"Gegen Hass. Bunt, gemeinsam, stark!"
Das war der Christopher Street Day 2020 in München
Es war ein stiller Protest, fast feierlich und sehr politisch. Unter strengster Einhaltung der Hygiene-Auflagen versammelten sich in der Münchner Innenstadt am Samstag, 11. Juli, ab 12 Uhr Hunderte LGBTI*-Aktivist*innen, um für gleiche Rechte und Akzeptanz zu protestieren. Dieses Jahr nach dem Motto: „Gegen Hass. Bunt, gemeinsam, stark!“.
Auf exakt 45 Demo-Spots standen sie vom Marienplatz aus Richtung Sendlinger Tor, Odeonsplatz und Stachus drei Stunden lang gleich einem Regenbogennetz für die vielen LGBTI*-Organisationen, -Gruppen und -Initiativen der Stadt und die 14 politischen Forderungen der Münchner Community ein, je sechs pro Gruppe. Ein innovatives Konzept, das seinesgleichen sucht.
"Sichtbarkeit ist wichtig"
„Alles lief friedlich, die Stimmung war gut“, sagt Alexander Kluge, Geschäftsführer des Christopher Street Day (CSD) München. Alle hielten sich weitgehend an die Abstandsregeln, es gab keinen Gegenprotest und mit ihrer bloßen Anwesenheit erreichten die Münchner LGBTI*-Organisationen Tausende Zuschauer*innen, die am Samstag durch die Stadt flanierten. Tatsächlich war – trotz der Distanz – der Austausch mit den Passant*innen an manchen Stellen intensiver als in so manch regulärem CSD-Jahr, berichten Teilnehmende.
„Sichtbarkeit ist gerade im Corona-Jahr wichtig“, sagt CSD-Sprecher*in Julia Bomsdorf. „Wir hatten 2020 keine PolitParade, trotzdem sind Homo- und Trans*-Phobie wieder in unsere Parlamente und Straßen eingezogen. Wir sind deshalb froh, dass wir in München Präsenz zeigen konnten.“
Populärer Live Stream
Rathaus und Marienplatz waren mit Regenbogenfahnen beflaggt. Im Glockenbachviertel leuchten von den Ampeln Liebespaare aller Couleurs. Ja, sogar einzelne Zebrastreifen erstrahlten zur PrideWeek in den bunten Farben der LGBTI*-Community. Für die Community selbst hatten die CSD-Organisator*innen in kürzester Zeit einen Live Stream auf die Beine gestellt, der im Schnitt über alle Kanäle durchgehend 1.000 Menschen vor den Bildschirmen versammelte. Die Mischung aus Community-Talks, Spots aus der virtuellen PolitParade, Musik, Live-Acts, Drag Shows und Zuschauer*innen-Aktionen aus dem neuen Lesbisch-queeren Zentrum LeZ kam offenbar an.
Große Spendenaktion
Bei alledem darf man nicht vergessen: Der CSD agiert im Krisenmodus. Weil wegen Corona viele große Events der PrideWeek ausgefallen sind wie zum Beispiel das RathausClubbing, gehen dem CSD wichtige Einnahmen verloren. Im Rahmen einer Crowdfunding-Kampagne auf der Plattform Start Next/#kreativmünchen sind bereits 17.000 Euro eingegangen, die dem Pride-Team halfen, die Veranstaltungen 2020 zu stemmen, zum anderen aber sichern sie Organisation und Infrastruktur des CSD München für die Zukunft.
München zeigt sich solidarisch
Auf Spreadshirt.de gibt es außerdem einen Fanshop, der T-Shirts, Hoodys und Atemmasken im schicken CSD-Look (Design: Frank Zuber) bereithält. Sie kommen beim Publikum gut an. „Dafür sagen wir Danke“, so Sprecher Thomas Niederbühl, der sich über die gelebte Solidarität freut. „Jeder Euro hilft!“
Seit 40 Jahren demonstrieren Lesben, Schwule, Bi, Trans* und Inter* in München für gleiche Rechte und Akzeptanz. Bei der größten Veranstaltung der LGBTI*-Community im süddeutschen Raum finden innerhalb einer neuntägigen PrideWeek normalerweise mehr als 60 Veranstaltungen statt. Heuer waren es knapp 30. Höhepunkte sind die Politparade durch die Innenstadt mit 155.000 Teilnehmer- und Zuschauer*innen (2019), das zweitägige Straßenfest rund um den Marienplatz und das Party-Event RathausClubbing. Im Corona-Jahr demonstrierten über 300 Menschen an 45 Demo-Spots; der Live-Stream brachte durchgehend 1000 Zuschauer*innen zusammen.
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