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Zwischen bunten Bändern und Chemotherapie

Initiative krebskranke Kinder München e.V. unterstütz Sportangebot für junge Patienten

Immer ein Lächeln auf den Lippen: Dr. Sabine Kesting motiviert junge Krebspatienten, sich zu bewegen. (Bild: Initiative krebskranke Kinder)

Manchmal müssen die Ärzte, Pfleger und Eltern im Zickzack-Kurs über den Gang. "Es kann hier schon ganz schön was los sein", sagt Dr. Sabine Kesting und lächelt. Hier – das ist Haus 10 des Klinikums Schwabing, genauer die Onkologie der Kinderklinik. Sowohl ein stationärer als auch ein ambulanter Bereich für junge Patienten von 0 bis 18 Jahren ist hier untergebracht. Sabine Kesting ist Sportwissenschaftlerin. Mit vielen abwechslungsreichen Ideen, mit viel Spaß und Lachen motiviert sie Kinder und Jugendliche, die an Krebs erkrankt sind, sich zu bewegen, ein bisschen Sport zu treiben. Ganz individuell, wie das bei jedem einzelnen Patienten eben möglich ist.

Täglich bewegen

Bereits seit Sommer 2016 gibt es dieses Angebot in der Kinderonkologie Schwabing. Seit Januar dieses Jahres kann es durch die großzügige Förderung der Initiative krebskranke Kinder München e.V. täglich montags bis freitags angeboten werden. "Wir wissen, wie wichtig Bewegung und Sport für die körperliche, geistige und soziale Entwicklung bei Krebspatienten sind", sagt Sabine Kesting. Während einer intensiven Krebstherapie gerate dieser Aspekt aber meistens in den Hintergrund. "Viele Patienten verlieren die Kontakte zum Freizeit- oder Vereinssport. Deshalb ist das Angebot bei uns auch eine gute Brücke."

Abgestimmt wird das Bewegungs- und Sportprojekt in enger Absprache mit Ärzten und Physiotherapeuten in der allmorgendlichen Besprechung. Dann geht es auch schon los. Sabine Kesting geht zu den einzelnen Patienten, schaut, wie es ihnen geht und ob sie Lust haben, sich zu bewegen. "Ich versuche, mit so vielen wie möglich aktiv zu werden, ob einzeln oder in der Gruppe."

"Es sind Kinder"

Die Frage, ob junge Krebspatienten, die sich gerade in einer anstrengenden Therapie befinden, nicht einfach zu schwach sind, um Sport zu betreiben, beantwortet Oberärztin PD Dr. Irene Teichert-von Lüttichau mit einer einfachen, aber ebenso einleuchtenden Aussage: "Es sind Kinder." Und diese hätten meistens jede Menge Bewegungsdrang in sich. Sport klinge erst einmal nach Schweißperlen und viel Anstrengung. "Das ist aber nicht so. Bewegung kann auch eine Entspannungsübung sein oder eine Körpertraumreise. Die ganz Kleinen lassen sich gut mit Luftballonspielen locken", berichtet Sabine Kesting. "Dann gibt es diejenigen, die lieber auf dem Ergometer fahren oder Kräftigungsübungen machen." Allen aber sei eines gemein: "Sport bringt Abwechslung und Ablenkung in ihren Alltag."

Mehr Lebensqualität

"Dieses Projekt steigert die Lebensqualität der Patienten. Außerdem ist es wichtig für ihr Körperbewusstsein", ergänzt Irene Teichert-von Lüttichau. "Viele Betroffene verlieren ihr Körperbild. Durch die Einnahme von Cortison zum Beispiel nehmen sie zu und können sich selbst nicht mehr so gut wahrnehmen." Man wisse inzwischen, dass Bewegung und Sport sich positiv auf die Psyche auswirken. "Was es organisch bewirkt, das wird noch untersucht", so die Medizinerin. Sabine Kesting nickt zustimmend. "Wir möchten den Kindern und Jugendlichen immer wieder zeigen, was sie trotz ihrer Erkrankung machen können. Das gibt ihnen eine gewisse Autonomie, die sehr wichtig ist. Deshalb begleiten wir die Patienten von der Diagnosestellung bis in die Nachsorge und geben ihnen auch Trainingspläne für zuhause mit", betont die Sportwissenschaftlerin. Ziel sei ein aktiver Lebensstil. Während Sabine Kesting die kleinen Patienten mit Luftballons, bunten Bändern und Bällen zum Mitmachen motiviere, habe sie bei den Jugendlichen einen anderen Ansatz. "Ihnen kann man auf der Vernunftebene begegnen und erklären, warum Sport so wichtig ist. Sie merken, dass sie selbst etwas tun können, damit es ihnen besser geht und alltägliche Dinge wie Treppensteigen oder Schuhe binden wieder leichter zu bewältigen sind." Die Eltern der Patienten seien in der Regel sehr überzeugt von dem Angebot. "Manchmal machen sie auch mit", sagt Sabine Kesting. "Das ist ein tolles Angebot für die Patienten", schwärmt Angelika Andrae-Kiel vom Verein Initiative krebskranke Kinder München. "Unsere Mitglieder sind sehr daran interessiert und wir freuen uns natürlich immer über Spenden."

Noch ein weiteres Ziel gibt es bei diesem ehrgeizigen Projekt. "Wir möchten, dass das Ganze in die Regelversorgung übergeht, wir also eine Kassenleistung bekommen", sagt Irene Teichert-von Lüttichau. Ein Paradebeispiel gebe es bereits in Leipzig.

Sportraum auf der Wunschliste

Wenn sich die Kinder in Haus 10 bewegen, dann tun sie das in den Patientenzimmern oder – wie schon erwähnt – auf dem Gang. "Wir haben keinen extra Sportraum", bedauert Sabine Kesting. Wenn sie sich etwas wünschen dürfte, dann einen transportablen Seilzug und eine Sprossenwand für die Patienten. Irene Teichert-von Lüttichau blickt sich im Besprechungszimmer um. "Das könnte man eigentlich hier machen", sagt sie und deutet entschlossen auf die aneinandergestellten Tische. "Die müssten weg. Wir brauchen nur eine Schrankwand mit Klapptischen für unsere Besprechung." Diese könnten nach den Besprechungen weggeklappt werden, damit die Kinder Platz zum Bewegen haben. Ansprechendes Mobiliar wäre auch schön. Aber eigentlich müsste das zu machen sein. "Da sind wir allerdings auf Spenden angewiesen", betont die Medizinerin. Ein eigener Sport- und Bewegungsraum! Sabine Kestings Augen leuchten bei dem Gedanken. Es wäre eine kleine Krönung für die jungen Patienten und die Sportwissenschaftlerin, die hier nach eigener Aussage an ihrem Herzensprojekt arbeitet. "Es ist mein Traumberuf", sagt sie und lächelt.

Spenden

Initiative krebskranke Kinder München e.V.

HypoVereinsbank München

IBAN DE83 7002 0270 0002 4400 40

SWIFT (BIC): HYVEDEMMXXX


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