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"Tierschutz vor Wirtschaftlichkeit"

300 Hühner aus Bodenhaltung im Tierheim eingetroffen

Für Legehennen sind in Deutschland vier Haltungsformen zugelassen: Kleingruppenhaltung, Bodenhaltung, Freilandhaltung und ökologische Erzeugung. Die herkömmliche Käfighaltung ist in Deutschland seit dem 1. Januar 2010 verboten, wurde aber im Grunde genommen nur namentlich durch die Kleingruppenhaltung ersetzt. "Im beengten Käfig sitzen diese armen Tiere dennoch", weiß Judith Brettmeister, die im Tierheim München für die Verwaltung und Öffentlichkeitsarbeit zuständig ist. Viele Hennen aus den ersten beiden Haltungsformen ereilt ein schweres Schicksal. Bei der Bodenhaltung werden sie beispielsweise in einer Gruppe von bis zu 6.000 Tieren als Eier-Produktionsmaschinen in einem geschlossenen Stall mit bis zu vier übereinander angeordneten Ebenen gehalten, die aus Sitzstangen und höher gelegenen Laufflächen bestehen. 300 solcher Tiere aus Bodenhaltung trafen nun vergangenen Mittwoch im Münchner Tierheim in der Riemer Straße 270 ein. "Sie stammen aus einer Masttieranlage aus dem Bayerischen Oberland. Ihr Zustand ist katastrophal: Die Hennen haben teilweise keine einzige Feder mehr am Körper und bei manchen klebt das Ei noch in der Kloake."

Das Tierheim rettet die Hühner vor der Vergasung mit Kohlendioxid. "Da sie beim Eierlegen nicht mehr die anfängliche Leistung bringen, stallt der Landwirt zwei Mal im Jahr ungefähr 300 Hühner aus." Es sei billiger für ihn diese Hühner zu töten, als sie trotz geringerer Eierproduktion wieder einzustallen. "Wir stellen Tierschutz vor Wirtschaftlichkeit! Da wir die Tötung verhindern wollen, übernehmen wir die Hennen, die ja weiterhin Eier legen", so Brettmeister, die sich mit dem Team des Tierschutzvereins gegen Masttierhaltung einsetzt. Seit geraumer Zeit beteiligt sich der Verein auch an der Aktion "Rettet das Huhn", die Ende 2007 von der Tierschützerin Katja Tiepelmann ins Leben gerufen wurde. Im Laufe der Jahre entstand ein breites Aktions-Netzwerk, das sich für die Vermittlung von "ausgedienten" Legehennen in ein artgerechtes Zuhause engagiert. Auf deren Internetseite unter  www.rettetdashuhn.de werden nicht nur ausführliche Informationen rund um die artgerechte Hühnerhaltung gegeben, sondern auch Erklärungen über die Bedeutung des Codes auf dem Ei geliefert. Denn was viele nicht wissen: Dieser gibt Aufschluss über die jeweilige Haltungsform, das Erzeugerland sowie den Legebetrieb, aus dem das Ei stammt. "Merke: Kaufe kein Ei mit 2 oder 3, denn das bedeutet Tierquälerei", rät Judith Brettmeister. "Die Eier mit dem Code 3 kommen aus Kleingruppenhaltung, welche in Deutschland die schlimmste Haltungsform ist. Und die Eier unserer geretteten Hühner wären mit dem Code 2 - also Bodenhaltung - versehen worden." Für nähere Informationen empfiehlt sie auch die Internetseite www.was-steht-auf-dem-ei.de .

Nach der medizinischen Erstversorgung der neuen Tierheim-Gäste können die 300 Hennen bald vermittelt werden. Einige sollen jedoch für die Gockel als Partnerinnen im Tierheim behalten werden. Vermittlungssorgen gebe es bei den 300 Tieren nicht: "In München können Hühner problemlos gehalten werden, man muss sie nur beim Veterinäramt und der Tierseuchenkasse melden. Die Kosten dafür sind sehr gering.  In den letzten Jahren waren die Legehennen immer ziemlich schnell vermittelt, teilweise arbeiten wir schon mit Wartelisten", erklärt Brettmeister. Für die Haltung benötige man lediglich ausreichend umzäunte Freifläche sowie "einen Stall, in den man sie abends einsperrt – sonst holt sie der Fuchs."

Wer sich für die Tiere interessiert, kann sich für weitere Informationen an Petra Strauch unter Tel. (089) 921000-25 oder an die Wildtierpfleger mobil unter 0174-7729600 wenden.

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