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"Ziele nicht erreicht"

BA 8 äußert sich kritisch zur geplanten Aufhebung der Sanierungsblöcke

Der Plan der Stadt, in diesem Jahr die restlichen sechs Sanierungsblöcke im Westend endgültig aus der Sanierungssatzung zu entlassen, hat auf der jüngsten Sitzung des Bezirksausschusses Schwanthalerhöhe (BA 8) für Unfrieden gesorgt. Wie Stefan Schilling vom Planungsreferat erklärte, sollen in einem nächsten Schritt die Sanierungsblöcke 4, 8, 10 und 11, die größtenteils im Gebiet zwischen Westendstraße, Schießstättstraße, Gollierstraße und Ganghoferstraße liegen, aus der Sanierung entlassen werden. „Der angestrebte Sanierungsstand ist weitgehend erreicht und von weiteren Verbesserungsmöglichkeiten ist nicht auszugehen“, meinte Schilling.

Dem konnte der BA-Vorsitzende Ludwig Wörner (SPD) nicht zustimmen: „Wir sind ganz und gar nicht der Auffassung, dass die Sanierungsziele in den entsprechenden Gebieten bereits erreicht ist. Deshalb werden wir uns dagegen wehren, dass die Blöcke jetzt schon rausgenommen werden.“ Uneinigkeit dazu gab es von Seiten der CSU-Fraktion und der Grünen. „Ich habe bis heute nicht genau verstanden, was die Ziele überhaupt sind und wo diese erreicht oder nicht erreicht werden“, erklärte BA-Mitglied Thomas Hofstätter (CSU), der deshalb keine Position beziehen wollte. „Die Sanierungssatzung ist nicht dazu da, um Mieterschutz zu realisieren“, meinte Daniel Günthör (Grüne), angesprochen auf die Pläne der SPD-Fraktion, in einem späteren Gespräch.

Etagentoiletten und feuchte Keller

Hintergrund der Auseinandersetzung ist die bereits rund dreißig Jahre andauernde und von allen Seiten größtenteils als erfolgreich bewertete Sanierungstätigkeit der Stadt München im Stadtbezirk. Das Westend ist als Stadterweiterungsgebiet im 19. Jahrhundert entstanden. Größtenteils hat sich hier produzierendes Gewerbe angesiedelt, das in der Kernstadt als störend empfunden wurde. Zudem ist weiterer Wohnraum entstanden. Später haben sich aus der dichten und kleinteiligen Bebauung des Stadtbezirks sowie aus der Durchmischung von Gewerbe- und Wohnraum Schwierigkeiten ergeben.

„Eine entsprechende Lebens- und Aufenthaltsqualität war nicht mehr gegeben“, erklärt Schilling. „Die Zufahrten und Wege zu den Gebäuden waren zu eng, die Belüftung der Wohnungen schlecht. Teilweise waren die Häuser nur mit Etagentoiletten ausgestattet und in den Kellern gab es Probleme mit der Feuchtigkeit.“ So wurden mit einem Stadtratsbeschluss von 1978 16 Blöcke im Westend als Sanierungsgebiet förmlich festgelegt und damit die Möglichkeit geschaffen, finanzielle Hilfen in Form von Städtebauförderungsmitteln für die Verbesserung der Wohnqualität einzusetzen. „Kernziele des Grundprogramms waren die Verlagerung des Gewerbes und damit die Vermeidung von störenden Emissionen sowie die Verbesserung des Wohnumfelds“, erklärt Schilling. Diese seien mittlerweile weitgehend erreicht, weshalb man bereits 2003 damit begonnen habe, die einzelnen Blöcke Schritt für Schritt wieder aus der Sanierungssatzung auszulösen.

„Nur 10 Prozent saniert“

Das will die SPD-Fraktion im BA aber für die jetzt noch ausstehenden letzten sechs Gebiete verhindern. „Wir müssen einfach feststellen, dass in den restlichen Blöcken noch nicht so viel erreicht worden ist“, erklärte Gerhard Mayer (SPD) auf der BA-Sitzung. Beispielsweise seien in Block 4, der in dem Gebiet zwischen Schwanthalerstraße, Westendstraße, Holzapfelstraße und Ligsalzstraße liegt, nur zehn Prozent der vorhandenen Gebäude im Rahmen der Sanierungssatzung geändert worden. Dies wäre nicht vergleichbar mit der beispielsweise sehr gut gelungenen Sanierungstätigkeit in Block 1, zwischen Landsberger Straße, Westendstraße und Holzapfelstraße, in welchem über 50 Prozent der Gebäude saniert wurden.

„Im Interesse des Stadtteils und der Menschen, die hier leben, sollten die Gebiete noch drei bis vier Jahre in der Sanierung bleiben und weitere Verbesserungen angestrebt werden“, so Wörner. Dies sei allerdings nicht so leicht zu verwirklichen, gab Michael Hohenester von der Münchner Gesellschaft für Stadterneuerung (MGS) zu bedenken: „Der Ansatz, alles im Sanierungsgebiet mit öffentlichen Mitteln herstellen zu wollen, geht fehl. Zudem können wir auch nicht alle Eigentümer erreichen. Nicht für jeden sind die Bedingungen so attraktiv, dass er auch tatsächlich sanieren möchte.“ Dies alles seien Ausreden, warf Wörner den Verantwortlichen vor. In Wahrheit seien finanzielle Gründe ausschlaggebend für den Ausstieg aus der Sanierung. Tatsächlich gestand Schilling ein, unter dem Druck der Landesregierung zu agieren: „Wir werden dazu gedrängt, die Fördermittel abzurechnen und die Blöcke zügig aus der Sanierung zu entlassen.“ Zudem seien die ursprünglichen Ziele für die Sanierung sehr hoch angesetzt gewesen: „Es war eine Vision, die man erreichen wollte und die in der Realität nicht ganz umgesetzt werden kann.“

Interessen abwägen

„Wir können auf eine dreißig Jahre währende Sanierungszeit zurückblicken, die sehr erfolgreich war“, resümierte Günthör später. Irgendwann seien aber einfach die Grenzen erreicht: „Man kann nicht hundert Prozent des Westends sanieren.“ Zudem müsse man verschiedene Interessen auch auf lange Sicht abwägen: „Natürlich ist eine weitere Sanierung, sofern sie möglich ist, zunächst von Vorteil. In den zur Diskussion stehenden Gebieten könnte man tatsächlich noch viel verbessern und erneut Kontakt mit den Eigentümern aufnehmen.“ Auf lange Sicht jedoch müsse man sich überlegen, wie viel hochwertigen Wohnraum man im Viertel auch in Bezug auf die Mietentwicklung realisieren möchte. „Wir haben im Westend eine sehr durchmischte Bevölkerung und müssen darauf achten, dass auch Geringverdiener nicht von hier vertrieben werden.“

Bis zur nächsten Sitzung im Februar soll sich der Bauausschuss noch ausführlicher mit dem Thema beschäftigen und so die Grundlage für eine mögliche Entscheidung schaffen. Dann will der BA darüber abstimmen, ob er sich gegen eine Aufhebung der Sanierungssatzung in den Blöcken 4, 8, 10 und 11 ausspricht. „Letztlich hat der BA in dieser Sache keine Entscheidungsbefugnis und kann die Aufhebung der Satzung nicht verhindern. Unter Umständen können wir sie aber verzögern und so noch weitere Zeit für Verbesserungen und Schonung der Mieter gewinnen“, erklärte Mayer.


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