"Selbsthilfegruppen sind eine wichtige Ergänzung"
Selbsthilfezentrum unterstützt Petition zur Systemrelevanz
Die Petition "Selbsthilfegruppen und Selbstorganisierte Initiativen als systemrelevant einordnen!" wurde beim Landtag mit knapp 4.000 Unterschriften eingereicht. Sie soll im Ausschuss für Gesundheit und Pflege beraten werden. Das Selbsthilfezentrum München und alle Unterstützer der Petition appellieren darin an die Staatsregierung, Selbsthilfe als systemrelevanten Bestandteil des öffentlichen Lebens anzuerkennen und einzuordnen, damit ihre Akteure gerade in Krisenzeiten die Arbeit fortführen können, anstatt in Isolation und Stillstand zu erstarren.
"Selbsthilfe schien vergessen zu sein"
Die Petition wurde nach der Aufhebung des coronabedingten Lockdown im Juni auf der Plattform OpenPetition.de geschaltet, als das öffentliche Leben an den verschiedenen Stellen wieder in Gang kam. Selbsthilfegruppen schienen jedoch vergessen zu werden. Viele Selbsthilfe-Kontaktstellen in ganz Bayern haben sich in dieser Zeit wochenlang vehement dafür eingesetzt, dass Treffen von SH-Gruppen wieder ermöglicht werden. Eine flächendeckende und einheitliche Berücksichtigung oder Regelung, wie die Arbeit der Selbsthilfe weiterzuführen ist, war nicht zu erreichen.
"Nicht auf dem Radar"
"Es war und ist nicht nachvollziehbar, dass die Selbsthilfe, gerade vor dem Hintergrund zahlreicher Lockerungen, so lange ausharren musste. Wir sehen den Grund hierfür in der Tatsache, dass die Selbsthilfe in dieser einmaligen Situation auf dem Radar vieler Entscheidungsträger nicht als systemrelevanter Bestandteil des Zivillebens vorhanden ist und daher bei Entscheidungen nicht mitgedacht wird", so das Selbsthilfezentrum. Die Petition soll dies verändern
Sich Halt geben und Unterstützung
Für die Teilnehmer von Selbsthilfegruppen sind die Treffen nicht nur ein vertrauter, regelmäßiger Termin im Kalender, für viele sind die Treffen häufig lebensnotwendig, wenn es sich z.B. um eine Suchtproblematik oder eine psychische Labilität handelt. Die Gruppen geben sich gegenseitig Halt und Unterstützung, nehmen den persönlichen Druck und entlasten im oft schwierigen Alltagsgeschäft. Selbsthilfegruppen sind eine wichtige Ergänzung des professionellen Sozial- und Gesundheitssystems, das schon in ganz normalen Zeiten oft nicht in der Lage ist, die nötige Unterstützung, Behandlungen und Therapien anzubieten. In der aktuellen Krisenzeit wächst der Druck umso mehr – jetzt sind Unterstützung und Entlastung durch die Selbsthilfegruppen umso wichtiger und notwendiger.
11.000 Gruppen
Die Zahl der Selbsthilfegruppen, die im Sozial- und Gesundheitsbereich ca. 900 verschiedene Themen abdecken, kann bayernweit mit etwa 11.000 angegeben werden. Etwa zwei Drittel aller Selbsthilfeinitiativen befassen sich mit Themen rund um die Gesundheit bzw. mit den Folgen von Erkrankungen (z.B. Krebs, Behinderung, Pflege, Depression, Alkoholabhängigkeit uvm.). Ein weiteres Drittel beschäftigt sich mit Themen aus den Bereichen Soziales (z.B. familiäre Probleme, Arbeitslosigkeit, Flucht, Migration etc.) und Umwelt. Die Gruppen leisten diese wertvolle Arbeit ehrenamtlich, unentgeltlich und ohne professionelle Leitung.
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