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"Wir brauchen Lösungen"

Welche Wege gibt es aus dem Fachkräftemangel?

Heinrich Birner, Geschäftsführer ver.di München & Region. (Bild: ver.di)

Welche Möglichkeiten sshen Gewerkschaften, die Personallücken zu schließen? Heinrich Birner (Geschäftsführer ver.di München & Region) legt seine Sicht dar:

Jahrzehntelang saßen die Arbeitgeber am längeren Hebel. Sie konnten aus einem Übermaß an Arbeitskräften auswählen und ohne Probleme Beschäftigte wieder rausschmeißen. Ich verhehle nicht, dass mich deshalb die aktuelle Situation am Arbeitsmarkt mit einer gewissen Schadenfreude erfüllt.

Ich sehe aber auch die Kehrseite, wenn Unternehmen heute nicht mehr ausreichend Fachpersonal finden. Das kann im Extremfall bis zum Konkurs führen. Deshalb brauchen wir Lösungen. Was sind also die Empfehlungen eines Gewerkschafters?

Um Arbeitskräfte buhlen

Früher mussten sich die Arbeitnehmer bewerben, heute müssen in manchen Berufsfeldern die Arbeitgeber um Arbeitskräfte buhlen. Um dabei erfolgreich zu sein ist in erster Linie ein positives Image erforderlich. Das scheint mir das schwierigste Unterfangen, weil das mit Vertrauen der Kunden, der Mitarbeiter und der öffentlichen Wahrnehmung zu tun hat. Es dauert teilweise Jahre, ein gutes Image aufzubauen und im schlimmsten Fall ist dieses innerhalb weniger Tage wieder zerstört.

Flexibel arbeiten können

Ein wichtiges Kriterium, sich für eine konkrete Firma zu entscheiden, sind heute die konkreten Arbeitsbedingungen. Die sind oft noch entscheidender als das Einkommen. Allerdings nur, wenn sich dieses nicht gerade am Existenzminimum bewegt. Bei den Arbeitsbedingungen gewinnt die Frage der flexiblen Arbeitszeitgestaltung eine zunehmende Bedeutung. Die Diskussion um den aktuellen Tarifabschluss der IG Metall hat gezeigt, dass Arbeitnehmer froh sind, wenn sie in bestimmten Lebenssituationen (Kleinkinder, pflegebedürftige Angehörige, …) ihre Arbeitszeit reduzieren können. Andererseits gibt es Lebenslagen, in denen jemand länger arbeiten möchte, um Geld für bestimmte Anschaffungen anzusparen.

Für Wohnungen sorgen

Unternehmen, die darauf angewiesen sind, Arbeitskräfte von außen nach München zu holen, haben ein noch viel größeres Problem zu lösen. Wenn sie eine Wohnung anbieten können, die mit einem Arbeitnehmereinkommen halbwegs zu bezahlen ist, dann ist das fast schon wie ein 6er im Lotto. Wer sich nicht auf Glücksspiele verlassen will, der sollte als Arbeitgeber überlegen, ob er selbst in der Lage ist, in den Bau von Werkswohnungen einzusteigen oder ob er zumindest Belegungsrechte erwerben kann.

Kein Geld für Personal vorhanden

Als ver.di-Vertreter möchte ich noch auf die Situation in der Pflege und in der Kinderbetreuung hinweisen. Das Personalproblem in der Krankenpflege hängt unmittelbar damit zusammen, dass die Refinanzierung der Krankenhäuser so katastrophal geregelt wurde, dass kein Geld für eine angemessene Personalausstattung vorhanden ist. Ähnliches gilt für die Beschäftigung in der Altenpflege. Hier muss die Politik handeln.

Was die frühkindliche Bildung in den Kitas betrifft, gab es 2015 einen breiten gesellschaftlichen Konsens, dass die Arbeit von Erzieherinnen und Kinderpflegerinnen aufgewertet werden müsste. Als es dann aber darum ging, Geld für eine bessere Bezahlung und Personalausstattung locker zu machen, sind sowohl die Kommunen, als auch die Bundesländer und auch der Bund abgetaucht.

Es gibt also viel zu tun. Arbeitgebern die auf Kooperation setzen, bieten wir als Gewerkschaft an, gemeinsam nach Lösungen zu suchen.


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