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Post vom Inkassobüro

Was Verbraucher tun können

(Bild: Fotolia.com © Andrey Popov #217259486)

In Deutschland sind gut 10 Prozent der Verbraucher über 18 Jahre verschuldet – und zwar so weit, dass sie im Creditreform Schuldenatlas auftauchen. Gegenüber dem Vorjahr ist der Wert für 2018 leicht gestiegen. Besonders stark war der Anstieg bei älteren Schuldnern und jenen Betroffenen, die eigentlich kaum bis keine Negativmerkmale bisher in ihren Datensätzen verzeichnet hatten. Wenn Haushalte bzw. Verbraucher bei den Auskunfteien aktenkundig werden , haben sie oft schon unangenehme Post im Briefkasten gefunden. Die Rede ist von Schreiben, deren Adressat ein Inkassobüro ist. Letztere Briefe würde der eine oder andere Schuldner gern verschwinden lassen.

Und auch, wenn es sich in wenigen Fällen um Fehler oder Betrugsmaschen handelt , die meisten von den Büros verschickten Briefen basieren tatsächlich auf Forderungen, bei denen es zu Zahlungsstörungen gekommen ist. Was muss passieren, damit sich ein Inkassobüro einschaltet? Und viel wichtiger: Wie sollte ein Haushalt reagieren, wenn ein Schreiben mit einer Forderung aus dem Briefkasten gefischt wird? Oft macht sich im ersten Augenblick Panik breit. Betroffene haben Angst, sofort öffentlich an den Pranger gestellt zu werden. Und dass die Daten aus der SCHUFA oder von der Creditreform ihnen bei Handy- oder Mietverträgen in Zukunft einen Strich durch die Rechnung machen könnten.

Wann kommt es zur Post vom Inkassobüro?

Inkasso kommt aus dem Italienischen und bedeutet so viel wie „Geld einziehen“. In der Praxis handelt es sich hierbei auf der einen Seite um einen Standardprozess im Bankwesen – nämlich den Einzug von Forderungen (wie Lastschriften) durch die eigene Bank. Auf der anderen Seite steht das gefürchtete Inkassobüro.

Letztere betreiben den Einzug fälliger Forderungen auf fremde oder eigene Rechnung, sie erbringen eine sogenannte Rechtsdienstleistung. Parallel dazu wird von Inkassobüros mitunter auch der Aufkauf oder die Vorfinanzierung von Forderungen mit abgedeckt . Das sogenannte Factoring ist für die Gläubiger-Unternehmen vor allem dann interessant, wenn es um ein größeres Rechnungsvolumen geht. Deshalb wird es vor allem bei Rechnungen an andere Unternehmen betrieben. Der Gläubiger erhält so schneller sein Geld (mit einem gewissen Abschlag) und kann je nach Art des Factorings mitunter auch noch sein Ausfallrisiko abgeben.

Entstanden sind Inkassounternehmen im frühen 20. Jahrhundert. Aufgrund der Rechtslage kann den Inkassobetrieb nicht jedes X-beliebige Unternehmen anbieten, es ist eine behördliche Registrierung notwendig – die Unternehmen unterliegen einem Erlaubniszwang. Wie läuft das Inkassoverfahren im Regelfall ab?

Ablauf des Verfahrens

Forderungen können auf drei verschiedenen Wegen betrieben werden:

aufgrund einer Bevollmächtigung nach Forderungsabtretung (Zession) durch Forderungskauf.

Den Anfang bildet immer ein Rechtsgeschäft bzw. die sich hieraus ergebende Zahlungspflicht. Diese kann durch eine Warenlieferung oder die Erbringung einer Dienstleistung entstehen. Der Zahlungspflichtige kommt seiner Vertragspflicht nach – kein Inkasso. Versäumt er aber die Zahlung, kommt ein mehrstufiger Prozess in Gang.

Außergerichtliches Mahnverfahren: Hier greifen Gläubiger und Inkassobüro ineinander. Gläubiger haben – bevor ein Inkassoverfahren angestrebt wird – den Schuldner im Regelfall bereits an die Zahlung erinnert und bereits gemahnt. Dies basiert, sofern ein konkretes Zahlungsziel nach dem Kalender festgelegt war, auf Kulanz. Nach § 286 BGB gerät der Schuldner nach Fristablauf nämlich sofort in Verzug. Bleibt dies fruchtlos, geht das Ganze zu einem Inkassobüro. Dieses wird prüfen, ob eine Forderung überhaupt legitim war – sprich einer gerichtlichen Prüfung standhalten würde – und tritt mit dem Schuldner in Kontakt. Dies erfolgt schriftlich – in Form einer Mahnung. Darüber hinaus kann ein Inkassobüro auch zum Telefon greifen. Zahlt der Schuldner (als Einmalzahlung oder mit einem Ratenplan) ist das Verfahren beendet. Tipp: Auch wenn ein Inkassobüro mit der SCHUFA droht, wird eine entsprechende Meldung oft erst vorgenommen, wenn ein Mangel an Kooperationsbereitschaft zu erkennen ist.

Gerichtliches Mahnverfahren: Im außergerichtlichen Verfahren hat ein Inkassobüro noch nicht sehr viele Handlungsoptionen. Sollte ein Schuldner nicht willens oder in der Lage sein, die Verbindlichkeit zu zahlen, wird das gerichtliche Mahnverfahren auf den Weg gebracht. Dieser Schritt muss vom Auftraggeber im Regelfall abgesegnet werden. Das Inkassobüro beantragt dann einen Mahn- und Vollstreckungsbescheid. Dies wird wiederum auch dem Schuldner bekanntgegeben. Geht dieser in Widerspruch, kann das Verfahren – sofern der Gläubiger dies anstrebt – ein gerichtliches Verfahren angestrengt werden. Unterbleibt ein Widerspruch, kann der Vollstreckungsbescheid erlassen werden.

Nachgerichtliches Inkasso: Mit dem Vollstreckungsbescheid ist die Arbeit eines Inkassobüros nicht beendet. Auf Basis des Bescheids wird die Pfändung eingeleitet. Diese kann unter anderem gegen Grundbesitz erfolgen oder bewegliche Sachgüter. Im Rahmen des Inkassoverfahrens arbeiten die Unternehmen mit dem zuständigen Gerichtsvollzieher zusammen. Bleibt der Schuldner zahlungsunfähig, wird eine eidesstattliche Erklärung bzw. das Verbraucherinsolvenzverfahren regelmäßig eine Folge sein.

Überwachung des Verfahrens: Insofern eine Verbindlichkeit im bisherigen Verlauf nicht betrieben werden kann, überwacht das Inkassobüro den Schuldner/Sachverhalt weiterhin. Hierbei geht es um wiederkehrende Prüfungen zu den wirtschaftlichen Verhältnissen. Wie weit die Überwachung geht, ist unterschiedlich. In der Theorie kann eine titulierte Forderung aus dem gerichtlichen Mahnverfahren über einen Zeitraum von bis zu 30 Jahren betrieben werden. Diese Frist ist zumindest in § 197 BGB vorgesehen.

Was bedeutet ein Inkassoverfahren für den Verbraucher?

Post eines Inkassobüros zu bekommen ist unangenehm. Die Briefe einfach zur Seite zu legen, wird allerdings schnell noch unangenehmer. Grundsätzlich bringen Zahlungsstörungen zwei Aspekte mit sich: Noch mehr Briefe/Mahnungen führen zu einem wachsenden Schuldenberg, welche sich auch negativ auf die Gesundheit auswirken können . Die Gründe hierfür sind sehr einfach zu finden:

Verzugszinsen Mahngebühren (für das Inkassounternehmen) Gebühren im gerichtlichen Mahnverfahren.

Eine anfänglich kleine Forderung von 200 Euro bis 300 Euro kann sich auf diese Weise aufblähen. Am Ende geht es um die doppelte bis dreifache Summe. Aufgrund dieser Entwicklung ist die Vogel-Strauß-Taktik (abwarten und nichts tun) falsch.

Die Kosten werden am Ende immer höher. Und wer die Hände in den Schoß legt, verpasst am Ende wichtige Fristen, innerhalb derer er hätte sehr viel Ärger aus der Welt schaffen können.

Was können Verbraucher tun?

Briefe der Inkassobüros bauen nicht selten eine Drohkulisse auf. Hier sollte sich niemand verunsichern lassen. Was kann passieren?

1. Forderung ist ungerechtfertigt

Für den Fall, dass die Forderung haltlos ist, kann dem entspannt entgegengesehen werden. Hier wird mit einem Einschreiben reagiert, welches den Sachverhalt darlegt bzw. die Haltlosigkeit erklärt. Bleibt das Inkassobüro hartnäckig und sollte tatsächlich einen Titel erwirken zu wollen, kann der Widerspruch dem Ganzen den Wind aus den Segeln nehmen. Hintergrund: Die Unternehmen scheuen Auseinandersetzung in strittigen Fällen mitunter. Kontakt zu einem Anwalt ist allerdings anzuraten.

2. Forderung ist berechtigt

Ist die Mahnung berechtigt, hilft nur die Zahlung weiter. Sofern das Einkommen den Betrag auf einmal nicht hergibt, kann eine Ratenzahlung angeboten werden. Seriöse Inkassobüros werden damit einverstanden sein. Sofern an Drohgebärden festgehalten wird, kann der Gang zur zuständigen Verbraucherzentrale weiterhelfen. Diese sind behilflich, wenn es um die Vereinbarung von Ratenzahlungen geht. Parallel sollte bei einer geeigneten Stelle die Prüfung der Forderungsaufstellung versucht werden. Leider sind die Kosten aus dem Mahnverfahren mitunter sehr hoch angesetzt.

Grundsätzlich ist – sobald ein Schreiben von Inkassobüros im Briefkasten auftaucht – erst einmal Ruhe zu bewahren. Der Grund: Solange ein Inkassounternehmen keinen Titel aus dem gerichtlichen Mahnverfahren in der Hand hält, kann es wenig unternehmen. Ohne diese Hürde sind weder Pfändungen gegen das bewegliche Vermögen noch Grundbesitz möglich.

Und auch angedrohte Haftstrafen bleiben ohne Vollstreckungsbescheid nichts weiter als Drohgebärden. Eines darf in jedem Fall nicht passieren: Dass der Brief zu anderen Schreiben und Mahnungen in eine Schublade wandert – und nicht mehr darüber nachgedacht wird.

Fazit: Briefe vom Inkassobüro ernst nehmen

Es kommt immer wieder vor, dass nach dem nichtsahnenden Gang an den Briefkasten ein großer Schreck droht. Inkassofirmen haben in Deutschland nicht den besten Ruf. Und verschicken sie Schreiben, geht es in der Regel um Geldforderungen. Wer einen solchen Brief erhält, darf nicht in Panik geraten. Im Gegenteil: Jetzt ist Ruhe gefragt. Es muss unter anderem darum gehen, die gestellte Forderung hinsichtlich ihrer Rechtmäßigkeit zu prüfen – und auf das Schreiben angemessen zu reagieren. Gar nichts zu unternehmen, wäre allerdings falsch. Hierdurch wird alles meistens nur noch schlimmer.

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