Wochenanzeiger München Wir sind Ihr Wochenblatt für München und Umland

"Religionsfreiheit garantiert Frieden"

Stephan Pilsinger lädt umstrittenen Open-Doors-Referent ein

CSU-Bundestagskandidat Stephan Pilsinger (links) lud Ado Greve vom Netzwerk Open Doors zum Infoabend ein. (Bild: job)

Christen sind weltweit die am meisten verfolgte Gruppe, sagt Stephan Pilsinger (Bundestagskandiat der CSU in München West / Mitte). Die Gesellschaft lege zwar Wert auf die Menschenrechte, doch dazu werde geschwiegen. Deshalb hatte er zu einem Abend mit Ado Greve in den Augustiner Keller eingeladen, um über Christenverfolgung weltweit zu sprechen. Greve gehört zu dem Netzwerk Open Doors, weshalb der Abend umstritten war:  Gudrun Lux, Vorsitzende der Münchner Grünen und Mitglied des Zentralkomitees der deutschen Katholiken, wirft Open Doors vor, mit falschen Zahlen zu operieren und z.B. Gewaltopfer des Drogenkriegs in mehrheitlich katholischen Ländern wie Mexiko als verfolgte Christen zu zählen. "Millionen Menschen weltweit werden wegen ihres Glaubens verfolgt. Das zu thematisieren ist wichtig", hatte sich Dieter Janecek (er ist der Bundestagskandidat der Grünen im "Pilsinger-Wahlkreis")  im Vorfeld geäußert. Die Zahlen zur Christenverfolgung, die die evangelikale Organisation Open Doors erhebt, seien aber nicht seriös. Er verweist bei seiner Kritik nicht nur auf die beiden großen christlichen Kirchen, sondern auch auf den UNO-Sonderberichterstatter zur Religions- und Weltanschauungsfreiheit, Amnesty International und  Human Rights Watch.

Umstrittene Zahlen

Open Doors nennt eine Zahl von 200 Millionen Christen, die weltweit wegen ihres Glaubens verfolgt werden (ein Jahr zuvor belief sich die Open-Doors-Schätzung auf die Hälfte). Der Ökumenische  Bericht zur Religionsfreiheit von Christen weltweit  von EKD und Deutscher Bischofskonferenz bestätigt solche Zahlen nicht. Und auch er weist darauf hin: "Nicht  jeder  Konflikt,  in  dem  Christen zu Schaden kommen, hat religiöse Gründe."  Nicht nur Christen seien bedrängt, so die Kirchen: Die  Zahlen  und  Berichte  über  die  Verfolgung von Christen zeigen, dass dort, wo  die  Religionsfreiheit  für  Christen  eingeschränkt  ist, auch die Freiheit anderer Religionen missachtet wird, beispielsweise  auch  von  Minderheiten  innerhalb des Islam.

Johannes Singhammer, Vizepräsident des Deutschen Bundestages, unterstützte dagegen die Veranstaltung Pilsingers und rief  dazu auf, diese zu besuchen, um "ein Signal für Religionsfreiheit zu setzen". Singhammer tritt öfter zusammen mit Open Doors auf und erklärte: "Es besteht kein Zweifel daran, dass Christen weltweit wegen ihrer Religion in unerträglicher Weise verfolgt werden. Es ist unsere politische Aufgabe, entschieden gegen religiöse Hetze, Hassreden und religiös begründete Kriminalität vorzugehen."

"Man kann auch einmal Referenten einladen, mit denen nicht jeder einverstanden ist", meinte Pilsinger. "Wir dürfen nicht schweigen, wir müssen Menschenrechte und Religionsfreiheit weltweit einfordern!" Zu Zahlen, so Pilsinger, gebe es "natürlich immer auch andere Meinungen". Er warnte: "Religiöser Nationalismus ist weltweit auf dem Vormarsch!"

Bedrängung in über 100 Ländern

In mehr als 100 Ländern können Christen ihren Glauben nicht frei leben, legte Greve dar. In 50 dieser Länder ist Open Doors vor Ort. "Viele Christen dort sind erschöpft und bitten uns um Hilfe." Die Verfolgung gehe von ganz unterschiedlichen Ebenen aus - vom Regime, von Extremistengruppen wie dem IS oder der eigenen Familie.

"Es ist wichtig zu zeigen, dass Christen in anderen Ländern eine völlig andere Glaubensrealität erleben als wir", unterstrich Greve. Vor Ort frage man die Open-Doors-Mitarbeiter oft: "Wisst ihr in Deutschland, wie es uns hier geht?"

Die Situation schildert Open Doors in Länderberichten. In Nord-Korea etwa seien 50.000 bis 70.000 Christen in Straflagern lebenslänglich in Sippenhaft - der Besitz einer Bibel reiche für diese Strafe. In Indien fordere ein nationalistischer Präsident "Indien den Hindus" und kündige an, dass es in fünf Jahren in seinem Land nur noch Hindus gebe.  "Was wird dann aus den 64 Millionen Christen und aus den Muslimen dort?" fragte Greve. Auch demokratische Staaten erkennen die Schutzbedürftigkeit christlicher Minderheiten zu wenig an, meinte er. Den Christen im Nahen Osten drohe die "Auslöschung".

Für Austausch und Dialog

"Viele meinen, Religion ist die Grundlage für Frieden und Freiheit", sagte Greve - das aber sei ein Irrtum: "Religion kann auch in die ganz andere Richtung führen." Richtig sei: "Die Religionsfreiheit garantiert den sozialen Frieden, nicht Religion per se." Man brauche diesen sozialen Frieden - und dafür den Austausch und den Dialog.

Startseite Anzeige aufgeben Zeitung online lesen Jobs Kontakt Facebook Anfahrt