Auszug: Warum bei der Ersteinrichtung billig häufig doppelt kostet
Endlich raus aus Hotel Mama. Endlich eine eigene Wohnung in einer der für junge Menschen schönsten Großstädte Europas. Leider aber auch einer relativ teuren City , das gehört bei München einfach dazu. Doch gerade die recht hohen Lebenshaltungskosten sollten Grund genug sein, bei der Ersteinrichtung zwischen Heizlüfter, Trockner und Dunstabzugshaube nicht nur den Spargedanken zum Leitstern zu machen.
Durchgehende Qualität kostet Geld
Jeder wird das Beispiel kennen: Man kauft sich etwas, das wirklich günstig war. Vielleicht ein Fernseher aus dem Discounter fürs Schlafzimmer. Auf jeden Fall etwas, dem man schon aufgrund dessen, dass es kein Markengerät ist, keine lange Lebensdauer attestiert. Doch das Ding läuft und läuft, ohne das kleinste Problem.
Sehr viele junge Menschen (allerdings auch ältere Semester) lassen sich von solchen Stories leiten: Warum für hohe Preise ausgeben, wenn man die gleiche Lebensdauer auch bei einem viel günstigeren Produkt bekommt? Doch genau hier liegt die Krux: Das Beispiel vom unkaputtbaren Discounter-Fernseher ist ein Effekt unseres Gehirns , der sogar Forscher verblüfft. Der, der selektiven Erinnerung. Wir behalten ihn nur deshalb so im Hinterkopf, weil es eine Ausnahme von der Regel ist. Bei einem No-Name-Gerät erwartet man einfach nicht, dass es viele Jahre lang seinen Dienst versieht. Auf gut Deutsch: Dass Billiggeräte ungewöhnlich lange durchhalten, kann zwar durchaus vorkommen, ist aber die Ausnahme von der Regel.
Umgekehrt kennen natürlich auch viele den Fall vom teuren Markengerät, das schon nach wenigen Monaten den Dienst verweigerte und ein Fall für endlose Gewährleistungsansprüche mitsamt Beweislastenumkehr war. Und das bestätigt viele noch mehr, sich bei der Wahl ihrer elektrisch/elektronischen Einrichtungsgegenstände noch mehr auf günstige Geräte zu fokussieren.
Allerdings kommt hier eine Tatsache: So, wie es häufig Zufall ist, dass ein sehr günstiges Gerät unheimlich lange lebt, so sehr ist es Zufall, dass Markengeräte deutlich früher schlappmachen. Das, was vor allem im Netz unter dem Schlagbegriff Geplante Obsoleszenz, also vom Hersteller eingeplantes Kaputtgehen, verbreitet wird, ist nach einer großangelegten Studie des Umweltbundesamtes nicht nachweisbar. Viel mehr wird meistens (und immer häufiger) deshalb neu gekauft, weil dank der heutigen Modellzyklen Geräte viel rascher veralten.
Für den Kaufpreis der Geräte, den man anpeilen sollte, hat das eine ganz spezielle Bedeutung:
- Je eher es sich um Markengeräte mit dementsprechend höheren Preisen handelt, desto kontinuierlichhöher ist die Qualität. Anders formuliert, mehr Markenfernseher erreichen ein hohes Lebensalter und weniger gehen vorzeitig kaputt als es umgekehrt bei einem No-Name-Gerät der Fall wäre.
- Vor allem höherklassige Markengeräte sind, was Leistung, Anschlüsse, Verbräuche usw. anbelangt, meist nicht nur für heutige Standards sehr modern, sondern darüber auch längerfristig moderner. Wenn heute ein hochklassiger Trockner zur Verbrauchskategorie A+++ gehört, dann taugt er auch noch in einigen Jahren, wenn die Maßstäbe strenger geworden sind, immer noch zu A oder B, wo ein heute nur A+ prämiertes Billiggerät dann vielleicht nur noch C oder D wäre. Man hat also weniger Druck, neu zu kaufen, um mit der Technik Schritt zu halten.
Unterm Strich wird das in der Anschaffung somit teurere Gerät auf zweierlei Arten günstiger. Es wird nicht nur schon statistisch ungleich länger halten, sondern auch noch weniger Anreiz geben, es aufgrund technischer Weiterentwicklungen vorzeitig auszutauschen.
Es sind die Ersatzteile und das Know-How
Nun ist es unbestritten, dass ein Markengerät ebenso den Dienst versagen kann wie ein Billiggerät, unterscheidet sich der BMW nicht vom Dacia. Aber tatsächlich trennt sich hier die Spreu vom Weizen, ganz gleich ob es sich um einen Heizlüfter oder gleich den Küchenherd handelt, nämlich bei der Ersatzteillage.
Neben der Tatsache, dass bei günstigen Geräten häufig natürlich auch günstigere und somit weniger hochwertige Bauteile verbaut werden, macht einen großen Batzen ihrer attraktiven Preisgestaltung der Faktor Lagerhaltung aus. Denn Bevorratung ist teuer und das Schlagwort der Stunde lautet Just in Time – also Anliefern der Einzelteile genau dann, wenn sie am Fließband benötigt werden. Nehmen wir dazu als Beispiel mal an, ein Discounter will zehntausend digitale Küchenradios verkaufen. Dann kauft sein Hersteller genau zehntausend Displays, zehntausend Antennen, zehntausend Frequenz-Einstellknöpfe.
Dagegen Markengeräte: Eines, was deren höheren Preis ausmacht, ist die Tatsache, dass die Hersteller dann für ein Produkt nicht nur die besagten zehntausend Teile kaufen, sondern vielleicht 15- oder 20.000 – und alles, was nicht in der Produktion verbaut wurde, sorgsam einlagern für den Fall, dass jemand Ersatz benötigt.
Das soll zwar nicht heißen, dass es für Billiggeräte keine Ersatzteile gäbe. Das ergibt sich schon allein daraus, dass dort Dinge oft auch Hersteller-übergreifend verbaut werden – da würde dann Radiohersteller A das gleiche Display wie Radiohersteller B vom Zulieferer X verwenden. Bloß ist es bei Billiggeräten oft wesentlich zeitraubender, diese Gemeinsamkeiten zu finden.
Hinzu kommt die Tatsache, dass ein weiterer Teil des höheren Markengeräte-Preise auch daraus entsteht, dass die Ingenieure bei der Konstruktion zumindest theoretisch davon ausgehen mussten, dass das Gerät mal eine Reparatur benötigt. Dementsprechend muss alles darin halbwegs so gestaltet werden, dass es sich schadfrei wieder auseinanderbauen lässt - wo bei Billiggeräten dann vielleicht Klipse wegbrechen oder Kabel so kurz sind, dass man ein Teil nicht zerstörungsfrei herausziehen kann. Bei einer Markenwaschmaschine könnte man so eine freie, herstellerübergreifende Anleitung durcharbeiten, um die Motorkohlen zu tauschen, wo es bei einem billigen Gerät womöglich schon deshalb haken könnte, weil dort die zum Betrieb lebensnotwendigen Kohlebürsten mit günstigen Nieten statt teurer Schrauben befestigt wurden – weil ein Austausch dieser Verschleißteile nie eingeplant wurde. Und auch wenn vielleicht jetzt mancher einwirft, dass selbst ausgesprochene Markenhersteller wie etwa Apple ihre Geräte verkleben und sie so unreparierbar machen , sei dem entgegnet: Das ist die große Ausnahme und zudem betrifft sie primär die Welt der Smartphones, Tablets und sonstiger Hand-Computer, welche sowieso ein Fall für sich ist. Bei normalen Einrichtungsgeräten zwischen Waschmaschine, Herd und Fernseher gilt das mit der Reparierbarkeit ansonsten beinahe ausnahmslos.
Zumal auch dann, wenn man nicht selbst Hand anlegt, sondern sich auf den Fachmann verlässt, die gleiche Regel gilt: Wenn auf dem Herd „Siemens“ steht, auf dem Trockner „Miele“, auf dem Kühlschrank „LG“, dann wird keiner von Münchens offiziell 467 Elektroinstallateur-Betrieben abwinken, wenn man sich mit einem Reparaturgesuch an ihn wendet – wo man bei No-Name-Geräten meist nur eine Variation des Satzes „Das rentiert sich nicht, da wäre die Reparatur teurer als ein neues Gerät“zu hören bekommt. Und selbst falls man sich stattdessen auf Repair-Cafés verlässt, von denen es in der Stadt ebenfalls mehrere dutzend gibt, wird einem dort ebenfalls bei den Markengeräten ungleich häufiger geholfen werden können.
Es danken Mutter Natur und das langfristige Portemonnaie
Natürlich mag jemand, der gerade ausziehen will und nicht wirklich viel Geld auf der hohen Kante hat, sich trotzdem denken „alles gut und schön, aber was nützt mir die höhere Lebensdauer, die bessere Ersatzteilversorgung und die Reparierbarkeit, wenn ich jetzt nur wenig Kohle habe?“. Die Antwort darauf ist ein wichtiges Lehrstück für das ganze Leben:
- Man setzt vornehmlich dort auf teure Qualität, wo es wirklich drauf ankommt. Also wenn beispielsweise der Anschaffungspreis sowieso schon hoch ist und/oder das Gerät wirklich „lebenswichtig“ ist – etwa Kühlschrank oder Waschmaschine.
- Man muss lernen, die Gesamtkosten einer Anschaffung zu betrachten, nicht nur den Anschaffungspreis. Was jetzt beim Kauf vielleicht 40 Prozent billiger ist, ist, ob der Reparierbarkeit, der kürzeren Lebensdauer usw. vielleicht am Ende eines bestimmten Zeitabschnitts mehrere hundert Prozent teurer
- Man muss den Nerv-Faktor einkalkulieren: Ein Gerät nervt umso weniger, je länger es klaglos läuft. Und selbst wenn es kaputtgeht, nervt es nur wenig, wenn man sofort Ersatzteile bekommt und es sich problemlos reparieren lässt. Umgekehrt besteht die Möglichkeit, dass der Nerv-Faktor ins Unerträgliche steigt.
- Man sollte die Welt aus den Augen von Mutter Natur sehen: Jedes Gerät, das länger lebt, das repariert werden kann, kurz: Jedes Gerät, das nicht neu hergestellt werden muss, macht einen kleinen Unterschied – und viele kleine Unterschiede ergeben zusammen auch einen gewaltig großen.
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