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"Wir brauchen Flächen, Baurecht, Geld!"

Die Stadt will schneller und mehr Wohnungen bauen als bisher

Die Schlüsselfrage für die nächsten Jahre in München: Finden die Bürger bezahlbare Wohnungen für sich und ihre Familien? (Bild: LHM)

"Das ist elementar wichtig für diese Stadt", sagt Oberbürgermeister Dieter Reiter:  Es geht um das Wohnen. Dass es zu wenig Wohnungen in München gibt, ist kein Geheimnis. "Das ist seit den 70er Jahren so", sagt Reiter. Aber nur wenn es genug bezahlbaren Wohnraum gebe, werde die Struktur der Bevölkerung nicht abgleiten. Der Oberbürgermeister ist angesichts nicht kleiner werdender Herausforderungen optimistisch: "Das ist schaffbar!" beteuert er und nennt die wesentlichen Dinge, die dafür nötig sind: Flächen, Baurecht, Geld.

"Wir tun mehr"

München habe das umfangreichste Bauprogramm in Deutschland laufen. Mit "Wohnen in München V" stehen 800 Mio. Euro für die Jahre 2012 bis 2016 zur Verfügung. "Wir geben für die Wohnungsbauförderung mehr Geld aus als manche Bundesländer", so Reiter.

Er verweist auf erste Erfolge Richtung "mehr": 1.785 geförderte Wohnungen seien 2015 fertiggstellt worden, 8.445 Wohnungen habe man 2015 genehmigt. So soll künftig das Ziel von 7.000 fertigen Wohnungen im Jahr deutlich überschritten werden. "Wir wollen die Geschwindigkeit weiter erhöhen. Wir tun mehr als in den vergangenen Jahren!" sagt Reiter.

Auch das genossenschaftliches Wohnen soll stärker werden. Allein 2014 seien fünf neue Genossenschaften entstanden, berichtet Stadtbaurätin Elisabeth Merk. Dieses Modell eigne sich auch für die Region. "Da ist noch viel Musik drin!" meint sie. Die städt. Gesellschaften GEWOFAG und GWG haben selbst ehrgeizige Programme aufgelegt und wollen ab 2018 jährlich 1.250 Wohnungen fertigstellen.

Schneller Abläufe, mehr Dichte

Um den Wohnungsbau zu beschleunigen, hat die Stadt ihre Verwaltung gestrafft: Mehr Stellen wurden geschaffen, die Verwaltungsabläufe sollen beschleunigt werden. Hindernde Vorschriften sollen geändert werden - den Stellplatzschüssel zum Beispiel müsse man künftig flexibler handhaben, so Reiter. Änderungen brauche man auch seitens des Bundes, u.a. müssen neue Kategorien gesschaffen werden, um Wohnungen und Gewerbe besser in einem Quartier zusammenbringen zu können - oder um aus Gewerbeflächen Wohnraum zu machen. Diese Umwandlung hat in München seit 2014 über 680.000 qm Geschossfläche für Wohnungen gebracht.
Der Oberbürgermeister sieht zudem keinen Weg an einer Nachverdichtung vorbei. Vorrangig solle aber bei "Neubauten auf der grünen Wiese" dichter als in der Vergangenheit gebaut werden: "Wir müssen dichter bauen", sagt er, "dazu sind wir wild entschlossen." Der Münchner Oberbürgermeister will dabei nicht nur das Umland einbinden und die regionale Zusammenarbeit ausbauen, sondern auch die Nachbarschaften mit ins Boot nehmen.

Ohne Nachbarn geht es nicht

"Wir brauchen die Nachbarschaften dazu", pflichtet  Stadtbaurätin Elisabeth Merk bei, denn "wir brauchen ein gemeinsames Verständnis, dass wir mehr Wohnungen brauchen." Die Bürgerbeteiligung spiele bei neuen Planungen daher eine wichtige Rolle. Verschiedene Module habe man dafür entwickelt, um die Bürger zügig und effektiv einbinden zu können - denn auch ein Zuviel an Diskussionen koste Zeit, ohne entsprechend Gewinn zu bringen.

Entscheidend für die Schaffung neuen Wohnraums ist in München die Grundstückspolitik. Das Kommunalreferat verkauft nun grundsätzlich keine städtischen Areale mehr aus fiskalischen Gründen. Wohnungspolitische Kriterien sind ausschlaggebend für die Vergabe an Investoren, erklärt Kommunalreferent Axel Markwardt. Indem man auf den Bieterwettbewerb verzichte, dämpfe man die Preisentwickung. 2012 bis 2015 habe man so auf 138 Mio. Euro an Grundstückserlösen verzichtet, dafür aber 250.000 qm Fläche für über 3.000 Wohnungen bekommen.

61.000 Wohnungen möglich

In den vergangenen drei Jahren hat die Stadt München Baurecht für 15.000 Wohnungen geschaffen und zugleich den Bau von 24.200 Wohnungen genehmigt, so Merk. Durch Nachverdichtung, Umstrukturierung und Neuentwicklungen könne man in den nächsten 20 Jahren ein Potential von 61.000 weiteren Wohnungen generieren. Das, so Merk, sei aber nicht das Ende der Fahnenstange, sondern nur die gegenwärtige Abschätzung.  Kreative Lösungen bleiben daher gefragt, denn München soll bis 2030 um 200.000 Menschen wachsen.

Um der Wohnungsknappheit entgegenzuwirken, muss München mit der Region zusammenarbeiten. "Wir müssen München gemeinsam entwickeln!", so Oberbürgermeister Reiter. Schon 2014 rief er daher zu einem "Regionalen Bündnis für Wohnungsbau und Infrastruktur" auf. Bei gemeinsamen Wohnbaukonferenzen - zuletzt im März und Mai - mit Teilnehmern aus Politik, Wirtschaft,Verbänden, Verwaltung und Wissenschaft wurde über die Schaffung bezahlbarer Wohnungen diskutiert. Man erhofft sich eine gutes Zusammenarbeit, in der Infrastruktur und beim Bau. Dazu zählt auch, dass städtische Unternehmen wie die GWG und GEWOFAG auch im Umland bauen dürfen.

"Wir müssen dichter bauen"

Das Ziel, bis 2030 möglichst viele Flächen für den Wohnungsbau zu gewinnen, möchte die Stadt München mit Hilfe von Nachverdichtung, Umstrukturierung und Neuentwicklung erreichen. "Wir müssen dichter bauen", meint Oberbürgermeister Dieter Reiter. Weil jedoch viele Anwohner dadurch eine Beeinträchtigung ihrer Wohnqualität befürchten, soll der Fokus vermehrt auf der dichteren Bebauung von Neubauvierteln liegen. Die Nachverdichtung, also der nachträgliche Ausbau von bereits bebauten Grundstücken, soll kein vorrangiges Ziel sein.

Neue Wege gehen

Günstiger Wohnraum lässt sich schaffen, indem beim Bau die Kosten niedrig gehalten werden.  Am Dantebad hat die GEWOFAG einen Parkplatz überbaut und innerhalb eines Jahres in Holz- und Modulbauweise 100 Wohneinheiten errichtet. Ein anderes Beispiel nannte Dieter Reiter: Inzwischen baue man z.B. über einen im Erdgeschoss liegenden Supermarkt Wohnungen - das sei vor einigen Jahren noch nicht denkbar gewesen.

"Wir brauchen ein gemeinsames Verständnis in der Stadt“, findet Dieter Reiter und appelliert an die Bewohner für mehr Akzeptanz. Auch die Stadtverwaltung bemühe sich:  "Wir werden besser werden, was die Kommunikation angeht", versichert er.

Bauen ohne Tiefgarage

In der Hinterbärenbadstraße in Sendling-Westpark realisiert die GWG München ein kostengünstiges Modellprojekt. Ziel: eine durchschnittliche Kaltmiete von unter 10 Euro pro Quadratmeter. Die GWG hat alle technischen und strukturellen Standards, einschließlich der Richtlinien und Vorschriften, hinterfragt. In der Summe ergibt sich eine Baukosteneinsparung von rund 300 Euro pro qmWohnfläche. Als ein zusätzlicher Kostenfaktor ist der Bau einer Tiefgarage bekannt, deshalb setzt die GWG  auf autofreies Wohnen mit alternativen Mobilitätsangeboten. Voraussichtlicher Einzugstermin für die neuen Mieter ist Juli 2017. Die Bundes- und Lokalpolitik zeigt großes Interesse an dem Modellprojekt "Kostengünstig bauen", um bezahlbares Wohnen zu ermöglichen: Jüngst haben sich die SPD-Bundestagsmitglieder Claudia Tausend, Florian Post und Florian Pronold vor Ort darüber informiert, wie das Projekt zustande gekommen ist.


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