Wochenanzeiger München Wir sind Ihr Wochenblatt für München und Umland

Mit vergessenen Schätzen Künstlern helfen

Versteigerung von "Amtsraumschmuck" könnte der Kulturszene durch die Krise helfen

Joseph Mader in seinem Atelier (1976). Gut 100 seiner Bilder kaufte die Stadt München an. (Bild: Mader)

Unbeachtet hängt das „Winterliche Futterhäuschen“ in einer Schule im Münchner Osten. Doch mit dem Bild verbindet sich ein spannendes Stück Münchner Zeitgeschichte und die tragische Biographie eines Malers, dessen künstlerisches Lebenswerk in der Öffentlichkeit weitgehend unbekannt ist. Denn das Gemälde stammt von dem Münchner Maler und Graphiker Joseph Mader (1905-1982).

Stadt erwarb 20.000 "Schmuckwerke"

Ein Forschungsprojekt befasst sich derzeit mit dessen Leben und Werk (wir berichteten). Im Rahmen der Forschungsarbeit wurde nun zu Tage gebracht, dass die Stadt München mehr als 100 Arbeiten von Mader besitzt. Die Ankäufe erfolgten in den Jahren der Nachkriegszeit, als in München unzählige Schulen, Behörden und Krankenhäuer gebaut wurden. Schon seit den 1920er Jahren erwarb die Stadt München hauptsächlich von heimischen Künstlern sogenannten "Amtsraumschmuck", also Kunst, die zum Ausstaffieren behördlicher Räume genutzt wird. Insgesamt über 20.000 Werke wurden so bis in die frühen 2000er Jahre erworben.

Stadtankäufe halfen in schwerer Zeit

Die Ankäufe der Stadt seien seinerzeit als Sozialleistungen für bildende Künstlerinnen und Künstler gedacht gewesen, so der Münchner Kulturreferent Anton Biebl. Und auch für Mader waren die Käufe der Stadt überlebensnotwendig. Denn im Münchner Stadtteil Neuhausen ausgebomt, lebte er nach dem Krieg unter größter wirtschaftlicher Not abgeschieden im oberbayerischen Moosburg. In einem Brief an seinen Bruder aus dem Jahr 1949 schreibt er: "... Im Übrigen ist meine Situation leider sorgenvoll. Es kam tatsächlich kein Kirchenauftrag mehr zustand. … Erfreulicherweise konnte ich unsere Heizmittelversorgung wieder sicherstellen. Das ist viel wert. Wenn man bedenkt, was für Vergnügungen heutzutage ausgegeben wird, man denke an das Oktoberfest! Bruchteile der Summen würden genügen, die Existenz sicherzustellen und die Arbeit gedeihen zu lassen. Nun, mit Gottes Hilfe wollen wir hoffen durch die schweren Zeiten zu kommen."

Große Anerkennung für Joseph Mader

Dabei handelt es sich nach Aussage von Biebl bei dem Amtsraumschmuck in der Regel nicht um Kunstwerke „von hoher Qualität“. Die Forschungen zumindest im Falle Mader vermitteln jedoch ein anderes Bild. Archivunterlagen ergaben nämlich, dass Mader noch in den letzten Tagen der Weimarer Republik als Nachwuchshoffnung in der deutschen Malerei galt. Auch wenn er nach dem Krieg nicht wieder an seine Vorkriegserfolge anknüpfen konnte, so gab es doch manchen Kenner wie den Münchner Architekten und Jugendstilmeister Richard Riemerschmid, der anlässlich von Maders Ausstellung in der Städtischen Galerie im Lenbachhaus im Jahre 1955 an ihn schrieb: "Heut hab ich die Ausstellung endlich zu sehen gekriegt, in der Sie in so starker und - es ist nicht zu viel gesagt - wundervoller Weise Ihr Wollen und Streben und Müssen kühn und ohne Rückhalt vorzeigen."

Für die einen "Belastung", für die anderen Freude

Inzwischen wird der Amtsraumschmuck nur noch rückabgewickelt. Von den Behörden ausgeliehene Werke können an die Stadt zurückgegeben werden und kommen in das Außenlager des Lenbachhauses zur Aufbewahrung. Nach Aussage des Kulturreferates würden zudem Anfragen nach Amtsraumschmuck in der Regel nicht mehr bedient, da der personelle und zeitliche Aufwand der Betreuung nicht gewährleistet werden könne. Aus Sicht der CSU zeigen die Ausführungen des Kulturreferates, dass der Amtsraumschmuck für die Stadt München eine reine Belastung darstelle, Kosten verursache und Depotkapazitäten in Anspruch nehme.

Da die Werke damit faktisch auf Dauer der Öffentlichkeit vorenthalten werden, "liegt es deshalb nahe, sich von diesem Bestand zu trennen und Personen zu suchen, die an diesen Werken Freude haben", so Stadtrat Leo Agerer. "Mit einer Versteigerung von Tranchen für einen guten Zweck lässt sich sicherlich ein erklecklicher Betrag zur Förderung der Kulturszene einnehmen."

In schwerer Zeit wieder helfen

Und mit dem Erlös einer Versteigerung könnte schließlich die durch die Corona-Krise in Bedrängnis geratene Kreativszene unterstützt werden. Mit einer angedachten Versteigerung würde mit den Werken Maders auch der vermutlich größte Bestand eines einzelnen Künstlers innerhalb der städtischen Sammlung der Nichtbeachtung entrissen und dank des Engagements der beiden Stadträte Leo Agerer und Winfried Kaum wieder das Licht der Öffentlichkeit erblicken.


Verwandte Artikel

Startseite Anzeige aufgeben Zeitung online lesen Jobs Kontakt Facebook Anfahrt