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„Wir hätten mehr erwartet“

Verkehrskonzept: Nach fünf Jahren bleibt Enttäuschung

Staus sind in der Liesl-Karlstadt-Straße Alltag. (Bild: job)

Enttäuscht reagiert der Bezirksausschuss im Münchner Süden (BA 19) auf das Verkehrskonzept, das vom städt. Planungsreferat ausgearbeitet wurde. „Uns fehlt das Konzeptionelle, wir hätten mehr erwartet“, sagte BA-Vorsitzender Ludwig Weidinger (CSU) bei der Sondersitzung des BA am Donnerstag. Michael Kollatz (SPD) sieht es ähnlich: „Mit einem Verkehrskonzept hat dieses Papier nichts zu tun! Das ist weniger wichtige Lyrik.“ Richard Ladewig (FDP) meinte hingegen: „Hier stehen alle wesentlichen Punkte zur Entlastung von Forstenried drin!“

Vor fünf Jahren hatte der Stadtrat dieses Verkehrskonzept in Auftrag gegeben. Zuvor hatte man einen Durchstich der Stäblistraße endgültig verworfen, nachdem die Regierung von Oberbayern die Trasse nicht genehmigte. Das Verkehrskonzept sollte nun alle Alternativen zeigen, wie der Münchner Süden vom zunehmenden Transitverkehr entlastet werden kann.

"Dauerbrenner" auf lange Bank geschoben?

„Diese Aufgabe wurde nicht erfüllt. Es gibt keine neuen Vorschläge, um den drohenden Verkehrsinfarkt zu verhindern“, urteilt der BA. Weder für den Ortskern Forstenried noch für die weitere Verkehrsbrennpunkte (Stäblistraße, Neurieder Kreisel, Bleibtreustraße) seien Lösungsvorschläge erkennbar, die den Durchgangsverkehr reduzieren würden. Diese „Dauerbrenner“ wie die Verbesserung des Radwegeausbaus schiebe das Papier stattdessen auf die lange Bank. Es fehle eine Vision, wie der Verkehr im Viertel in zehn oder 20 Jahren aussehen soll.

Die im Konzept vorgeschlagenen Einzelmaßnahmen sind dem BA oft zu konkret für ein Grundsatzpapier. Solche Maßnahmen wie z.B. das Aufstellen eines Hinweischildes hätten unabhängig davon schon wesentlich schneller umgesetzt werden können.

Viele Wünsche und Anträge zum Verkehr haben BA und Bürger in den letzten Jahren zurückgestellt, weil sie auf das Verkehrskonzept warteten. Diese Zeit sei nun vorbei, unterstrich Weidinger. „Der BA ist nicht bereit, Einzelmaßnahmen weiter zu verzögern“, heißt es in der aktuellen Stellungnahme des Gremiums. „Vielmehr wird er versuchen, mehrheitsfähige Maßnahmen wie geplante Radwegverbindungen zeitlich zu beschleunigen.“

 

Forderungen des Bezirksausschusses

In seiner Stellungnahme zum Verkehrskonzept stellt der Bezirksausschuss u.a. nachfolgende Forderungen:

Stäblistraße / Forstenrieder Allee nicht aufwerten

Der Straßenzug Stäblistraße / Forstenrieder Allee / Liesl-Karlstadt-Straße soll im Verkehsentwicklungsplan nicht zur Hauptverkehrsroute aufgewertet werden. Diese Straßen seien schon jetzt überlastet. Eine Aufwertung würde die Situation verschlimmern.

Staatsstraße 2344 streichen

Die im Zuge der Durchstichplanungen erfolgte Aufstufung der Stäbli- / Lochhamer Straße und Forstenrieder Allee zur Staatsstraße 2344 soll rückgängig gemacht werden. Sie seien für den Durchgangsverkehr untauglich.

Radweg auf Durchstichtrasse führen

Die duchgängige Rad- und Fußwegverbindung in Forstenreid soll nicht über Bauweberstraße / Unterführung A 95 erfolgen, sondern möglichst über die Durchstichtrasse und vor allem ebenerdig über die Brücke am Neurieder Kreisel nach Osten führen.

Neurieder Kreisel umbauen

Die vermutete Entlastung am Kreisel durch den Luise-Kiesselbach-Tunnel gebe es nicht. Durchgangsverkehr soll auf Boschetsrieder Straße verlagert werden, aber nicht über den Forstenrieder Dorfkern fließen, sondern über die A 95. Dazu müsse der Neurieder Kreisel umgebaut werden. Eine Verengung des Flaschenhalses dort würde zudem Platz für den gewünschten Radweg schaffen.

ÖPNV ausbauen

Nicht nur die Tram-Westtangente ist schleunigst zu realisieren, sondern es sind Fortführungen über die Aidenbachstraße hinaus einzuplanen. Insbesondere eine Verlängerung zum S-Bahnhof Solln oder zumindest Siemenswerke soll bereits jetzt vorgemerkt werden.

Unabhängig von der 2. Stammstrecke ist der S-Bahn-Südring nötig. Bei der S7 ist eine deutliche Taktverdichtung anzustreben. Um eine schnelle Isarüberquerung zu gewährleisten, ist ein Regionalzughalt Menterschwaige einzuplanen.

Zwischen Harlaching und Thalkirchen/Solln wird eine ÖPNV-Verbindung gefordert, um lange Umwege über die Brudermühlbrücke zu vermeiden. Dies könnte mit einer Seilbahnverbindung oder auch einer U-Bahn erfolgen.

Radverkehr leichter machen

Der Ausbau von durchgehenden Fuß- und Radwegverbindungen an der Wolfratshauser Str. zwischen Melchiorstr. und Stadtgrenze muss zügig in Angriff genommen werden, fordert der BA. Zudem sollen speziell an Wochenmärkten und Einkaufsmärkten Fahrradabstellplätze geschaffen werden.

Um die für Radler unattraktive Wolfratshauser Straße zu entlasten, soll eine durchgängige Fuß- und Radwegverbindung zwischen Siemensallee und Becker-Gundahl- / Sollner Straße geplant werden. Diese Verbindung könnte auf dem jetzigen Trampelpfad östlich des Siemens-Sportparks und westlich der S7 verlaufen.

Hauptradlrouten müssen auch baulich dieser Bezeichnung entsprechen und für alle gängigen Nutzungen, d. h. auch für Lasten- und Transportfahrräder, geeignet sein und wegen der sehr hohen Tempounterschiede im Radverkehr eine Überholmöglichkeit bieten. Die Hauptrouten müssen ferner im Winter vor den Straßen vom Schnee befreit und im gesamten Verlauf des Jahres ständig auf ihre Qualität hin überprüft werden.

Tempo 30 flächendeckend einführen

Der BA 19 bittet die Landeshauptstadt München, den 19. Stadtbezirk als ein Pilotprojekt für Tempo 30 in der Stadt vorzusehen. Dabei sollten lediglich die Hauptverkehrsstraßen (Neurieder Straße, BAB 95, Boschetsrieder Straße, Aidenbachstraße, Siemensallee, Drygalski-Allee, Wolfratshauser Straße) ausgenommen werden.

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