Wochenanzeiger München Wir sind Ihr Wochenblatt für München und Umland

Vergangenes lebendig machen

Tag der Archive stellt Bürgerrechte in den Mittelpunkt

Das Bayerische Wirtschafts­archiv (BWA) gibt Einblicke in das Leben und Arbeiten vor 100 Jahren: Näherinnen im Wäschehaus Rosner & Seidl (1910). (Bild: Bayerisches Wirtschaftsarchiv)

Was eine Revolution tatsächlich bedeutet, können die wenigsten von uns ermessen. Das Alte muss weg, etwas Neues, Besseres soll her – das ist die Kurzform. Im Detail spielen noch andere Aspekte eine große Rolle: Unsicherheit, Angst, Gewalt. Vor einem Jahrhundert war genau das die Situation auch in München. Darum dreht sich am kommenden Samstag, 3. März, der Tag der Archive im Staatsarchiv München. Das Archiv in der Schönfeldstraße 3 (Nähe Odeonsplatz) lädt ein zu einer Zeitreise in eine alles andere als idyllische Vergangenheit. Das Ziel ist der November 1918 in München, als Kurt Eisner den Freistaat ausrief.

In einer Lesung lässt der Schauspieler Winfried Frey die Ereignisse Revue passieren. In vier Teilen liest er ab 11 Uhr aus Zeitdokumenten von 1918 und 1919, die im Staatsarchiv verwahrt werden. Ergänzt werden die Zeitzeugenberichte durch eine Rahmenhandlung, die die jeweilige Situation im München dieser Zeit darstellt. Der Eintritt ist frei, die fortgesetzte Lesung findet jeweils zur vollen Stunde statt.

Das Staatsarchiv München bietet am 3. März parallel ein weiteres Programm an. Ab 10 Uhr gibt es im Stundentakt Führungen im Archiv zu verschiedenen Schwerpunkten. Die beiden letzten Führungen um 15 und 16 Uhr haben das Thema "Revolution" und schließen sich so der Lesung an. Darüber hinaus findet im Staatsarchiv ein Bücherbazar und ganztägig eine Filmvorführung "Revoluzzer, Räte, Reaktionäre" statt.

16 Archive machen mit

Unter dem Motto "Demokratie und Bürgerrechte" veranstaltet der Verband deutscher Archivarinnen und Archivare (VdA) alle zwei jahre bundesweit den Tag der Archive. Jedes teilnehmende Archiv kann einen eigenen Schwerpunkt wählen. Allein in München nehmen 16 Archive mit einem vielfältigen Programm teil. Es sind dies das Archiv des Deutschen Museums, das Archiv der Akademie der Bildenden Künste, die Bayerische Staatsbibliothek, das Institut für Zeitgeschichte, das Valentin-Karlstadt-Musäum, das Archiv des Erzbistums, das Archiv des Deutschen Alpenvereins, das Archiv "forum homosexualität münchen", die Archive des Bayerischen Rundfunks, das Archiv des Bayerischen Landtags, das Bayerische Wirtschaftsarchiv, die Monacensia, das Archiv Geiger und das Carl-Orff-Zentrum, die sich allesamt um das Münchner Stadtzentrum scharen.

Mehr über die Veranstaltungen zum Tag der Archive gibt es online auf der Seite www. tagderarchive.de.

Wilde Gerüchte

Alle Archive haben etwas gemeinsam: Sie bewahren Erinnerungen. Oft bewahren Archive die reinen Fakten auf. Für Emotionen ist da wenig Platz. Doch die entstehen ganz von selbst, wenn Zeitzeugen der Vergangenheit Geschichte und Geschichten erzählen – so wie das bei der Lesung im Staatsarchiv deutlich wird. So berichtete der Lehrer Josef Hofmiller 1919: "Da hier außer der Neuen Zeitung und der Münchner Post keine Zeitung erscheint, und die erschienenen nur sehr wenig Tatsächliches bringen, ist es ganz unmöglich, Bestimmtes über die wilden Gerüchte zu erfahren, die umgehen: Ob wirklich im Herzogpark und in den feinen Vierteln Schwabings (Friedrichstraße zum Beispiel) so viel geplündert wurde; oder der Erzbischof geflohen ist oder in Schutzhaft, wer die Geistlichen sind, von denen ein Plakat spricht; ob wirklich auf dem Oberwiesenfeld eine Anzahl Offiziere standrechtlich erschossen wurde."

Es waren Zeiten der Angst. Diese Zeiten haben wir hinter uns gelassen. Das Staatsarchiv München kümmert sich darum, dass wir sie nicht vergessen.

 

Weißblaue Firmenkapitäne

Zum bundesweiten Tag der Archive stellt das Bayerische Wirtschafts­archiv (BWA) das spannende und mitunter auch kuriose Leben und Wirken weiß­blauer Firmenkapitäne vor. Die Ausstellung mit dem Titel „UnternehmerGestalten: Bayerische Wirtschaftspersönlichkeiten aus zwei Jahrhunderten“ enthält zahlreiche wertvolle Originalexponate und Porträts der Gründerzeit. Der Bogen spannt sich dabei über zwei Jahrhunderte: vom Pionier der Münchner Telephonie, Friedrich Reiner, über den Optikfabrikanten Josef Rodenstock bis hin zum Zeitungsverleger August Schwingenstein.

Bayerisches Wirtschaftsarchiv in der IHK-Akademie an der Orleansstraße 10-12

Samstag 10-17 Uhr, kostenlose Führungen

 

Führung im Sollner Archiv Geier

Anlässlich des "Tages der Archive" bietet das Archiv Geiger seine nächste öffentliche Führung an. Dabei erhalten die Besucher einen kunsthistorischen Einblick in das vielfältige Schaffen des Künstlers. Kosten: 10 Euro pro Person. Dauer der Führung: 90 Min. Anmeldung erforderlich unter Tel. (089) 72779653.

Archiv Geiger (Muttenthalerstr. 26)

Samstag, 11 und 14 Uhr

 

1968 – Paris, München, Prag

Mit dem Jahr 1968 verbinden sich weitreichende Veränderungen, Ereignisse, Erzählungen und Mythen. Das Archiv des Instituts für Zeitgeschichte nimmt das Thema „Bürgerrechte und Demokratie“ auf und wirft Schlaglichter auf die Vorgänge in Paris, München und Prag vor 50 Jahren. Magazinführungen zur vollen Stunde und nach Bedarf.

Institut für Zeitgeschichte (Archiv Leonrodstr. 46b)

Samstag, 10-17 Uhr

 

In die Welt der Berge

Im Alpinen Museum sind Führungen durch das Archiv und die Sammlung um 11, 13, 15 und 17 Uhr geplant.

Alpines Museum (Praterinsel 5)

Samstag, 10-17 Uhr


Verwandte Artikel

Startseite Anzeige aufgeben Zeitung online lesen Jobs Kontakt Facebook Anfahrt