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"Wir sehen uns wieder"

Christa Baumgärtler engagiert sich im Besuchsdienst eines Seniorenheims

Liebt es, "ihre" Senioren zu besuchen: Christa Baumgärtler. (Bild: tab)

Oft schickt Christa Baumgärtler ihrem verstorbenen Vater ein Dankeschön in den Himmel. Ein Dankeschön für viele Dinge, aber für eines ganz besonders: dafür, dass sie sich ehrenamtlich engagiert. "Dann danke ich dem Papa, dass ich durch ihn die Möglichkeit gefunden habe, etwas zu machen, das mich so glücklich macht", sagt Christa Baumgärtler. Seit 1997 engagiert sich die gebürtige Münchnerin beim ehrenamtlichen Besuchsdienst im Hans-Sieber-Haus in Allach. Ihr Vater hatte zuvor einige Tage in der Einrichtung verbracht.

Zeit schenken

Jede Woche besucht Christa Baumgärtler "ihre" Senioren, genauer: drei Bewohner, mit denen sie regelmäßig redet und einfach da ist. Zeit schenkt. Und selbst so viel zurückbekommt, ein Lächeln – und beeindruckende Lebensgeschichten. Viele Senioren hat sie in den vergangenen 23 Jahren besucht. Klar, dass es da auch diejenigen gibt, die sich besonders ins Gedächtnis brennen. Der Franzl zum Beispiel, leider schon gestorben. "Mei, wenn ich an den Franzl denke ...", schwärmt Christa Baumgärtler. Ein richtiges Münchner Gwachs sei er gewesen und für sie ein echter Glücksfall. "Wir sind viel zusammen spazieren gegangen und ich habe heute noch Kontakt zu seinem Sohn. Es ist einfach schön, dass man so viele nette Leute kennenlernt." 93 Jahre alt ist er geworden, der Franzl.

"Ein anderer Mensch"

Sobald Christa Baumgärtler das Hans-Sieber-Haus betritt, vollzieht sich ein Wandel mit ihr. Sie entschleunigt. "Ich bin im Heim ein anderer Mensch", sagt sie. "Ich bin geduldig." Draußen sei das nicht immer so. Da könne sie schon mal aus der Haut fahren, wenn sie etwas ärgere. "Dann schimpfe ich auch mal beim Autofahren", gibt sie zu. Im Hans-Sieber-Haus hingegen ist keine Eile geboten. Hier nimmt sich Christa Baumgärtler Zeit, vier Stunden am Stück sitzt sie bei ihren vertrauten Senioren. Und manchmal muss sie auch Abschied nehmen.

"Mein Glaube hilft mir"

Über den Tod werde eigentlich nicht so viel gesprochen. "Vielleicht eher einmal, wenn ein Partner stirbt", sagt Christa Baumgärtler und erinnert sich an eine Frau, deren Mann gestorben war. "Wir haben darüber geredet." Doch gerade wenn sich Senioren auf der Pflegestation befänden, seien sie oftmals nicht mehr in der Lage, darüber zu sprechen. Über ihren eigenen Tod, so die 70-Jährige, habe sie früher intensiver nachgedacht als heute. Ihr Glaube helfe ihr. "Ich glaube an ein Wiedersehen mit all meinen Lieben nach dem Tod. Das gibt mir sehr viel Trost." Und dann denkt Christa Baumgärtler wieder an den Franzl. Der habe nämlich nicht so dran geglaubt. "Wirst schon sehen Franzl", habe sie dann oft zu ihm gesagt, "wir sehen uns wieder." Sie lacht.

Regelmäßig trifft sie sich mit den anderen Ehrenamtlichen in der Cafeteria zum Austausch. Zudem gebe es regelmäßig Seminare mit Christiane Zöbeley, der Ehrenamtskoordinatorin des Hans-Sieber-Hauses. Dazu zählten unter anderem Vorträge zu Themen wie Hygienevorschriften.

Einige Zeit möchte Christa Baumgärtler sich noch für den Besuchsdienst engagieren. "Vielleicht drei Jahre noch", überlegt sie. Ihre Familie, allen voran ihr Mann (72) sowie ihre Tochter, stehen hinter ihr. "Meine Familie findet das Engagement toll", sagt Christa Baumgärtler. "Ich kann dieses Ehrenamt nur jedem ans Herz legen." Alles, was man dazu mitbringen solle, seien Empathie und Verständnis für Senioren. "Die älteren Leute brauchen eine Lobby", betont sie. Kinder hätten eine Lobby und das sei wichtig und auch sehr gut. "Aber die Älteren brauchen sie auch", ist Christa Baumgärtler überzeugt.


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