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Wie lösen wir das Dilemma?

Wie denken Stadträte über vermüllte Wertstoffinseln?

Die Wertstoffinseln in München werden von privaten Entsorgerfirmen betrieben. (Bild: job)

Wie lässt sich die Situation an den Wertstoffinseln (Überfüllung, Vermüllung, Lärm) verbessern? Was halten Sie von Unterflurcontainern? Wir wollen möglichst kurze Wege zum Container, um nicht weit schleppen zu müssen; nur zu nah sollten sie auch nicht vor unserer Nase aufgestellt werden, weil wir Lärm und Dreck lieber vor der Haustür der Anderen haben als vor der eigenen. Wie lösen wir dieses Dilemma? Wir haben Stadträte befragt:

"Zu einem funtionierenden Stadtleben gehören Wertstoffinseln dazu"

Stadtrat Winfried Kaum (CSU):

SIe lässt sich verbessern, indem z.B. die LH München die Drittdienstleister besser kontrolliert und auch die entsprechenden Verträge mit den Drittdienstleistern mit härteren Klauseln gefasst werden. Der Drittdienstleister muss bei unregelmäßiger Leerung und nicht entsprechender Säuberung der Wertstoffinseln in Regress genommen werden. Die LH München hätte auch die Möglichkeit, Müllkontrolleure einzusetzen. Diese könnten illegal abgeladenen Müll kontrollieren und entsprechend ahnden. Meiner Meinung nach am wichtigsten ist eine häufigere Leerung und die konsequente Reinigung der Wertstoffinsel bzw. der Umgebung. Unterflurcontainer sind teuer. Sie sind sicherlich in Neubaugebieten zu fördern, wenn dies technisch machbar und wirtschaftlich tragbar ist.

Jeder kann bei sich selber anfangen. Müllvermeidung im privaten Haushalt geht gut und verringert den zu entsorgenden Müll. Generell muss sich jeder fragen, warum er nicht bereit ist, die notwendigen und sinnvollen Wertstoffinseln bzw. Container in seiner Umgebung zu dulden. Zu einem funtionierenden Stadtleben gehören Wertstoffinseln dazu. Diese sollten auch in Wohnortnähe aufgestellt sein, sonst werden sie nicht benutzt.

"Es gibt leider keinen Königsweg"

Stadtrat Christian Müller (SPD):

Entgegen der landläufigen Meinung, die Landeshauptstadt München würde das Wertstoffsammelsystem selbst organisieren, ist das nicht so. Die Verantwortung für die Entsorgung von Verkaufsverpackungen liegt seit dem Inkrafttreten des Verpackungsgesetzes am 1.1.2019 nicht mehr in der Zuständigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers (AWM), sondern wurde den sogenannten Dualen Systemen übertragen. Gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 Verpackungsgesetz haben sich Hersteller von systembeteiligungspflichtigen Verpackungen mit diesen Verpackungen zur Gewährleistung der flächendeckenden Rücknahme an einem oder mehreren Systemen zu beteiligen.

In München wurden nun zum Sammeln keine „Gelben Tonnen“ (wie in vielen Landkreisen) eingeführt, sondern die „Wertstoffinseln“. Die Klagen vieler Anwohnerinnen und Anwohner sind mir seit langem bekannt – und ich teile sie auch. Weder halten sich die Münchnerinnen und Münchner an die Zeiten, noch werden dort nur die vorgesehenen Wertstoffe entsorgt. Ist der Container voll, lässt man seine Sammlung einfach stehen. All diese Probleme lösen aus meiner Sicht übrigens auch Unterflurcontainer nicht.

Wir werden uns daher in den nächsten Jahren im Stadtrat intensiv damit befassen, wie letztlich ein möglichst reibungsloses und nachbarschaftserträgliches System gestaltet werden könnte. Leider gibt es da keinen Königsweg.

"Geeignete Plätze zu finden ist keine leichte Aufgabe"

Stadträtin Veronika Mirlach (CSU):

Vor der eigenen Haustüre möchte niemand Sammelcontainer haben, aber zu weit weg dürfen sie auch nicht sein, denn keiner will den eigenen Müll weit tragen. Geeignete Plätze zu finden ist daher keine leichte Aufgabe. Aus stadtgestalterischer Sicht finde ich es schön, wenn der öffentliche Raum von Sammelbehältern freigehalten wird und stattdessen sog. Unterflurcontainer etabliert werden könnten. Leider sind diese aus unterschiedlichen Gründen nicht immer umsetzbar. Oft kollidiert ein solches Vorhaben mit anderen Interessen, wie z.B. der Baumbepflanzung. Bäume brauchen Platz für ihre Wurzeln, ebenso unterirdische Container aufgrund ihrer Größe.

Nach dem Verpackungsgesetz sind für die Sammelbehälter im Übrigen nicht die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger - in München der AWM - zuständig. Die Stadt kann daher nur Vorschläge für geeignete Standorte u.a. der Bezirksausschüsse an die Betreiberfirmen weitergeben und anregen, einen entsprechenden Genehmigungsantrag zu stellen.

Ich bin mir bewusst, dass eine Lösung nicht leicht ist und es immer zwei Seiten der Medaille gibt. Daher achte ich darauf, Müll zu vermeiden und so einen Beitrag zu leisten.

Ein kleiner Tipp: auf jedem Container steht eine Hotline, welche bei Überfüllung angerufen werden kann.

"In einem dichteren Takt leeren und säubern"

Stadträtin Alexandra Gaßmann (CSU):

Auch ich kenne die Problematik mit den verstopften und vermüllten Wertstoffinseln in München und vor allem in Laim sehr gut und es ärgert mich. Das ist kein schönes Bild für unsere Stadt.

Ich sehe folgende Lösungen für möglich: Zum einen müssten die häufig überfüllten Container in einem dichteren Takt geleert und gesäubert werden. Bei diesen Säuberungen sollte auch der Platz um die Container, an dem oft weiterer Müll lagert mit einbezogen werden. Bei der Gelegenheit ist es mir auch wichtig, die Bürgerinnen und Bürger dieser Stadt anzusprechen. Wir alle benutzen die Wertstoffcontainer und gleichzeitig will niemand eine vermüllte und stinkende Wertstoffinsel vor seiner Tür haben. Daher ist es auch wichtig, vor schon überfüllten Containern keinen weiteren Unrat abzulagern und vor allem auch Sperrmüll in den Wertstoffhöfen zu entsorgen.

Zum anderen wünsche ich uns in Laim Unterflurcontainer, wie sie es bereits in anderen Städten gibt. Dies würde Platz sparen, sieht gleich ordentlicher aus und da der Müll im Untergrund ist, stinkt es auch nicht mehr. Damit diese innovativen Unterflurcontainer auch allen Münchnerinnen und Münchnern nutzen, müssten diese nicht nur in neu entstehenden Stadtteilen, sondern auch in den bereits bestehenden Vierteln etabliert werden.

"An die eigene Nase fassen und weniger Müll produzieren"

Stadträtin Anja Berger (Grüne):

Wenn man durchs Viertel radelt, ist das Problem nicht zu übersehen: Vermüllte Wertstoffinseln sind mittlerweile eher die Regel. Das ist nicht verwunderlich, weil die die Müllmenge, die jeder und jede „produziert“ seit Jahren zunimmt. Die Frage, ob das Sammelsystem, wie wir es seit mehr als 20 Jahren kennen, gescheitert ist, lässt sich nicht so einfach beantworten. Gescheitert sind jedoch (leider) alle Bemühungen, Müll zu vermeiden. Neue Angebote, wie beispielsweise Unverpackt-Läden, sind ein Hoffnungsschimmer. Nach mehr als 20 Jahren ist es an der Zeit das ganze – vertraute - System neu und ergebnisoffen zu überdenken. Hierzu müsste man auch an die rechtlichen Rahmenbedingungen bei Bund und Land ran.

Auch ohne Überfüllung sind die Wertstoffinseln kein optischer Gewinn im Stadtbild. Unterflurcontainer sind teuer, würden aber besser in das Stadtbild passen – wenn sie denn regelmäßig geleert werden. Leider liegen unter den Straßen und Wegen bereits viele Leitungen, so dass es in Bestandsgebieten nur schwierig umsetzbar ist. Zudem würde man das bestehende Sammelsystem in den Boden betonieren. Wenn man dann zum Ergebnis kommt, dass beispielsweise eine Gelbe Tonne besser wäre, hätte man viel Geld unnötig vergraben. Eine Gelbe Tonne ihrerseits passt vielerorts nicht in die bestehenden Müllhäuschen.

Jede – alternative Lösung zum bestehenden System hat einen großen Pferdefuß. Diesem Dilemma entkommen wir nur, wenn wir alle uns an die eigene Nase fassen und weniger Müll produzieren. Ich versuche das so gut es geht.

"Wertstoffe gehören in kommunale Hand"

Stadträtin und Bürgermeisterin Verena Dietl (SPD):

Die Stadt hat mit den Wertstoffinseln nichts zu tun. Sie werden rein privat vom Dualen System Deutschland (Stichwort „Grüner Punkt“) betrieben und verantwortet, die dazu in München Verträge mit den Firmen Remondis und Wittmann geschlossen haben. Der Fehler liegt in diesem System, das wir grundsätzlich ändern müssten. Auch Wertstoffe gehören in kommunale Hand, damit wir uns dann auch selbst darum kümmern können. Die Entsorgung wäre zuverlässiger, und die Einnahmen daraus würden die Müllgebühren stabil halten. Bis zu einer Änderung bitte ich alle Betroffenen, sich unmittelbar und deutlich direkt bei Remondis und Wittmann zu beschweren und gemeinsam mit uns in der Stadt den offenbar notwendigen Druck ständig zu erhöhen. Kontaktdaten stehen auf jedem Container.

Unterflurcontainer mögen bei Neubauten Sinn machen, sind aber im Bestand oft nicht möglich. Für eine vierte, gelbe Tonne ist in den meisten Wohnanlagen in unserer dichten Stadt meist kein Platz, gelbe Säcke möchte ich nirgends am Straßenrand sehen. Wenn sich alle an die geltenden Regeln halten würden, z. B. kein Glaseinwurf in der Nacht oder kein Restmüll in die Container, hätten wir deutlich weniger Probleme. Da müssen wir uns alle auch ein Stück an die eigene Nase fassen.

"Es sollte komplett zurück in kommunale Hand"

Stadträtin Anna Hanusch (Grüne):

Wertstoffe sind tatsächlich ein wertvolles Gut und wir müssen noch mehr Menschen dazu bringen, diese mit dem Sammel-Containern ins System zurückzugeben. Leider scheitern wir im Bezirksausschuss seit Jahren daran, diese Container attraktiver und z.B. auch barrierefrei zu gestalten. Dass die Industrie immer noch zu wenig auf Recycling ausgerichtete Verpackungen schafft und diese gerade in diesen Tagen die Mülleimer und Wertstoffinseln überlaufen lassen, kommt dazu. Jede sollte selbst noch besser darauf achten beim Konsumieren. Gerade bei den Kunststoffen haben die Kommunen keinerlei Spielräume zu definieren, wer sammelt und was damit passiert. Hier wurden auf Bundesebene viele Fehlentscheidungen getroffen. Die Kreislaufwirtschaft sollte komplett zurück in kommunale Hand. Dann können wir auch die bessere Qualität bei der Gestaltung der Sammelstellen erreichen - und damit auch eine höhere Akzeptanz.

"Den Druck auf die Firmen weiter erhöhen"

Stadtrat Christian Vorländer (SPD):

Die Situation an den Wertstoffinseln - Überfüllung, Vermüllung und Lärm - muss dringend verbessert werden. Ich habe großes Verständnis für die Verärgerung vieler Bürgerinnen und Bürger - und ärgere mich selbst an meiner nächstgelegenen Wertstoffinsel auch oft genug über deren Zustand. Man muss wissen: Die Verantwortung und der Betrieb der Wertstoffinseln liegt nicht bei der Stadt, sondern bei dem sog. Dualen System und hier in München bei deren Betreiberfirmen Remondis und Wittmann. Nichtsdestotrotz müssen wir als Stadt den Druck auf diese Firmen weiter erhöhen, damit häufiger Leerungen stattfinden und die Inseln ordentlich gereinigt werden. Mit Ekel und gerümpfter Nase will niemand seinen Wertstoffmüll entsorgen!

Unterflurcontainer finde ich grundsätzlich gut, sie sind jedoch vielerorts an unterirdischen Leitungen oder Baumwurzeln nicht möglich. Kurze Wege zur nächsten Wertstoffinsel sind wünschenswert. Und man akzeptiert sie vor der eigenen Haustür viel eher, wenn sie sauber und in einem ordentlichen Zustand sind. Wir bleiben im Rathaus an dem wichtigen Thema dran und tun alles dafür, damit es endlich spürbar besser wird!


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