Auf dem Festplatz wächst ein "Dorf"
"Wir wollen so schnell wie möglich Baurecht schaffen"
Seit 2010 werden in der Waldorfschule auf dem ehemaligen Festplatz an der Züricher Straße Kinder unterrichtet. Noch ist die Schule klein; nur die "Keimzelle" mit ersten Klassenräumen befindet sich derzeit auf dem Platz. Bis 2023 soll auf dem rund zwei Hektar großen Areal hier aber wesentlich mehr entstehen: ein Mehrgenerationenplatz. Die Freie Waldorfschule München Südwest plant hier eine einzügige Schule mit einer Ganztagesbetreuung für etwa 450 Schüler und mit insgesamt 7.700 qm Geschossfläche. Ergänzend sind das Kinderhaus für knapp 100 Kinder (1.100 qm Geschossfläche) und eine Sporthalle (1.000 qm Geschossfläche) vorgesehen. Die Genossenschaft Wogeno will daneben Wohnungen bauen (etwa 90 Wohnungen mit zusammen 8.000 qm Geschossfläche für 200 Personen), alle barrierefrei.
Mit dem Abschluss des Architektenwettbewerbs, den "bogevischs buero" gewonnen hat, ist die Umsetzung des Gemeinschaftsprojekts ein gutes Stück weiter vorangekommen, freute sich Anke Merk (Vorstand Förderverein Freie Waldorfschule München Südwest) bei der Präsentation des Wettbewerbsergebnisses und dankte allen Beteiligten für ihren Einsatz. "Wir wollen so schnell wie möglich Baurecht schaffen", erklärte ihr Vorstandskollege Bernd Hammerl: Nun gilt es, einen Bebauungsplan zu erstellen und das Baugenehmigungsverfahren zu durchlaufen. Hammerl ist optimistisch, zügig mit den Bauten beginnen zu können: Gleichzeitig soll zum einen die Wogeno die Errichtung der Wohnungen in Angriff nehmen und der Förderverein zunächst den Bau des Kinderhauses; im Herbst 2013 sollen diese nächsten Gebäude bereits bezogen werden können, so die ehrgeizige Planung.
"Sie sind in der Kombination aus Schule in freier Trägerschaft und Mehrgenerationenwohnen Pioniere und erfüllen aus eigener Initiative die oft angemahnte Schaffung generationsübergreifender Strukturen mit Leben", würdigte 2. Bürgermeisterin Christine Strobl das Vorhaben in einem Grußwort. In einer engen Verbindung von Schule und Wohnen soll der Mehrgenerationenplatz nach dem Leitmotiv "Füreinander und Miteinander von Jung und Alt" entstehen. Die gemeinsame Nutzung von Küche, Theatersaal, Turnhalle, Freiflächen und Werkstätten soll vielfältige Kooperationen und soziale Impulse entfalten. Das Zusammen von Bildung und Wohnen soll eine lebendige Plattform werden, auf der Lebenserfahrung weitergegeben und ausgetauscht wird.
Die Wogeno-Wohnungen sollen verschiedene Wohnsituationen für unterschiedliche Haushaltsgrößen und Lebensstile ermöglichen. Besonders Ansprüche von Familien und dem dauerhaft selbstbestimmten Leben von Senioren soll Rechnung getragen werden. Mit überschaubaren Einheiten und lebendigen Nachbarschaften mit gemeinschaftlich genutzten Freiflächen hoffen Freie Waldorfschule und Wogeno den sozialen Zusammenhalt zu fördern.
"Es braucht ein ganzes Dorf, um ein Kind zu erziehen", lautet eine afrikanisches Weisheit. Eine solche Ergänzung familiärer Strukturen durch ein ganzes Dorf ist bei uns allerdings kaum noch gegeben. Auf dem ehemaligen Festplatz wollen die Freie Waldorfschule und die Wogeno die Strukturen der Großfamilie wieder ins Zentrum der Gesellschaft rücken. Die beiden Partner setzen darauf, dass auf ihrem Mehrgenerationenplatz ein Geflecht zwischen dem Bildungs- und dem Wohnstandort wächst. Deshalb wird die Waldorfschule auch Belegungsrechte für die Wohnungen bekommen.
Das Mehrgenerationenprojekt soll städtebaulich und architektonisch an das bereits bebaute Umfeld anschließen und sich in sein Umfeld einfügen, aber dem Quartier auch neue Impulse geben. Sowohl auf die architektonische und städteplanerische Qualität des Entwurfs als auch das soziale Konzept sind die beteiligten Partner stolz: "Das ist eine ganz große Nummer", freute sich Peter Schmidt von der Wogeno und bescheinigte dem vom Förderverein Waldorfschule initiierten Konzept ein "großes Potential." Auch bei den Architekten war das ungewöhnliche Gemeinschaftsprojekt auf Begeisterung gestoßen: "Es war eine tolle Aufgabe für uns, über den Tellerrand der Wohnbebauung hinauszublicken", meinte Rainer Hofmann (bogevischs buero) und brach eine Lanze für die provisorischen Holzbauten, in denen die Waldorfschule derzeit auf dem Festplatz untergebracht ist. "Es wäre sehr wertvoll, diese Bausteine zu erhalten", bekräftigte Hofmann. Dass die Holzbauten in die nun zum Wettbewerbssieger gekürten Planungen integriert wurden, freut auch den Förderverein Freie Waldorfschule. Zwar soll das provisorische Gebäude, in dem die Schüler jetzt unterrichtet werden, nur zehn Jahre bestehen, die Waldorfschule hofft aber, ihre "Keimzelle" auch darüber hinaus noch nutzen zu können und darin später einmal Werkstätten o.ä. einrichten zu können.
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