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Rubrik: Gesamt · Stadtteil: München
Auf die Lehrer kommt es an
Realschulen meistern Corona gut, warnen aber vor "Dauer-Spagat"
„Die Lehrkraft ist der entscheidende Faktor, damit Unterricht in Zeiten von Corona sowohl im Fernunterricht als auch im Präsenzunterricht funktioniert", dieses Fazit zog Jürgen Böhm, Vorsitzender des Bayerischen Realschullehrerverbands (brlv) aus einer Umfrage, bei der das digitale Lehren und Lernen im Fernunterricht während der Pandemie im Fokus stand.
"Unsere Realschullehrkräfte finden individuelle Lösungen und sorgen dafür, dass die Zehntklässler angemessen auf die Abschlussprüfungen vorbereitet werden", so Böhm. "Die Corona-Krise hat sich als Indikator für den Zustand der Digitalisierung an den Schulen in ganz Deutschland gezeigt."
Von 14. bis 22. April hatte der brlv seine Umfrage zum Fernunterricht (Home Schooling, Lernen zuhause) durchgeführt, an der knapp 1.100 bayerische Realschulkräfte teilgenommen haben. Die Ergebnisse geben damit die Situation der ersten drei Wochen der Schulschließung wieder.
Nur die Hälfte nutzten "mebis"
Die meisten Teilnehmer (76 Prozent) gaben an, nach der Schulschließung sofort E-Mails als einfachste Möglichkeit der Kontaktaufnahme mit den Schülern genutzt zu haben. Viele Realschulkräfte zeigten sich innovativ und fanden andere Kommunikationswege zum gegenseitigen Austausch: Auf die Frage nach dem bevorzugten Kommunikationsmittel nannten nur zwölf Prozent der Befragten die Lernplattform mebis des Kultusministeriums. Damit rangiert mebis auf Platz 4 hinter der Kommunikation mit E-Mail, Kollaborationssoftware (das ist Software zur Unterstützung der Zusammenarbeit in einer Gruppe, z. B. Microsoft Teams) und schuleigenen Cloudlösungen, aber immerhin weit vor sozialen Netzwerken.
mebis sehen die Lehrkräfte ambivalent: 49 Prozent der Befragten nutzten sie, 51 Prozent nicht. „Die Performance bis zu den Osterferien brachte die Kollegen dazu, sich stabile Alternativen zu suchen, bei denen viele dann im Fernunterricht geblieben sind“, interpretiert Böhm dieses Ergebnis.
Lehrer erreichen nicht jeden Schüler
Im Durchschnitt wurden bis zu den Osterferien 85 Prozent der Schüler von ihren Lehrern tatsächlich erreicht. Dennoch hatten in der Anfangsphase der Schulschließungen damit rund drei bis vier Schüler pro Klasse keinen Kontakt zu ihren Lehrern. Das Nichterreichen lag entweder an der fehlenden technischen Ausstattung der Familien zuhause oder auch an der Lerneinstellung der Schüler.
77 Prozent der befragten Lehrkräfte zeigten sich mit der Kommunikation mit den Schülern zufrieden oder sogar sehr zufrieden. Und sieben von zehn Lehrkräften sind sich sicher, dass das Verhältnis zu ihren Schülern wie zuvor im Präsenzunterricht bleibt, 16 Prozent der Befragten sehen sogar ein verbessertes Verhältnis zu ihren Schülern seit den Schulschließungen. Wenn es ein Feedback gab, berichteten 75 Prozent der Befragten von positiven Rückmeldungen der Eltern (Elternbeiräte: 81 Prozent).
Unterschiede werden nicht dramatisch
Die meisten Lehrkräfte haben bereits vor den Osterferien sowohl Stoff wiederholt als auch neue Lerninhalte vermittelt. 84 Prozent der Lehrkräfte sahen zum Zeitpunkt der Befragung die Abschlussprüfungen trotz unklarer Zukunftsaussichten nicht gefährdet. 71 Prozent der Befragten sind der Meinung, dass sich Leistungsunterschiede zwar feststellen lassen, sind aber davon überzeugt, dass dies an der Realschule nicht zu einem Auseinanderklaffen führen wird. Nicht einmal drei von zehn Kollegen gehen davon aus, dass die Leistungsunterschiede deutlich größer werden.
Was ist aus der Krise zu lernen?
Auf der Basis der Umfrageergebnisse hat der brlv einige Forderungen formuliert, die das Lehren und Lernen sowie die Nutzung digitaler Medien in Zukunft professionalisieren sollen:
• Es müssen dauerhafte Ergänzungs- und Wahlmöglichkeiten bei den Kommunikationsplattformen geschaffen werden und es darf bei keinen Kurzzeitlösungen während der Corona-Krise bleiben.
• Wartung und Systembetreuung der IT müssen durch externes Fachpersonal erfolgen und nicht den Lehrern überlassen bleiben.
• Eine enge Partnerschaft zwischen Schulen und Sachaufwandsträger ist die Voraussetzung, damit es nicht an jeder Schule zu unterschiedlichen „Insel-Lösungen“ kommt, die von einzelnen Personen abhängig sind.
• Jeder Lehrkraft muss ein digitales Endgerät zur Verfügung gestellt werden, das auf die Lern- und Kommunikationsumgebung der Schule abgestimmt ist.
• Es braucht gezielte Möglichkeiten der finanziellen Unterstützung, damit jedem Schüler zuhause ein digitales Endgerät zur Verfügung steht.
• Digitales und modernes Arbeiten erfordert klare Regelungen von Arbeits- und Regenerationsphasen.
"Spagat geht auf Dauer nicht"
„Corona wird unseren Schulalltag noch länger begleiten. In diesen herausfordernden Zeiten danke ich allen Lehrkräften an unseren Realschulen für ihr hohes Engagement und ihren Einsatz für die Zukunft unserer jungen Menschen", so Böhm. "Es kommt jetzt darauf an, dass es seitens der Politik zu keinen überzogenen Forderungen an die Lehrkräfte kommt. Der Spagat zwischen Präsenz- und Fernunterricht sowie Betreuungsaufgaben kann auf Dauer nicht geleistet werden“, so der brlv-Vorsitzende.
Verband vertritt 90 % der Lehrer
Der Bayerische Realschullehrerverband (brlv) ist die Interessenvertretung der Lehrkräfte und Beschäftigten an den Realschulen in Bayern. Fast 90 Prozent der Lehrkräfte an 376 Realschulen im Freistaat, die von ca. 220.000 Schüler besucht werden, sind im brlv organisiert.
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