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Rubrik: Gesamt · Stadtteil: München
Es zwickt? Es kneift?
Was man wohl am besten macht, wenn nicht mehr passt die Lieblingstracht
Tracht ist etwas Besonderes. Das weiß sie auch. Zu Recht ist sie gelegentlich etwas eigenwilliger als andere „Klamotten“. Sie mag es gar nicht, wenn man sie unbeachtet im dunklen Schrank versauern lässt – womöglich gleich neben hochnäsiger Markenjeans und geschwätzigem Schlapperpulli. Da kann sie schon mal richtig zickig werden.
Wer sich nur alle Jubeljahre um seine Tracht kümmert oder gar nur einmal im Jahr - zur Wiesn - mit ihr ausgeht, der merkt schnell, wie übel sie das nimmt.
Da kneift das Dirndl eifersüchtig, da zwickt das Wams hinterhältig an den schlimmsten Stellen, da presst die Hose das Bäuchlein besonders hartnäckig über den Bund.
Hätte man seinem besten Stück doch mehr Aufmerksamkeit geschenkt! Zu spät. Die Lektion sitzt: Eine Tracht behandelt man nicht, als wäre sie eine Selbstverständlichkeit. Sie will Zuwendung und das Gefühl, gebraucht zu werden. Dann tut sie alles für ihren stolzen Besitzer und zieht alle Blicke auf ihn und sie.
Eine Tracht, die man achtlos im Schrank hängen lässt, wird schnell feststellen, dass sie und ihr Mensch einfach nicht mehr zusammenpassen, und wendet sich von ihm ab - da hilft kein Quetschen, Pressen, Luftanhalten und gutes Zureden mehr.
Dann wird es Zeit, hoch und heilig Besserung zu geloben – vielleicht mit einer neuen Tracht. Wer nie vergisst, wie wohl er sich gefühlt hat, als er das erste Mal mit ihr zusammen war, wird sie ganz bestimmt nie vernachlässigen.
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