"Beginnt im Verlag, endet am Küchentisch"
Auszubildende beim Wochenanzeiger erleben den Druck des Samstagsblattes
Die Digitalisierung hat auch vor den Berufsbezeichnungen nicht Halt gemacht. Die „Verlagskauffrau“ gibt es nicht mehr. Die beiden neuen Auszubildenden der Wochenanzeiger Medien GmbH haben im September im Verlag eine Ausbildung zur Medienkauffrau Digital und Print begonnen. Trotz moderner IT-Möglichkeiten – vieles ist im Verlagswesen immer noch „old school“, wie es der geschäftsführender Gesellschafter Roland Binder bezeichnete. Am Anfang der Ausbildung stand deswegen ein Ausflug in das Druckzentrum des Süddeutschen Verlags in Steinhausen auf dem Programm. Hier sollten die neuen Mitarbeiterinnen live erleben wie das Samstagsblatt, aber auch Werbe-Spiegel, Sendlinger Anzeiger, Parsberg Echo, Weilheimer und Peißenberger Echo gedruckt werden.
Neben den beiden Azubis hatten sich noch weitere Mitarbeiter der Führung angeschlossen. Im Eingangsbereich des Druckhauses traf die Gruppe auf Josef Schießl, Geschäftsführer der SV Zeitungsdruck GmbH. „Die Welt funktioniert nicht nur digital“, gab er den Besuchern mit auf den Weg. Gerade angesichts des Informationsdurcheinanders im Internet sind Zeitungen, die vernünftig und seriös publizieren, besonders wichtig.
Das Druckhaus in München-Steinhausen steht für diese Werte, so wie die Wochenanzeiger Medien GmbH. Beide verbindet eine jahrzehntelange vertrauensvolle Geschäftspartnerschaft.
200 Meter lange Hallen
Es ist eine andere Welt, in die die Besuchergruppe eintrat. Fast kamen sie sich wie Bewohner der Insel Liliput vor. Die acht Druckmaschinen befinden sich in 200 Meter langen Hallen. Gigantisch sind auch die Ausmaße der tonnenschweren Papierrollen, auf denen die Zeitungen gedruckt werden. Bis unter das Dach der riesigen Industriehalle stapeln sie sich. „Das Papier auf einer Rolle ist 20 Kilometer lang“, informierte Jürgen Schulze aus der Produktionssteuerung, der die Gruppe leitete. 200 Rollen werden pro Tag benötigt. Für die Wochenzeitungen müssen aber keine exotischen Wälder abgeholzt werden. Das Zeitungspapier ist Altpapier und stammt aus Schongau, erklärte Jürgen Schulze.
Die Führung durch das imposante Druckhaus sprach alle Sinne an. Es roch nach Farbe, die Ketten, an denen die Papierbahnen vorbeifuhren, um bedruckt, gefalzt und zu kleinen Stapeln verpackt zu werden, waren ganz schön laut. Die Arbeiter tragen Ohrenschutz, für die Feinabstimmung - beispielsweise bei der Druckfarbe - bedienen sie ihre Computer in den Schallschutzkabinen.
Ein paar unbedruckte Zeitungen
An einer Druckmaschine gab es gerade einen Wechsel beim Druck der beiden Samstagsblatt-Ausgaben. Zunächst fielen etliche Zeitungen mit unbedrucktem Papier auf das Fließband, „damit die Druckzylinder synchronisiert werden“, klärte Schulze auf. Vier Stunden dauert es, bis das Samstagsblatt in einer Auflage von über 230.000 Exemplaren gedruckt ist. Das geschieht am Vormittag. In der Nacht kommen die Tageszeitungen dran.
An einer Maschine arbeiten vier Mitarbeiter. Insgesamt sind in der Drucktechnik 290 Leute beschäftigt. Die Automation hat zu Einsparungen geführt. „1998 waren wir noch 900“, erinnerte sich Schulze. Die Arbeit ist im Vergleich zu früher längst nicht mehr so anstrengend.
Heute wird im Offsetverfahren mit Gummizylindern auf Papier gedruckt. Zwischen 1950 bis 1982 war der „Bleisatz“ das geläufige Verfahren. Am Tag wurden im Druckhaus damals 3.000 Platten bedruckt, eine davon wog 20 Kilo und zwischen den Maschinen herrschten Temperaturen von bis zu 45 Grad Celsius.
Offsetdruck statt Bleisatz
Im Offsetverfahren werden die leichten Aluplatten per Laser belichtet und kommen in eine Entwicklungseinheit. Auf der stellenweise aufgerauhten Aluschicht haften die Farben unterschiedlich. Buchstaben, Fotos, Anzeigen erscheinen als negativ. Die Platten fahren über Fließbänder durch die verschiedenen Stationen, werden über einen Barcodeleser geschoben, einander zugeordnet, damit später die Seitenfolge stimmt.
Am Ende der Führung kann die Gruppe die fertigen Zeitungspakete in Augenschein nehmen. Automatisch wurden die bestellten Beilagen einsortiert und das Ganze dann in handliche Stapel verpackt. Vor dem Druckhaus können die Fahrer das frisch gedruckte Samstagsblatt abholen und zu den Zustellern bringen. „Die Arbeit beginnt im Verlag und endet am Küchentisch“, hatte Druckhaus-Chef Schießl anfangs erklärt. Jetzt kennen die beiden Auszubildenden auch die Zwischenschritte.
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