Von Rollstuhl-Check bis inklusiver Ferienfreizeit
KJR setzt sich täglich für Kinder und Jugendliche mit Behinderungen ein/ Film veröffentlicht
Der 3. Dezember ist der Internationale Tag der Menschen mit Behinderungen. Für ihre Interessen setzt sich der Kreisjugendring München-Stadt (KJR) an diesem wie an jedem anderen Tag ein. „Menschen mit Behinderungen sollen genauso am Leben teilhaben können wie Menschen ohne Behinderungen“, betont Lena Schreiber. Und damit hat sie das Ziel ihrer täglichen Arbeit ebenso kurz wie umfassend beschrieben. Schreiber leitet die Fachstelle für Inklusion im KJR und setzt sich dort dafür ein, dass Vielfalt berücksichtigt und wertgeschätzt wird. „Konkret heißt das: Wir streben die Teilhabe aller Menschen an, die sich beteiligen möchten.“
Schreiber koordiniert Ehrenamtliche mit und ohne Behinderungen, setzt sich dafür ein, dass Kinder mit Behinderungen an Ferienprogrammen teilnehmen können und unterstützt Freizeitstätten, für Kinder und Jugendliche mit Behinderungen attraktiver zu werden. So berät sie die Pädagoginnen und Pädagogen dort und bringt die Interessen und Belange junger Menschen mit Behinderungen gezielt in die Angebotspalette der Offenen Kinder- und Jugendarbeit ein.
Die erste Hürde ist dabei selten die Türschwelle, sondern schon die Homepage. So schön etwa bunte Bilder sind, für Menschen mit Sehbehinderung sind sie ohne Bildbeschreibung nutzlos. Und wenn Texte zu kompliziert sind, blei-ben sie für viele unzugänglich. So hat der Kreisjugendring München-Stadt auf seiner kürzlich neu gestalteten Website www.kjr-m.de erstmals Erklärungen und Texte in einfacher Sprache veröffentlicht.
Ehrenamtliches Engagement
Dass Kinder mit und ohne Behinderungen gemeinsam an Ferienprogrammen wie dem Walchensee-Zeltlager im Sommer oder an der Winterfreizeit „Schneebeben“ teilnehmen können, dafür sorgen ehrenamtliche Assistenzen, die bei Bedarf vermehrt unterstützen. „So gestalten wir Projekte und Freizeiten inklusiv und schaffen damit Räume für Begegnung“, erläutert Schreiber. Diese Begegnungen bauen ebenfalls Barrieren ab, und zwar in den Köpfen.
Dazu arbeitet sie mit ehrenamtlichen inklusiven Teams zusammen, die aus Menschen mit und ohne Behinderungen bestehen. Die Experten in eigener Sache sind für die Arbeit unverzichtbar. Sie helfen auch dabei, interessierte Menschen mit und ohne Behinderungen über die Arbeit der Fachstelle für Inklusion zu informieren und als Einsatzstelle für ehrenamtliches Engagement sichtbar zu machen. Daher ist Schreiber mit ihrem Kollegen auf der Münchner Freiwilligen-Messe dabei, die vom 22. bis 31. Januar 2021 unter www.muenchner-freiwilligen-messe.de stattfindet.
„Auf Herz und Rampen prüfen“
Das Projekt „Auf Herz und Rampen prüfen“ ist an die Fachstelle für Inklusion angegliedert und führt ganz praktische Sensibilisierungs-Angebote durch. Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene erkunden dabei im Rollstuhl oder mit Blindenlangstock und Augenmaske die Umgebung und lernen, sich in die Lebenswelt von Menschen mit Behinderungen einzufühlen. Wegen der aktuellen Corona-Pandemie können die Projekte vor Ort leider nicht wie gewohnt stattfinden.
Hier kommen deswegen – statt einer persönlichen Einführung – Video und Internet zum Einsatz. In einem extra dafür produzierten Film berichten ehrenamtlichen Mitarbeitende über ihr Leben mit einer Behinderung. Etwa der 24-jährige Cory, der von Geburt an mit dem Charcot-Marie-Tooth-Syndrom lebt.
„Ist es schlimm, eine Behinderung zu haben?“
„Das ist etwas mit den Nerven“, erklärt er, „die Informationen, die mein Gehirn sendet, kommen nur begrenzt an in meinen Beinen“. So beantworten er und andere Ehrenamtliche Fragen, die Kinder und Jugendliche ihnen oft stellen. Zum Beispiel: „Ist es schlimm, eine Behinderung zu haben?“ Teena, 56, von Geburt an blind, sagt dazu „Es ist für mich überhaupt nicht schlimm, aber manchmal nervig, das geb‘ ich zu, aber es ist nicht so, dass sich mich jeden Tag darüber ärgere.“ Cory ergänzt: „Ich kenne es ja nicht anders!“.
Oder die Frage: „Soll man Menschen mit Behinderung Hilfe anbieten?“ Cory lacht, denn er wollte vorhin erst „mit dem Rollstuhl aus dem Bus jumpen“, ist dabei mit den Vorderrädern hängengeblieben und es hat ihn „volle Kanne vorne rausgehauen“. Den drei Leuten, die ihm zu Hilfe geeilt sind, war er nicht beleidigt, auch wenn er es selbst geschafft hätte. „Ich find’s toll, wenn andere Menschen Hilfe anbieten. Das ist mir lieber als in einer Welt voll Egoisten zu leben!“
Teena, Cory und viele andere berichten auch von ihren Hobbys, ihrem Lieblingssport, ihrem Beruf und ihren Träumen. Der etwa viertelstündige Film ist unter www.vimeo.com/465779183 kostenlos und ohne Anmeldung zu sehen.
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