsere Münchner Wasserversorgung gesichert und den europäischen Privatisierungstendenzen entzogen werden. Wir müssen unser Wasser als Allgemeingut erhalten!"
Sexuelle Belästigung in Chaträumen: Sind Sie der Meinung, dass zum Schutz der Heranwachsenden seitens des Staates alles Menschenmögliche getan wird, um im Internet korrigierend und beschützend einzuwirken?
„Kindern müssen im Umgang mit dem Internet durch Eltern und Schule geschult werden. Bayern bietet hierzu den „Medienführerschein“ an, der einen verantwortungsvollen Umgang mit dem Netz vermittelt. Hinzu kommen
Veranstaltungen wie z.B der „Safer Internet Day“. § 176 StGB stellt das Einwirken auf Kinder mit der Absicht einer sexuellen Handlung unter Strafe. Diese Vorschrift muss konsequent angewandt und auf Ermittlungsbehörden bei der Verfolgung von Pädosexuellen erweitert werden. Auch eine Speicherung der Daten durch die Chat-Anbieter würde eine Ermittlung der Täter vereinfachen. Die Betreiber der Portale müssen wirksame Jugendschutzvorkehrungen treffen.“
Ist der Entertainer Stefan Raab ein angemessener Moderator für das TV-Duell zwischen Angela Merkel und Peer Steinbrück?
"Die Politik ist wahrlich oft trist und könnte sicher mehr "bunt" vertragen. Aber bei alledem darf man nicht vergessen, dass Politik harte Arbeit ist und um Lösungen für komplexe Themen ringt. Mit einem Ulk oder
Jux hat politische Arbeit nichts zu tun. Das sollte sich auch in der Auswahl eines Moderators widerspiegeln, der politische Zusammenhänge einordnen und erklären kann. Stefan Raab mag ich bei allen anderen Moderationen und Aktionen, von TV Total bis Wok-WM und Turmspringen. In einer Politik-Sendung kommt sein zweifellos großes Talent als Entertainer jedoch nicht so gut zur Geltung, finde ich.
Haben Sie mit Ihren Eltern, Großeltern oder Verwandten über die NS-Zeit und den 2. Weltkrieg gesprochen?
"Vor allem mit meiner Oma habe ich oft darüber gesprochen, was sie als Pflichtmitglied beim Bund Deutscher Mädel, erlebt hat. Wie ihre persönlichen Erfahrungen in der Nazizeit vor und während des Krieges und dann während der amerikanischen Besatzung waren. Was sie selbst politisch von Adolf Hitler und dem Nationalsozialismus mitbekommen hat. Aufgrund dieser Gespräche wurde mir schon als jungem Menschen klar,
dafür einzutreten, dass Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus in unserer Heimat nie wieder Fuß fassen dürfen."
Soll die Videoüberwachung an öffentlichen Plätzen ausgeweitet werden?
„Die Herstellung und Beibehaltung der Sicherheit im öffentlichen Raum ist eine wichtige Aufgabe der Politik. Die Videosicherung trägt dazu bei – sie hilft bei der Ermittlung von Straftaten (siehe zuletzt Boston), wirkt aber auch erwiesener Maßen präventiv. Deshalb hat sich die CSU im Münchner Rathaus immer für eine gute Videosicherung, zum Beispiel in öffentlichen Verkehrsmitteln, aber auch an Kriminalitätsschwerpunkten eingesetzt. Wir haben gute Erfahrungen mit der Videoüberwachung in der U-Bahn, am Orleansplatz, am Sendlinger Tor, dem Oktoberfest und am Christkindlmarkt gemacht. Dort, wo das Gefährdungspotenzial für die Bevölkerung latent hoch ist und wo feststeht, dass sich Kriminalität nicht einfach nur verlagert, ist der
Einsatz der Videosicherung sinnvoll. Eine flächendeckende Videoüberwachung wollen wir hingegen nicht.“
Welches Buch würden Sie anderen weiterempfehlen?
"Wie so oft habe ich neben den umfangreichen Stadtrats-Beschlussvorlagen mehrere 'Buchprojekte' gleichzeitig. Seit einigen Tagen blicke ich in das Buch 'Stadtnatur - eine Heimat für Tiere und Pflanzen' des Abteilungsleiters der Zoologischen Staatssammlung München, Josef Reichhof. Im Vorwort schreibt Reichhof: 'Warum ist die Stadtnatur so, wie sie (geworden) ist? Was sind die Gründe für die überraschende Vielfalt an Arten, die wir in den Städten vorfinden? Welche Chancen bietet uns >>Natur in der Stadt< Entwicklung von Städten?' Auf diese Fragen erhoffe ich mir Auskunft durch das Buch, denn über die ersten Seiten bin ich bislang leider noch nicht hinausgekommen. Es ergeben sich sicherlich auch Antworten auf
viele Fragen meiner beiden Kinder."
Mangelnde KiTa-Plätze: Was möchten Sie in Ihrem Stadtteil/Stimmkreis konkret unternehmen, um Betreuungsplätze zu schaffen?
"In Allach-Untermenzing setze ich mich persönlich für Eltern und Kinder ein und bearbeite entsprechende Hinweise. Erst letzte Woche habe ich z.B. drei Eltern-Schreiben mit dem Hinweis zur Unterstützung der Eltern an
die Verwaltung geleitet. Die rot-grüne Stadtratsmehrheit hat versäumt, für bedarfsgerechte Kinderbetreuung zu sorgen. Die zuständigen städtischen Referate liegen bei der Bedarfsermittlung meist weit daneben, die Umsetzung von der Planung über die Genehmigung bis zur Bezugsfertigkeit von Einrichtungen dauert viel zu lange. Wenn ich die Stadt regiere, hat die Schaffung der erforderlichen Betreuungsangebote absolute Priorität. Denn mein Ziel ist, dass jedes Kind einen Betreuungsplatz erhält, das einen braucht."
Würden Sie die Riester-Rente empfehlen?
"Ich stelle fest: Weder bin ich Anlage- noch Rentenberater. Die Riester-Rente ist für mich jedoch nicht der große Wurf der Regierung Schroeder/Fischer, als der sie eigentlich gedacht war. Grundsätzlich mag die staatliche Förderung über Zulagen und Steuervorteile für die meisten Menschen eine gute Sache sein, allerdings ist diese an diverse Bedingungen geknüpft. Wie bei jeder Anlageform empfiehlt es sich daher dringend zu prüfen, ob die Lebensumstände und finanziellen Verhältnisse zur gewählten Anlageform passen."
Stadtteil-Check: Was möchten Sie in Ihrem Stimmkreis am dringendsten verändern?
"Das Pasinger Zentrum gleicht seit Jahren einer einzigen Baustelle, überall wird gebuddelt, ein Ende ist nicht absehbar. Unter deswegen fehlenden Park- und Anfahrmöglichkeiten, Lärm, Staub und Schmutz leiden die Menschen, vor allem auch Händler, Gewerbetreibende und Selbständige. Ich trete im Stadtrat dafür ein, dass die Arbeiten beschleunigt werden, damit die Bauarbeiten endlich möglichst bald ein Ende haben und auch die
Taxis wieder durchkommen und einen gut erreichbaren Standplatz haben. Die Geduld der Pasinger ist langsam aber sicher erschöpft!"
Land unter! Sollte Bayern mehr Geld in den Hochwasserschutz investieren?
"Der Freistaat hat seit 2001 bereits rund 1,6 Milliarden Euro in den Hochwasserschutz gesteckt. Weitere 0,7 Milliarden Euro sollen bis 2020 folgen. Mit den bisherigen Investitionen konnten etwa 400.000 Menschen
zusätzlich geschützt, Deiche auf 420 km saniert und rund 760 km Gewässerstrecken renaturiert werden, die Isar gehört auch dazu. Der Freistaat tut also schon sehr viel für den Schutz vor Hochwasser, München hat sich in seinem Bereich zur Hälfte an den Isar-Renaturierungs-Kosten beteiligt. Insgesamt muss man auch über die
Schaffung natürlicher Flächen, wo die Flüsse ohne Schäden für die Bevölkerung übertreten können, nachdenken. Dies erfordert viel Zeit, weil hieran viele Menschen zu beteiligen sind. Ganz und gar wird sich
Hochwasser aber nie vermeiden lassen, fürchte ich."
Sprachreformen an der Uni Leipzig: Ist die Einführung ausschließlich weiblicher Titel sinnvoll?
„Von der Einführung einer rein weiblichen Form von Amtsbezeichnungen in öffentlichen Einrichtungen halte ich nichts. Genauso wenig davon, dass z. B. der Europarat fordert, Begriffe wie Vater oder Mutter, weil vermeintlich sexistisch, durch das Neutrum „Elter“ zu ersetzen. Denn es gibt sie nun einmal – die Geschlechter, nicht nur von der Gesellschaft zugewiesene Geschlechterrollen, und das ist gut so. Fest steht, dass noch immer sind zu wenig Frauen in Führungspositionen sind, sich der berufliche Wiedereinstieg nach der Babypause oft mehr als tückisch
gestaltet, noch immer viele Frauen im Vergleich weniger Geld für ein- und dieselbe Arbeit erhalten und die Vereinbarkeit von Familie und Beruf noch immer oft nicht geübte Praxis ist, um nur einige Beispiele zu nennen. Es gibt also schon noch einiges zu tun. Daran müssen wir arbeiten, eine bloße „Verweiblichung“ von Titeln hilft da nicht weiter.“
Sind Sie zufrieden mit den öffentlichen Verkehrsmitteln in München?
"Grundsätzlich ist der Münchner öffentliche Personennahverkehr (ÖPNV) verlässlich, wenn auch nach wie vor Pannen passieren. Die aktuellen Zugausfälle bei der U-Bahn aufgrund defekter oder fehlender Fahrzeuge
verärgern die Fahrgäste zurecht. Da der ÖPNV aber insgesamt immer mehr an seine Kapazitätsgrenzen stößt, sei es durch den Zuzug von Menschen oder den Umstieg auf dieses Verkehrsmittel, muss er dringend ausgebaut
werden. Für mich ist die U-Bahn die wichtigste Säule – sie verbraucht an der Oberfläche keinen Verkehrsraum, die Fahrgäste sind an ihren Haltestellen nicht Wind und Wetter ausgesetzt. Daher müssen wir den Weiterbau der U4 vom Arabellapark nach Johanneskirchen, der U5 von Laim nach Pasing und der U6 nach Martinsried forcieren. Zudem sollten wir Ringverbindungen, z. B. die Verlängerung der U1 von Moosach nach Pasing
über Ober-/Untermenzing oder Allach ins Kalkül ziehen. Busse und Tram sind die zweite Säule des ÖPNV, eigenen sich aber nicht als Langstrecken-Verkehrsmittel, sondern nur zur Unterstützung zwischen den
U- und S-Bahn-Ästen. Einen ganzen neuen Stadtbezirk wie Freiham mit bis zu 20.000 Menschen mit der Tram zu erschließen, wie Rot-Grün das tut, erschließt sich mir nicht im geringsten."
Sind Sie zufrieden mit dem deutschen Schulsystem?
"Ich finde es gerecht, wenn Kinder ihren Begabungen entsprechend gefördert werden. Da Schulpolitik Ländersache ist, kann ich auch nur das bayerische Schulsystem bewerten. Für mich ist dieses gerecht: Es ist so differenziert und vielgliedrig, dass es für die Kinder in ihren unterschiedlichen Begabungen, Fähigkeiten und Bedürfnissen das passende Angebot bietet. Dazu trägt auch die verbesserte Durchlässigkeit zwischen den Schularten bei, es gibt keinen 'Abschluss ohne Anschluss'. Menschen sind nun einmal unterschiedlich begabt, alle zum Abitur durchzuschleusen macht Bildung aus meiner Sicht nicht gerechter. Außerdem: Die Hochschulreife in Bayern erreichen 43 Prozent über die beruflichen Abschlüsse (FOS, BOS). Mit noch mehr individueller Förderung, zum Beispiel dem konsequenten Ausbau der Ganztagsangebote, werden die Chancen für Kinder aus den unterschiedlichsten Elternhäusern erhöht. Deswegen genehmigt der Freistaat auch jeden Antrag auf die Einrichtung eines Ganztagszuges. Im Jahr 2011 hat die Stadt München jedoch gar keinen solchen Antrag gestellt! Ein schweres Versäumnis, wie ich finde. Ebenso stellt die Stadt nicht ausreichend Räumlichkeiten für den Ganztagsausbau zur Verfügung. Da ist erheblicher Handlungsbedarf!"
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